Julia Bestseller Band 142
meinte er nach kurzem Schweigen. „Wie verzweifelt sind Sie genau?“
Was meinte er damit? Betroffen erwiderte sie seinen Blick, ihr Mund war wie ausgetrocknet. „Natürlich mache ich mir Sorgen. Wenn Sie darauf hinauswollen, Mr Cordeiro.“ Sie atmete tief ein und lächelte zaghaft. „Mir bleiben immer noch fünf Minuten, um Sie zu überzeugen.“
Sie griff nach ihrer Tasche und holte die vorbereiteten Unterlagen heraus. An Rafael Cordeiro prallten moralische Argumente ab, also würde sie es anders versuchen. „Sie möchten Ihre Investitionen zurückziehen, weil Sie bislang keinen Profit gesehen haben. Aber die Cafés laufen gut. Im Moment decken die Einnahmen die Ausgaben. In Kürze werden wir Gewinne machen.“
„Werden Sie das?“
„Sobald wir anfangen, Geld zu verdienen, verdienen auch Sie …“ Sie verstummte, als sie seine finstere Miene sah. Womit konnte man diesem Mann eigentlich ein Lächeln entlocken? „Die Cafés sind gut besucht. Und ich kann nicht verstehen, warum wir uns nicht schon längst in der Gewinnzone befinden.“
„Können Sie nicht?“
„Vielleicht habe ich am Anfang einige Fehler gemacht. Ich musste mehr Geld ausgeben, als ursprünglich veranschlagt war. Jetzt, da wir expandieren, ist es leichter, gute Verträge auszuhandeln. Geben Sie mir einfach etwas mehr Zeit. Sie werden es nicht bereuen.“
„Ich bereue es bereits. Mir gefällt die Art und Weise nicht, wie Sie Geschäfte machen, Miss Thacker.“
Entsetzt sah sie ihn an. „Sie meinen, weil meine Firma Anlaufschwierigkeiten hatte? Gut, das kann ich akzeptieren. Aber ich habe so viele Ideen, über die ich mit Ihnen sprechen möchte. Ich weiß, dass ich Café Brazil zu einem rentablen Unternehmen machen kann.“
„Aber auf wessen Kosten, Miss Thacker?“
Seine sanft ausgesprochene Frage verwirrte sie. Er war Milliardär. Dass sie ihm seine Investitionen noch nicht gewinnbringend zurückgezahlt hatte, konnte doch nicht so ein großes Problem für ihn sein.
„Mir ist bewusst, dass Sie uns einen wirklich großen Kredit gewährt haben. Sobald das Geschäft schwarze Zahlen schreibt, bekommen Sie Ihr Geld samt Zinsen zurück. Ich hoffe wirklich, dass Sie einer Kreditverlängerung zustimmen, wenn Sie sich ein vollständiges Bild der momentanen Situation gemacht haben.“
„Warum sollte ich dergleichen tun?“
„Weil Sie erkennen, wie sehr es sich für Sie lohnt. Wenn Sie Ihr Geld zurückfordern, stirbt Café Brazil, so einfach ist das. Und wenn die Firma verschwindet …“
„Müssen Sie Ihren beneidenswerten Lebensstil aufgeben.“
Verwundert fragte sie sich, ob er damit ihren Vierzehnstundentag meinte. „Ich schätze mich glücklich, weil ich meine Arbeit liebe“, entgegnete sie lächelnd. Das Lächeln verging ihr jedoch, als sie die Kälte in seinen Augen erkannte.
Er streckte die Hand aus. „Zeigen Sie mir die Bücher.“
Ihr wurde leichter ums Herz. Also bestand doch noch Hoffnung. Warum wollte er sonst in die Bücher schauen? Anscheinend dachte er doch darüber nach, den Kredit zu verlängern. Hastig griff Grace nach den Unterlagen. Sie hasste es, dass ihre Hände immer noch zitterten. Es fühlte sich an wie damals in der Schule, in dieser grauenhaften Folterkammer, wo alle darauf warteten, dass sie scheiterte.
Du bist dumm, Grace Thacker. Dumm. Konzentrier dich, du einfältiges Mädchen.
Während sie tief Luft holte, erinnerte Grace sich daran, dass sie seit diesen schrecklichen Tagen viel erreicht hatte.
Und sie würde nicht scheitern.
Sie überreichte ihm die Unterlagen. Mit seinen langen bronzefarbenen Fingern blätterte er durch die Seiten.
„Ihre fünf Minuten laufen, Miss Thacker. Sprechen Sie weiter.“
Mit welch beneidenswerter Leichtigkeit sein Blick über die Zahlen huschte. Grace wandte den Kopf ab und versuchte zu vergessen, dass Cordeiro da war. Sie musste ihm von ihren Zukunftsplänen berichten, von den neuen Lokalen, die sie gefunden hatte, und davon, wie sie diese ausbauen wollte.
Sie musste ihm ihre Träume offenbaren.
Und erhielt keine Reaktion von ihm. Er nahm einen Stift, machte sich einige Notizen und sah sie endlich an. „Ich bewundere Sie, Miss Thacker.“
Aus den Tiefen der Enttäuschung spürte sie einen warmen Schimmer der Hoffnung aufsteigen. „Wirklich?“
„Ja. Menschen mit starken Nerven habe ich schon immer bewundert. Unter diesen Umständen hätte ich erwartet, dass Sie sich auf der anderen Seite des Globus verstecken.“
„Verstecken?“
„Ich bin kein
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