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Jugend ohne Gott (German Edition)

Jugend ohne Gott (German Edition)

Titel: Jugend ohne Gott (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ödön von Horvath
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mir.
    Jawohl, ich bin es.
    »Wir wollen nur eine Auskunft. Ziehen Sie sich gleich an, Sie müssen mit!«
    »Wohin?«
    »Später!«
    Ich ziehe mich überstürzt an – was ist geschehen?!
    Dann sitz ich im Auto. Die Kommissare schweigen noch immer.
    Wohin fahren wir?
    Die schönen Häuser hören allmählich auf und dann kommen die häßlichen. Es geht durch die armen Straßen, und wir erreichen das vornehme Villenviertel.
    Ich bekomme Angst.
    »Meine Herren«, sage ich, »was ist denn geschehen in Gottes Namen?!«
    »Später!«
    Hier ist die Endstation, wir fahren weiter.
    Ja, jetzt weiß ich, wohin die Reise geht –
    Das hohe Tor ist offen, wir fahren hindurch, es meldet uns niemand an.
    In der Halle sind viele Menschen.
    Ich erkenne den alten Pförtner und auch den Diener, der mich in den rosa Salon geführt hatte.
    An einem Tische sitzt ein hoher polizeilicher Funktionär. Und ein Protokollführer.
    Alle blicken mich forschend und feindselig an.
    Was hab ich denn verbrochen?
    »Treten Sie näher«, empfängt mich der Funktionär.
    Ich trete näher.
    Was will man von mir?
    »Wir müssen einige Fragen an Sie richten. Sie wollten doch gestern nachmittag die gnädige Frau sprechen –« er deutet nach rechts.
    Ich blicke hin.
    Dort sitzt eine Dame. In einem großen Abendkleid. Elegant und gepflegt – ach, die Mutter des T!
    Sie starrt mich haßerfüllt an.
    Warum?
    »So antworten Sie doch!« höre ich den Funktionär.
    »Ja«, sage ich, »ich wollte die gnädige Frau sprechen, aber sie hatte keine Zeit für mich.«
    »Und was wollten Sie ihr erzählen?«
    Ich stocke – aber es hat keinen Sinn!
    Nein, ich will nicht mehr lügen!
    Ich sah ja das Netz –
    »Ich wollte der gnädigen Frau nur sagen«, beginne ich langsam, »daß ich einen bestimmten Verdacht auf ihren Sohn habe –«
    Ich komme nicht weiter, die Mutter schnellt empor.
    »Lüge!« kreischt sie. »Alles Lüge! Nur er hat die Schuld, nur er! Er hat meinen Sohn in den Tod getrieben! Er, nur er!«
    In den Tod?!
    »Was ist denn los?!« schreie ich.
    »Ruhe!« herrscht mich der Funktionär an.
    Und nun erfahre ich, daß der Fisch ins Netz geschwommen ist. Er wurde bereits ans Land gezogen und zappelt nicht mehr. Es ist aus.
    Als die Mutter vor einer Stunde heimkam, fand sie einen Zettel auf ihrem Toilettentisch. »Der Lehrer trieb mich in den Tod«, stand auf dem Zettel.
    Die Mutter lief in das Zimmer des T hinauf – der T war verschwunden. Sie alarmierte das Haus. Man durchstöberte alles und fand nichts. Man durchsuchte den Park, rief »T!« und immer wieder »T!« – keine Antwort.
    Endlich wurde er entdeckt. In der Nähe eines Grabens.
    Dort hatte er sich erhängt.
    Die Mutter sieht mich an.
    Sie weint nicht.
    Sie kann nicht weinen, geht es mir durch den Sinn.
    Der Funktionär zeigt mir den Zettel.
    Ein abgerissenes Stück Papier.
    Vielleicht schrieb er noch mehr, fällt es mir plötzlich ein.
    Ich schau die Mutter an.
    »Ist das alles?« frage ich den Funktionär.
    Die Mutter schaut weg.
    »Ja, das ist alles«, sagt der Funktionär. »Erklären Sie sich!«
    Die Mutter ist eine schöne Frau. Ihr Ausschnitt ist hinten tiefer als vorn. Sie hat es sicher nie erfahren, was es heißt, nichts zum Fressen zu haben –
    Ihre Schuhe sind elegant, ihre Strümpfe sind so zart, als hätte sie keine an, aber ihre Beine sind dick. Ihr Taschentuch ist klein. Nach was riecht es? Sicher hat sie ein teures Parfüm –
    Aber es kommt nicht darauf an, mit was sich einer parfümiert.
    Wenn der Vater keinen Konzern hätte, würde die Mutter nur nach sich selbst duften.
    Jetzt sieht sie mich an, fast höhnisch.
    Zwei helle runde Augen –
    Wie sagte doch seinerzeit der T in der Konditorei?
    »Aber Herr Lehrer, ich hab doch keine Fischaugen, ich hab ja Rehaugen – meine Mutter sagts auch immer.«
    Sagte er nicht, sie hätte die gleichen Augen?
    Ich weiß es nicht mehr.
    Ich fixiere die Mutter.
    Warte nur, du Reh!
    Bald wird es schneien, und du wirst dich den Menschen nähern.
    Aber dann werde ich dich zurücktreiben!
    Zurück in den Wald, wo der Schnee meterhoch liegt.
    Wo du stecken bleibst vor lauter Frost –
    Wo du verhungerst im Eis.
    Schau mich nur an, jetzt rede ich!

Und ich rede von dem fremden Jungen, der den N erschlagen hat, und erzähle, daß der T zuschauen wollte, wie ein Mensch kommt und geht. Geburt und Tod und alles, was dazwischen liegt, wollt er genau wissen. Er wollte alle Geheimnisse ergründen, aber nur, um darüberstehen zu können – darüber mit

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