Julia Exklusiv 0180
Trotz ihres forschen Auftretens war Rose mulmig zumute. War es möglich, dass Hassan al Rashid regelmäßig ausländische Besucherinnen entführte? „Sagen Sie mal, machen Sie so etwas öfter?“, erkundigte sie sich beherzt. „Haben Sie irgendwo in einem Wüstenlager etwa einen Harem voller Frauen wie mich versteckt?“
„Wie viele Frauen wie Sie könnte ein Mann schon verkraften?“, hielt er dagegen. Das gefiel ihr. Was immer er mit ihr vorhatte, sie wollte wenigstens einzigartig sein.
Er schien auf ihre Antwort zu warten. Seine Augen glommen, und er wollte offensichtlich, dass sie ihn fragte, warum er sie entführt hatte, was er mit ihr vorhatte. Ihre Neugier war ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Und auf diesen Mann war sie neugierig, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
Seine Züge und Augen zeigten keine Regung. Doch sie wollte nicht, dass er sich ihr verschloss, und ohne nachzudenken, hob Rose die Hand und tastete nach seinem Gesicht.
Die Berührung überraschte Hassan, und er zuckte etwas zurück. Doch in dem engen Landrover war seine Bewegungsfreiheit ebenso wie ihre stark eingeschränkt, und er konnte nicht weiter ausweichen. Kühner geworden, legte Rose die Hand auf seine Wange und spürte seine Bartstoppeln. Diesmal ließ er zu, dass sie den Daumen sanft über sein kantiges Kinn gleiten ließ. Eigentlich durfte sie das nicht tun, aber die Gefahr erregte sie. Behutsam zog sie mit den Fingerspitzen die Konturen seiner Lippen nach und merkte, wie er den Atem anhielt.
In diesem kurzen Moment war sie die Jägerin, nicht die Gejagte, und sie lächelte in der Dunkelheit.
„Wenn ein Mann das Glück hätte, eine Frau wie mich zu bekommen, Euer Hoheit, würde ich mein Leben lang alles tun, damit er außer mir keine andere mehr begehren würde.“ Einen Augenblick ließ Rose die Finger auf seinem Mund ruhen, dann nahm sie sie fort.
Hassan verzichtete auf eine Antwort. Was hätte er auch sagen können? Er glaubte Rose. Außerdem spürte er, dass es keine Aufforderung, sondern eine Warnung war. Was für eine Frau! Sie hatte sich tapfer in ihr Schicksal gefügt, als er sie entführt hatte. Und sie hatte nicht geschrien, obwohl sie es hätte tun können, sondern sich einfach stumm gewehrt. Das tat sie auch jetzt, mit Gesten und ihrem Körper. Dabei hatte sie nicht die geringste Ahnung, was er mit ihr vorhatte.
Irgendwie reizte es ihn, ihren Mut auf die Probe zu stellen. Rose Fenton war so ganz anders als die Frauen, die er bisher gekannt hatte. Sie war nicht spröde oder versuchte zu flirten … Sie hatte Angst.
Eigentlich hatte er gar nicht vorgehabt, Rose als Geisel zu nehmen. Einen kurzen, erregenden Augenblick lang hatte er sogar gehofft, sie würde freiwillig mitkommen. Und vielleicht hätte sie sich auch stillschweigend gefügt, wenn Hilfe nicht so greifbar nahe gewesen wäre.
Doch der Moment war vorübergegangen, und Rose Fenton war schwer zu durchschauen. Auf keinen Fall durfte er riskieren, dass sie versuchte, sich aus dem Wagen zu rollen, denn sie fuhren jetzt sehr schnell. Hassan kniete sich hin, raffte seinen Umhang zusammen und legte ihn zusammen. Dann zögerte er, weil er Rose nicht berühren, ihre Haut nicht noch einmal spüren wollte. Doch der Landrover holperte jetzt wieder stark, weil sie erneut in die Wüste ausgeschert waren, und schüttelte sie beide durch. Hassan biss die Zähne zusammen und legte die Hand unter Rose’ Hals.
Seine Finger fühlten sich kühl und kraftvoll an, und im ersten Moment glaubte Rose, Hassan würde sie beim Wort nehmen. „Heben Sie den Kopf“, sagte er, als sie ihn abwehren wollte. „Versuchen Sie, es sich etwas bequemer zu machen.“ Behutsam schob er ihr den Umhang unter den Kopf. „Wir haben noch eine ganze Strecke zu fahren.“
„Wie weit ist es?“, fragte sie, als er fortrückte und sich zwischen ihr und der Heckklappe im Schneidersitz an die Seitenwand des Landrovers lehnte, um jeden Fluchtversuch von vornherein zu unterbinden. Hielt er sie wirklich für so leichtsinnig? Anfangs hatte sie vielleicht noch an Flucht gedacht, jetzt nicht mehr. Bei einem Sprung aus dem fahrenden Wagen konnte sie sich verletzen und hätte eine eisige Nacht in der Wüste vor sich, ehe sie auch nur hoffen konnte, dass jemand ihr zu Hilfe eilte. „Wie weit ist es?“, wiederholte sie. Hassan warf ihr nur einen gereizten Blick zu. „Inzwischen wird man doch bestimmt nach mir suchen“, drängte sie. Hubschrauber, Jeeps … Sie brauchten nur den Reifenspuren
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