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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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eine Mail mit den kompletten Aufzeichnungen und Memoiren von Harm Byrne gesandt. Endlich hatte sie verstanden, was über den Mann gekommen war, der versucht hatte, sie und Emma sowie Elena zu töten.
    Vielleicht will der Dämon der Vieszcy auf diese Weise Rache an mir nehmen, weil ich einen seiner besten Diener ermordet habe?
Sie konnte nur spekulieren – obwohl es müßig war. Sie würde es niemals mit Gewissheit herausfinden.
    »Eric ist gefährlich für dich. Und weil er dich zu sehr mag, hält er sich von dir fern. C’est l’amour.« Sie sah betrübt aus. »Glaub mir, das tut mir und ihm sehr leid. Ihr wärt ein schönes Paar, aber so wird es nichts. Das Sanctum möchte er nicht nehmen. Die Jagd, tu sais? Es ist sein Leben.«
    »Er hatte so etwas angedeutet.« Sia nickte.
    Justine deutete mit dem Daumen auf die Tür. »Oh, vor der Tür wartet Mister Wilson. Er ist ein echter Schnuckel und stockschwul. Männlich, aber leider verloren für die Frauenwelt, und das bedaure ich sehr. Er ist ein Häufchen Elend, weil er den Selbstmordversuch von Elena nicht verhindern konnte. Sei nett zu ihm.« Justine erhob sich und ging zur Tür. »Ich gehe. Meine neue Handynummer habe ich dir auf den Zettel an Elenas Körbchen geschrieben. Du kannst mich jederzeit anrufen.« Sie warf dem schlafenden Mädchen eine Kusshand zu. »Wir sehen uns wieder, ma chère. Tante Justine kommt oft zu Besuch, je promis.« Sie ging hinaus.
    Sia ging zum Waschbecken, drehte das kalte Wasser auf und wusch sich das Gesicht.
Ein schaler Sieg. Zu viele Verluste auf meiner Seite.
Sie hob den Kopf und betrachtete sich im Spiegel. Sie sah aus wie immer, vielleicht mit einer halben Falte mehr, doch nach wie vor eine Frau von irgendwo zwischen dreißig und vierzig.
Emma Karkow.
    Sia stahl sich hinaus und trat in den Korridor, wo Wilson stand. Sie musste Justine recht geben. Er sah gut aus, attraktiv und trainiert, mit ansprechendem Gesicht, das allerdings traurig aussah. Die Vorwürfe nagten an ihm.
Wie gut ich das kenne.
»Hallo«, grüßte sie freundlich.
    Er zuckte zusammen und fuhr herum, geschmeidig und kriegerhaft. »Hallo, Misses Karkow«, sagte er betont. Justine hatte ihn eingeweiht. »Ich muss mich zuallererst bei Ihnen …«
    Sia ging auf ihn zu und umarmte ihn. »Sie haben mir das Wertvollste gerettet, was mir in meinem Leben geblieben ist«, sagte sie mit bebender Stimme. »Ich stehe für immer in Ihrer Schuld.«
    »Aber …« Wilson war überrumpelt.
    Sie ließ ihn los. »Ich kann Ihnen keine Vorwürfe wegen Elenas Selbstmordversuch machen. Sie haben das Schlimmste verhindert!« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Danke.« Sie sah durch die spaltbreit geöffnete Tür. Das Mädchen schlief nach wie vor. »Können Sie mir genau erklären, wie es kam, dass Sie zu ihrem Retter geworden sind?«
    Wilson nickte. »Aber es kann etwas länger dauern.«
    »Solange die Kleine schläft, haben wir Zeit.« Sie zog ihn mit ins Zimmer und setzte ihn auf den Stuhl. Sia setzte sich auf die Fensterbank. »Ich höre zu.«
    »Das Testament. Damit fing es an.« Wilsons Ausführungen begannen, über Tanguy, über Sandrine und über weitere Persönlichkeiten in der Gegenwart und in der Vergangenheit; über sein Dasein als Diener zweier Dämonen, für das er nichts konnte; dabei vergingen rasch zwei Stunden. Das Essen wurde geliefert, aber Elena schlief tief und fest. Die Krankenschwester kam und prüfte die Werte. Alles war in bester Ordnung.
    »Harm Byrne«, sagte Sia, als die Pflegerin gegangen war. »Ein totaler Schizo.«
Und dazu noch unschuldig an seinem Leid. Die Dämonen haben ihn dazu gemacht.
    »Für mich nicht. Ich kannte ihn ausschließlich als Harm Byrne, der viele Facetten hatte, von ultrabrutal bis hin zum Wohltäter. Woher das Geld kam, das interessierte niemanden.« Wilson legte die gepflegten Hände zusammen. »Das Testament beauftragt mich damit, alles zu tun, damit es Ihnen und Elena gutgeht. Und damit meine ich wirklich
alles.
Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, was ein Schwerkrimineller damit meint.« Wilson räusperte sich. »So. Nun kennen Sie meine Geschichte, Frau Karkow. Wie wollen wir verbleiben? Es wäre mir ein echtes Anliegen, Ihnen beizustehen. Elena ist mir sehr ans Herz gewachsen. Es wird Ihnen an nichts Wirtschaftlichem mangeln.«
    »Sie wären bestimmt ein guter Pate.« Sia zögerte. Verbrechergeld, erwirtschaftet aus Prostitution, Drogen und sonstigen Untaten. Doch derzeit war sie für jede Hilfe dankbar. »Ich

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