Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
bist.“
„Natürlich.“ Er nahm ihre Hand, obwohl er wusste, dass er im Weg war. Die Sanitäter hoben seine Mutter aufs Bett und gaben Ben einen kurzen Bericht. Josh ließ ihr Gesicht nicht aus den Augen, während man ihr den Oberkörper frei machte, um die Elektroden zu befestigen. Ben nahm schon Blut ab.
„Warten Sie, ich schiebe Ihnen ein Kissen in den Rücken, Mrs O’Hara“, sagte eine Schwester. „Damit Sie nicht so flach liegen. Nein, bitte, lassen Sie die Sauerstoffmaske auf.“
Aber Claire ignorierte sie. „Die Zwillinge, Josh, sie …“
„Mrs O’Hara, nicht …“ Sanft rückte die Schwester die Maske wieder zurecht. „Es ist wichtig, dass Sie genug Sauerstoff bekommen.“
„Ich höre dich trotzdem, Mum.“ Josh beugte sich über sie. „Was ist mit den Zwillingen?“
„Es geht ihnen gut“, mischte sich der Sanitäter ein. „Die Ärztin, die uns gerufen hat, bringt sie her. Sie müsste bald hier sein.“
„Eine Ärztin?“ Verwundert blickte Josh auf. „War meine Mutter in der Gemeinschaftspraxis?“ Zu einer Untersuchung, die sie vor ihm verheimlicht hatte, um ihn nicht zu beunruhigen?
„Nein, sie war am Strand. Mit den Kindern und einem großen Hund.“
„Crash. Oh nein, was hat er jetzt wieder ausgefressen?“ Eine große schlanke Frau im weißen Kittel hatte den Schockraum betreten und beugte sich lächelnd über Claire. „Oder noch viel wichtiger: Was um alles in der Welt hast du angestellt?“
Ihr Lächeln war beruhigend, aber der besorgte Ausdruck in ihren Augen entging Josh nicht. Und er verstärkte sich noch, als Anna Davenport, die leitende Chefärztin der Kardiologie, den EKG-Ausdruck, den man ihr reichte, aufmerksam studierte. Ben sah ihr über die Schulter und las mit.
„Was ist los?“ Josh vergaß die geheimnisvolle Ärztin, als er den bedeutungsvollen Blick zwischen Anna und Ben auffing.
„Linke Koronararterie“, sagte Anna. „ST-Hebung bis zu drei Millimeter. Haben wir schon was aus den Blutproben? Herzenzyme? TNT?“
Josh atmete tief ein, als Ben die ersten Ergebnisse nannte. Claire durfte nicht wissen, wie bedrohlich ihr Zustand war. Ein Infarkt, der einen Teil der linken Herzkammer lahmlegte, konnte ernsthafte Folgen haben. Jetzt zählte jede Minute, um die Funktionsfähigkeit ihres Herzens so weit wie möglich zu erhalten.
Anna wandte sich an seine Mutter. „Du hast einen Herzinfarkt, Claire“, sagte sie sanft. „Aber wir können etwas tun, um den Schaden an deinem Herzen gering zu halten. Ich nehme dich mit nach oben ins Katheterlabor und sehe mir mal an, an welcher Stelle genau deine Herzkranzarterie blockiert ist. Falls möglich, beseitigen wir das Hindernis und setzen dir wahrscheinlich einen Stent ein, um das Blutgefäß offen zu halten.“
„Ihr … wollt mich operieren?“ Claires Gesicht war so weiß wie das Kissen, auf dem sie lag.
„Nicht direkt. Du wirst wach sein. Über eine Arterie führen wir einen winzigen Schlauch bis zu deinem Herzen. Ein endoskopisches Verfahren, von dem du nichts spürst.“
„Anna ist Expertin darin“, sagte Ben. „Sie sind in den besten Händen, Claire.“
„Wir geben dir ein Beruhigungsmittel“, fügte Anna noch hinzu. „Aber der Eingriff tut wirklich nicht weh.“
„Nein.“ Claire schüttelte den Kopf. „Wir müssen noch warten. Sie hat versprochen, dass ich die Kinder bald sehe.“
„Wen meinst du?“ Josh spürte, wie seine Anspannung ins Unerträgliche wuchs. Claire durfte sich nicht noch mehr aufregen. Es bestand die Gefahr, dass sie gefährliche Herzrhythmusstörungen bekam. Wer hatte seine Kinder? Und wo waren sie?
„Die Ärztin.“ Claires Lippen bebten.
„Welche?“
„Die, die … sich um sie gekümmert hat … bei der Geburt.“
„Megan Phillips? Das ist unmöglich, sie ist in Afrika.“
„Nicht mehr.“
Josh erstarrte, als er die Stimme hörte. Jeder im Zimmer drehte sich um, um zu sehen, wer dort an der Tür stand – und die Griffe einer Zwillingskarre fest in den Händen hielt.
„Daddy!“ Die Gesichter der Kleinen leuchteten auf, und Josh streckten sich vier Ärmchen entgegen.
Aber Josh hatte nur Augen für die Frau hinter der Kinderkarre.
Megan …
Einen Herzschlag lang stand die Erde still. Eingefroren in der Wucht des Augenblicks.
Nichts zählte mehr.
Nicht, dass seine Mutter lebensbedrohlich krank war. Nicht, dass seine Kinder nach ihm riefen. Nicht, dass er Leiter einer Abteilung des St. Piran war, die in weitem Umkreis einen exzellenten Ruf
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