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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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allerdings auch –, daß er Tante Cornelia ins Gesicht schlagen
würde für die gemeinen Dinge, die sie sagte. Statt dessen erwiderte er mit
beißendem Hohn: »Du bist eine widerwärtige, boshafte alte Jungfer geworden, Cornelia
– du hältst alle Männer für Tiere, die es nach jeder Frau gelüstet, die sie
sehen, aber in Wahrheit bist du bloß wütend, weil kein Mann dich je begehrt hat!
Und außerdem«, schloß er, und sein irischer Akzent wurde deutlicher, als er für
einen Augenblick seine Ruhe und Beherrschung verlor, »mag Sherry vielleicht
schon vierzehn sein, aber sie ist genauso unschuldig und flachbrüstig wie du.
In der Tat, meine liebe Nelly«, beendete er triumphierend seine Rede, »sieht es
eher so aus, als ob Sherry dir einmal ähnlich wird. Und da es nicht genug
Schnaps auf Gottes Erdboden gibt, um einem Mann noch Lust auf dich zu machen,
denke ich, wird ihr schon nichts passieren.«
    Auf ihrem Lauschposten am
Schlüsselloch merkte Sheridan nur, daß ihr Vater gerade »die widerwärtige,
boshafte alte Jungfer« ordentlich beleidigt hatte, und sie preßte die Hand auf
den Mund, um einen Freudenschrei zu unterdrücken. Leider reagierte Tante
Cornelia auf die Beleidigungen ihres Schwagers nicht so fassungslos, wie
Sherry es gerne gewollt hätte. Sie reckte ihr Kinn, sah ihm direkt in die Augen
und erwiderte mit eisiger Verachtung: »Ich meine mich an eine Zeit erinnern zu
können, in der du keinen Schnaps gebraucht hättest, nicht wahr, Patrick?«
    Sherry hatte nicht die leiseste
Ahnung, was Tante Cornelia damit meinte. Eine Sekunde lang wirkte auch ihr
Vater verwirrt, dann jedoch wurde er wütend und auf einmal ... seltsam ruhig.
»Gut pariert, Cornelia«, sagte er milde. »Genau, wie es Squire Faradays
hochmütiger ältester Tochter gebührt. Ich hatte fast vergessen, daß du so sein
kannst, aber du wohl nicht, was?« Die letzten Spuren seines Zorns verrauchten,
als er sich in dem tristen kleinen Zimmer umsah, und er schüttelte wehmütig
lächelnd den Kopf. »Ganz gleich, ob du in einem Haus wohnst, das kaum größer
ist als ein Besenschrank in der Faradayschen Villa, oder ob du dir deinen
Lebensunterhalt damit verdienen mußt, den Kindern anderer Leute gutes Benehmen
beizubringen, du bist und bleibst Squire Faradays Tochter, stolz und hochmütig
wie eh und je.«
    »Dann hast du sicher auch nicht
vergessen«, fuhr Tante Cornelia in ruhigem, aber gleichzeitig scharfem Ton
fort, »daß Sheridans Mutter meine einzige Schwester war. Und ich sage dir
eines, Patrick: Wenn sie sehen könnte, daß du aus Sheridan eine Zielscheibe des
Spotts gemacht hast, dann wäre sie entsetzt. Nein, mehr noch«, schloß Tante
Cornelia entschieden, »sie würde sich ihrer schämen.«
    Auf der anderen Seite der Tür
erstarrte Sheridan vor Bestürzung. Sich ihrer schämen? Ihre Mama würde
sich ihrer ganz bestimmt nicht schämen, sie hatte sie doch geliebt. Gedanken
an ihre Mutter wirbelten ihr durch den Kopf ... ihre Mama, wie sie in einer
sauberen, gestärkten Schürze, das Haar im Nacken zu einem Knoten geschlungen,
das Abendessen auf den Tisch stellte ... ihre Mama, wie sie mit langen
Strichen Sheridans Haare bürstete, bis sie knisterten ... ihre Mama, wie sie
sich näher zur Lampe hin beugte, während sie Sheridan ein ganz besonderes Kleid
nähte aus Spitzen- und Baumwollresten, die ihnen jemand geschenkt hatte.
    Noch ganz in Gedanken an die
gestärkte Schürze und die glänzenden Haare ihrer Mutter versunken, breitete
Sheridan ihre Arme aus und blickte an sich hinunter. Sie trug ausgetretene und
staubige Männerstiefel, weil sie etwas gegen Schnürsenkel hatte. Ihre lederne
Hose war fleckig und zudem am Hinterteil schon beinahe durchgescheuert, und
der geflochtene Gürtel um ihre Taille, den Schlafender Hund gemacht hatte,
diente gleichzeitig dazu, ihre Hose wie auch ihre Jacke zusammenzuhalten. Sich
ihrer schämen ...
    Unwillkürlich trat sie näher an den
kleinen Spiegel heran, der auf dem Waschtisch ihrer Tante stand, um sich ihr Gesicht
und ihre Haare anzusehen. Das Bild im Spiegel ließ sie entsetzt zurückfahren;
dann hielt sie inne, blinzelte und schüttelte den Kopf, um das Bild zu
vertreiben. Einen Augenblick lang stand sie stocksteif da und wußte überhaupt
nicht, wie sie ihr Bild schnell verbessern sollte. Schließlich jedoch
versuchte sie, mit den Fingern, die lockige Masse ihrer »flittchenhaften«
langen roten Haare durchzukämmen. Da ihr das nicht gelang, versuchte sie, die
Haare zu bändigen, indem

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