Der Frauenjäger
Prolog
Es war die Schuld seiner Mutter, einzig und allein ihre Schuld, daran gab es nichts zu rütteln. Sie hatte ihm schon früh diesen Abscheu eingeimpft, aus dem später Verachtung und irgendwann Hass geworden waren. Abgrundtiefer Hass auf alle Weiber, die so waren wie sie.
Wenn er aus der Schule kam, so mit elf, zwölf Jahren, hatte sie ihm oft im Morgenmantel die Haustür geöffnet. Manchmal trug sie gar nichts darunter, manchmal Unterwäsche, die diesen Ausdruck nicht verdiente. Das Make-up in ihrem Gesicht war zerlaufen, der Lippenstift verschmiert. Und sie, ihr Bett, das ganze Schlafzimmer stank nach Kerl, war erfüllt von den Ausdünstungen zweier Körper, die das miteinander getrieben hatten, was sie als «guten Sex» bezeichnete.
Mit seinem Vater hatte sie nie guten Sex gehabt, nur ehelichen Beischlaf. «Den Unterschied wirst du hoffentlich feststellen, wenn du älter bist, Schätzchen», sagte sie einmal zu ihm. Da war er dreizehn oder vierzehn und hasste es, wenn sie ihn Schätzchen nannte. Ihn schüttelte der Ekel, wenn sie ihm das Gesicht mit dem schweißfleckigen Make-up hinhielt, die verschmierten Lippen spitzte und fragte: «Was denn, kriege ich heute keinen Kuss?»
Sie küsste ihn grundsätzlich auf den Mund. Und mit dreizehn, vierzehn wusste er längst, dass sie kurz vorher den Schwanz von irgendeinem Kerl gelutscht hatte.
Im Laufe der Zeit hatte sie viele Kerle. Zu Gesicht bekam er nur selten einen. Meist kamen sie vormittags, wenn er in einem Klassenraum saß und «nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernte». Was für ein Quatsch! Nichts von dem, was er fürs Leben brauchte, hatte er in der Schule gelernt.
Sein Vater schuftete währenddessen bei fünfzig oder noch mehr Grad in einer Aluminiumgießerei, um der Schlampe ein angenehmes Leben zu bieten und ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Sie musste nur eine Andeutung machen, dann überschlug sich der Alte, um sie zufriedenzustellen.
Sein Vater war fünfzehn Jahre älter als sie, ein großer, bulliger Mann, vor dem viele einen Heidenrespekt hatten. Hätte man ihm eine Lederjacke mit entsprechenden Schriftzügen angezogen und ihn auf ein Motorrad gesetzt, die halbe Welt hätte Reißaus vor dem vermeintlichen Höllenengel genommen. Er sah aus, als könne er mit Leichtigkeit ein Gesicht zu Brei schlagen. Aber er hatte das Gemüt eines Schafs, ließ sich von der Schlampe ausnutzen und auf der Nase herumtanzen, statt sie einmal in die Schranken zu weisen.
Sein Vater tat immer so, als wüsste er nicht, dass sie fremde Kerle ins Ehebett ließ, während er sich an der Aluminiumpresse die Seele und seinen Stolz aus dem Leib schwitzte. Aber vermutlich wusste er es ganz genau, litt wie ein getretener Hund und fraß den Schmerz in sich hinein, bis der ihn umbrachte.
Herzinfarkt mit achtundfünfzig, auf der Fahrt zur Arbeit, Kontrolle übers Auto verloren und so weiter. Als die Rettungskräfte an der Unfallstelle eintrafen, war sein Vater bereits tot. Allerdings war er nicht an dem Infarkt gestorben, sondern an einem Genickbruch. Für dieSchlampe zahlte sich das in barer Münze aus, weil der Tod damit als Unfallfolge durchging.
Er war neunzehn, seine Mutter dreiundvierzig. Sie bezog fortan Witwen- und Unfallrente, und nicht zu knapp. Finanzielle Sorgen kannte sie auch nach dem «tragischen Verlust ihres geliebten Gatten» keine. Sie erdreistete sich tatsächlich, es so in eine Anzeige setzen zu lassen. Nur die Kerle wurden weniger, weil sie nicht jünger wurde und ihre Ansprüche nicht herunterschraubte. Was altersmäßig zu ihr passte, war ihr nicht scharf genug.
Sie wurde unleidlich, begann ihn herumzukommandieren und zu schikanieren. Sie erwartete allen Ernstes, dass nun er sprang, wenn sie pfiff, wie der Alte es zuvor getan hatte. Bis er sie eines Besseren belehrte. Und nicht nur sie. Es gab ja noch mehr, die sich auf Kosten eines Mannes einen schönen Lenz machten und fremdgingen auf Deibel komm raus.
Diese Weiber aus der Welt zu schaffen, das war seine Bestimmung. Für ihn waren sie nicht einmal wert, bei ihren Namen genannt zu werden. Ihnen eine Nummer zu geben reichte in seinen Augen und für sein Archiv vollkommen aus.
Nummer eins gabelte er spätabends an einer Bushaltestelle auf. Obwohl das mittlerweile einige Jährchen zurücklag, erinnerte er sich noch genau an jede Einzelheit, was daran liegen mochte, dass er an dem Abend ziemlich nervös gewesen war.
Losgefahren war er mit dem Vorsatz, eine Schlampe aufzulesen, und zwar so,
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