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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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sie ihre Handflächen fest an den Kopf preßte. Dann trat
sie zögernd wieder an den Spiegel. Ganz vorsichtig nahm sie ihre Hände weg.
Sofort sprangen ihre Haare wieder in die ursprüngliche Form zurück. Sie sah
überhaupt nicht aus wie ihre Mutter. Eigentlich sah sie überhaupt keinem
weiblichen Wesen ähnlich – eine Tatsache, deren sie sich durchaus immer bewußt
gewesen war, die sie aber bis jetzt nicht gestört hatte.
    Tante Cornelia hatte gesagt, sie
sähe aus wie eine ... Witzfigur, und wenn Sheridan genauer darüber nachdachte,
hatten die Leute in der letzten Zeit tatsächlich komisch auf sie reagiert, vor
allem Männer. Sie hatten sie immer auf eine ganz besondere Art und Weise
angestarrt. Begehrlich? Ihrem Vater war das offenbar nicht aufgefallen, aber im
letzten Jahr war Sheridans Brust peinlich angeschwollen, und manchmal konnte
man das sehen, auch wenn sie ihre Jacke noch so sorgfältig geschlossen hielt.
    Tante Cornelia hatte gesagt, sie
sähe wie ein Flittchen aus. Wie ein Flittchen? Sheridan krauste die Stirn und
versuchte, sich zu erinnern, wann und in welchem Zusammenhang sie dieses Wort
schon einmal gehört hatte. »Flittchen« hing irgendwie mit Hure zusammen, mit
Wollust ... ein wollüstiges Flittchen.
    Das sollte Sheridan sein?
    Gegen alle Gewohnheit stiegen ihr
Tränen in die Augen, als ihr das klar wurde. Tante Cornelia hatte
wahrscheinlich damit und mit allem anderen recht – und das schlimmste war, daß
Sheridans Mama sich ihrer jetzt schämen würde.
    Schämen!
    Fassungslosigkeit überkam Sheridan,
so daß sie nur unbeweglich dastand. Minuten später hörte sie, wie ihre Tante
verlangte, Sheridan solle bei ihr bleiben, damit sie ein ordentliches Zuhause
und eine anständige Erziehung bekäme. Sheridans Vater protestierte nur
schwach. Als ihr das klar wurde, rannte sie los, stolperte in ihrer Eile über
den dämlichen Hocker ihrer Tante und riß die Tür auf. »Nein, Papa, bitte
nicht. Laß mich nicht hier! Bitte!«
    Er sah gequält und erschöpft aus,
und Sheridan nutzte seine Unentschlossenheit, um sich ihm in die Arme zu werfen.
»Bitte, ich werde Damenschuhe tragen und mein flittchenhaftes Haar feststecken
und alles andere, aber laß mich nicht hier.«
    »Hör auf, mein Liebling«, war alles,
was er darauf sagte, und sie spürte, daß sie den Kampf bereits verloren hatte.
    »Ich möchte mit dir und Rafe und
Schlafender Hund zusammensein. Ich gehöre zu euch, ganz gleich, was sie sagt.«
    Dasselbe wiederholte Sheridan auch
am nächsten Morgen, aIs er fortging. »Ich bin wieder zurück, noch bevor du
merkst, daß ich überhaupt weg war«, erwiderte er fest. »Rafe hat ein paar gute
Ideen. Wir werden einen Haufen Geld machen, und in einem Jahr sind wir alle
wieder da – zumindest zwei von uns. Dann bist du schon erwachsen. Wir werden
nach Sherwyn's Glen fahren, und ich baue uns ein großes Haus, so, wie ich es
dir versprochen habe, mein Herz. Du wirst schon sehen.«
    »Ich will kein großes Haus«, weinte
Sheridan. Sie blickte zu Rafe, der gutaussehend und mit grimmiger Miene auf der
Straße stand, und dann zu Schlafender Hund, dessen Gesichtsausdruck nichts
verriet. »Ich will nur dich und Rafe und Schlafender Hund.«
    »Ich bin wieder da, noch bevor du
überhaupt gemerkt hast, daß ich fort gewesen bin«, versprach er ihr noch
einmal, ohne auf ihr Schluchzen zu achten, und schenkte ihr sein warmes
irisches Lächeln, das Frauen immer so anziehend fanden. In einem verunglückten
Versuch, sie zu necken, fügte er hinzu: »Denk doch mal, wie sich Rafe wundern
wird, wenn wir zurückkommen, und du bist eine reizende junge Dame, die Röcke
trägt und ... und all die Dinge tut, die deine Tante dir beibringen wird.«
    Bevor sie protestieren konnte, löste
er sich aus ihrer Umarmung, setzte seinen Hut auf und trat einen Schritt
zurück. »Ich schicke dir an Geld, was ich entbehren kann«, sagte er zu
Cornelia.
    Cornelia nickte leicht, als nähme
sie Almosen von einem Bauern an. Sie erwiderte nichts, aber ihr Verhalten
schien ihn nicht im mindesten zu stören.
    »Wer weiß«, bemerkte er mit
spitzbübischem Grinsen, »vielleicht nehmen wir dich sogar mit zurück nach
England. Das würde dir gefallen, nicht wahr, Nelly – direkt vor Squire Faradays
Nase zu wohnen und Hof zu halten in einem Haus, das größer ist als seins? Ich
kann mich dunkel erinnern, daß der Salon immer voll von deinen hübschen
Verehrern war.« Spöttisch lächelnd fügte er hinzu: »Allerdings war keiner von
ihnen gut

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