Julia Ärzte zum Verlieben Band 42
Fähigkeit, sich auf eine Sache zu konzentrieren, egal, was um ihn herum vorging, gehörte auch dazu. Es interessierte ihn nicht im Geringsten, was andere, Anna Bartlett eingeschlossen, über ihn dachten. Entscheidend war einzig und allein ein gutes Ergebnis für den Patienten. Luke konzentrierte sich auf sein Skalpell, genau auf die feine Spitze, den einzigen Teil der Klinge, den er benutzte.
Das Blut kam wie aus dem Nichts. Bisher hatte es kleinere Blutungen gegeben, die Anna sofort wieder gestoppt hatte, aber jetzt ergoss sich ein Schwall der roten Flüssigkeit über das Skalpell, strömte über Lukes Fingerspitzen und bildete eine Lache. Der Herzmuskel pumpte weiter, wurde kurz sichtbar, dann verschwand er wieder unter dem Blutstrom, der Luke die Sicht nahm.
Rot.
So rot.
Und warm. Er spürte die Wärme auf der Haut. Unaufhörlich strömte das klebrige Blut, war überall.
Leben, das im Sand versickerte.
Er hörte Schreie, Schüsse, und plötzlich roch es verbrannt.
Er musste etwas tun.
Aber er konnte sich nicht bewegen.
Anna sah, wie die Skalpellspitze die kleine Arterie anritzte. Mit dem Elektrokauter würde sie hier nichts ausrichten können. Abklemmen und abbinden sollte aber nur einen Moment dauern. Sie griff zu einer Klemme, bereit, sie Luke zu reichen, und warf einen Blick auf das Nahtmaterial, das er brauchen würde.
Doch er verlangte keine Klemme. Die Hand, die das Skalpell hielt, bewegte sich nicht … wie zu Stein erstarrt.
Und dann blickte er auf, und Annas Herz setzte einen Schlag aus. Luke sah sie zwar an, aber er nahm sie nicht wahr, so als hätte er etwas völlig anderes vor Augen, das nichts mit diesem Raum zu tun hatte und auch nicht mit dem Patienten, dessen Herz er operierte.
Luke Davenport sah etwas … Schreckliches?
Anna handelte sofort. Sie klemmte das Gefäß ab und stillte die Blutung. Für die anderen musste es so aussehen, als hätte Luke sie nur mit einem Blick stumm aufgefordert, das lästige Leck zu schließen. Da er bisher ziemlich wortkarg gewesen war, würde sich niemand darüber wundern.
Doch Anna hatte das Entsetzen in seinen Augen gelesen und buchstäblich gespürt, dass er unfähig war, sich zu rühren. Einen so verstörenden Moment wie diesen hatte sie im OP noch nicht erlebt.
Die Arterie war schnell geflickt, und eine Schwester saugte das Blut aus dem Operationsfeld. Anna hörte, wie Luke einatmete, und blickte auf. Er blinzelte, und es war, als würde ein Schalter umgelegt. Die Operation ging weiter, als wäre nichts geschehen.
Trotzdem hatte sich etwas verändert. Vielleicht war ihm bewusst, dass Anna die Situation gerettet hatte. Oder es stellte sich allmählich die Verbindung her, die ein gutes Team zusammenschweißt.
„Wenn ich das Herz ankippe“, sagte Luke kurz darauf, „dann sind Sie in einer besseren Position, den Teil an der Unterseite abzulösen. Sie haben meine Technik gesehen, kommen Sie damit zurecht?“
„Ja.“
Dass ihr Puls in die Höhe ging, hatte nichts mit Furcht zu tun. Sie liebte Herausforderungen, und jetzt bekam sie die Chance, etwas Neues auszuprobieren, etwas zu lernen, das niemand ihr so gut beibringen konnte wie er. Plötzlich verschwand ein wenig von dem Groll gegen den Mann, der sich seinen Job wiedergeholt hatte – eine Position, die Anna zu gern behalten hätte.
Trotz der Aufregung war ihre Hand ruhig, als sie das Skalpell übernahm. Noch viel schöner waren allerdings seine ermunternden Worte.
„Ausgezeichnet“, lobte er. „Machen Sie weiter so. Je mehr wir entfernen können, umso besser für unseren Patienten.“
Es sah gut aus für Colin Herbert, als sie die Operation schließlich beendeten. Luke trat vom Tisch zurück, streifte sich die Handschuhe ab und bedankte sich beim Team. Während er sich abwandte, um den Raum zu verlassen, zog er an seinem Mundschutz, die Bänder rissen, und zum ersten Mal bekam Anna mehr von seinem Gesicht zu sehen als seine durchdringend blauen Augen.
Es war ein ernstes Gesicht, mit kantigen Zügen und tiefen Furchen von der Nase bis zu den Mundwinkeln. Luke Davenport war kein klassisch schöner Mann, aber es fiel schwer, den Blick von ihm abzuwenden. Die harte, raue Männlichkeit, die er ausstrahlte, war faszinierend. Die beiden steilen Falten zwischen den Brauen hatten sich nicht geglättet, was den düsteren, grüblerischen Ausdruck noch verstärkte.
Mit energischen Schritten ging Luke auf die Schwingtüren zu und entledigte sich dabei seines blutbefleckten Kittels. Anna sah
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