Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
und Rebecca stellte ihr leeres Glas darauf ab, um sich gleich ein neues zu nehmen. Anna sah, wie Joshs Miene sich verdüsterte. Es ist ihm peinlich, dachte sie, er will nicht, dass seine Frau noch mehr trinkt.
Oder was steckte noch dahinter? So unbehaglich, wie er wirkte, schien er sie nicht einmal hier haben zu wollen.
Unauffällig warf sie ihr einen Blick zu. Rebecca O’Hara gehörte zu den Frauen, denen man ansah, dass sie viel Geld und noch mehr Zeit hatten, sich zu pflegen. Ihr Make-up war makellos, das schulterlange blonde Haar perfekt frisiert, mit schimmernden Glanzlichtern, wie sie nur ein erstklassiger Coiffeur zu zaubern versteht. Ihre Fingernägel glänzten in French Manicure, und ihre schlanke, wohlproportionierte Figur verriet, dass sie regelmäßig ein Fitnessstudio aufsuchte.
Auch Rebecca hatte den missbilligenden Blick ihres Mannes aufgeschnappt. „Was ist?“, zischte sie. „Findest du, dass ich genug habe?“
Anna war es unangenehm, Zeugin dieser unerfreulichen Szene zu werden. Es war eindeutig, dass das Ehepaar solche Meinungsverschiedenheiten nicht zum ersten Mal austrug. Verlegen schaute sie weg und sah, wie Lucy Charlotte mit einem Arm umarmte, um das schlafende Baby im Tragetuch nicht zu stören. Ben und Luke gratulierten James, und alle zusammen schienen sie nicht zu merken, was sich neben Anna abspielte.
„Vielleicht habe ich wirklich genug“, verkündete Rebecca bitter. „In jeder Hinsicht.“
„Ich rufe dir ein Taxi“, antwortete Josh. „Ich muss heute Abend sowieso noch arbeiten.“
„Sicher doch.“ Ihr Lachen klang gekünstelt. „Wie immer.“
„Komm, gehen wir.“
„Wenn ich ausgetrunken habe. Schließlich habe ich allen Grund dazu, oder?“
„Wir sollten wirklich gehen.“ Er sprach leise und eindringlich, aber Anna konnte nicht verhindern, dass sie jedes Wort verstand. „Hier ist nicht der richtige Ort, um …“
„Den gibt es doch nie, Josh!“, unterbrach sie ihn heftig und hob ihr Glas an den Mund.
Ihre Lippen zitterten so sehr, dass sie kaum trinken konnte, und ihre Augen schimmerten verdächtig. Anna überlegte noch, ob sie etwas sagen sollte, obwohl die ganze Sache sie ja nichts anging, da riss Rebecca sich zusammen und blinzelte die Tränen weg.
Doch dann fiel ihr Blick auf Lucy, die mit ihrem winzigen Baby vor Charlotte stand. Und Charlotte zog stolz ihr Oberteil straff, anscheinend um ihrer Cousine das beginnende Schwangerschaftsbäuchlein zu zeigen. Rebecca wurde blass, mit verzerrter Miene drückte sie Josh ihr Glas in die Hand, und dann strömten ihr die Tränen über die geschminkten Wangen. Sie wandte sich ab und eilte wie gehetzt davon.
Die anderen sahen ihr überrascht nach.
Josh stöhnte auf. „Tut mir leid, ich muss … Könnten Sie …?“
„Geben Sie es mir.“ Anna nahm ihm das Sektglas ab, während er sich schon den Weg durch die Menge bahnte, seiner Frau hinterher.
„Was war das denn?“, fragte Lucy besorgt.
„Was ist passiert?“ Charlotte machte ein erstauntes Gesicht.
„Josh und seine Frau haben sich gestritten.“
Oh nein. Kam jetzt das, was Anna bisher gemieden hatte wie die Pest: über Kollegen reden, Klatsch und Tratsch auf Betriebsfeiern? Wäre ich bloß nicht hergekommen, dachte sie.
„Nicht jeder ist Weihnachten glücklich“, sagte Luke.
„Stimmt.“ Ben griff das Thema auf. „Um diese Zeit haben wir es in der Notaufnahme verstärkt mit Selbstverletzungen und Suizidversuchen zu tun.“
„Der ganze Rummel macht es auch nicht besser.“ Anna war nur allzu gern bereit, das Gespräch von den Kollegen und eventuellen Eheproblemen abzulenken. Sie warf Luke einen dankbaren Blick zu und deutete mit einer ausholenden Handbewegung auf die Party und die bunten Dekorationen. „Damit werden riesige Erwartungen geweckt, dass es der glücklichste Tag des Jahres sein soll. Viel Spaß, viel Zeit mit der Familie und von allem das Beste. Kein Wunder, dass denen, die das nicht haben, umso deutlicher wird, was ihnen fehlt.“
Einen Moment lang herrschte Stille, und Anna hätte sich treten können. Hatte sie die Stimmung endgültig kaputtgemacht?
„Ich habe Hunger“, meinte sie entschuldigend. „Achtet nicht auf mich. Am besten hole ich mir etwas zu essen.“
„Und ich bringe unsere drei Zwerge nach Hause“, verkündete Lucy. „Wir haben in den nächsten Tagen noch ein paar Feiern vor uns.“
„Und ich …“ Luke suchte anscheinend nach einer wirksamen Ausrede, um sich ebenfalls verabschieden zu können.
Was
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