JULIA EXTRA BAND 0272
Bank verkauft? Wie das? Ein Mitglied seiner Familie hatte die Shelby-Bank Anfang des neunzehnten Jahrhunderts gegründet.
„Ich verstehe nicht, Mr. Dennison. Warum …?“
„Es besteht kein Grund zur Sorge. Der neue Besitzer will alles so belassen, wie es ist.“ Dennison räusperte sich. „Also … fast alles.“
Unvermittelt wandte er den Blick von ihr ab, und Tally wurde ganz anders zumute. Es gab nur einen einzigen Grund, weshalb er sie herbestellt hatte.
„Und was ist mit meinem Kredit und den neuen Zahlungsbedingungen?“
Dennison schien zunächst antworten zu wollen, doch dann ging er wortlos mit einem kurzen Nicken an ihr vorbei, schlug seinen Mantelkragen hoch und stapfte durch das Schneetreiben zu seinem Auto. Tally blickte ihm nach, bis seine hagereGestalt von einem weißen Strudel verschluckt wurde.
„Mr. Dennison! Warten Sie!“, rief sie ihm nach. „Betrifft das meinen Kredit? Sie haben gesagt, der neue Besitzer lässt alles so, wie es ist …“
„Nicht ganz“, sagte in diesem Moment eine Stimme, die sie zusammenzucken ließ.
Noch bevor sie herumfuhr, begann ihr Herz wie verrückt zu hämmern, und obwohl sie sich sagte, dass es ganz und gar unmöglich sei, wusste sie doch, was sie gleich sehen würde.
Diese Stimme würde sie überall auf der Welt wiedererkennen.
Dante lächelte, als Taylor sich zu ihm umdrehte.
Sie war blass geworden vor Schreck.
Gut. Genauso hatte er sich das vorgestellt. Alles lief nach Plan, obwohl er sich so beeilt hatte. Das ganze Vorhaben einschließlich des Kaufs der Bank war in kaum mehr als einer Woche über die Bühne gegangen. Nun, er war nicht umsonst Dante Russo. Und Dante Russo schaffte immer, was er sich vorgenommen hatte.
Heute früh hatte er Dennison angerufen und für drei Uhr nachmittags sein Kommen angekündigt. Dann hatte er gebeten, Taylor um vier in die Bank zu bestellen.
„Sagen Sie ihr, dass sie pünktlich sein soll“, hatte er hinzugefügt und Dennison gebeten, ihr vorher nicht zu verraten, dass die Bank den Besitzer gewechselt hatte.
Er verzog die Lippen zu einem rachsüchtigen Lächeln. Diese freudige Überraschung stand ihr noch bevor. Gleich würde es interessant werden.
Sein Lächeln verschwand. Schade, dass Samuel Gardner nicht mitgekommen war. Es hätte die Sache noch spannender gemacht, aber nach dem, was der Privatdetektiv gesagt hatte, war es wohl so, dass der Liebhaber seiner einstigen Geliebten der rauen Wirklichkeit nicht immer gewachsen war.
„Warum hat Sam Gardner nicht für den Kredit gebürgt?“, hatte er Dennison gefragt.
Der alte Mann hatte ihn angesehen, als wäre er nicht ganz bei Trost.
„Sie haben manchmal wirklich einen seltsamen Humor, Mr. Russo“, hatte Dennison mit einem schmallippigen Yankee-Lächeln erwidert, aber Dante hatte ihm mit einer Handbewegung das Wort abgeschnitten.
Jetzt trat er einen Schritt beiseite. Mit Humor hatte die Situation hier ganz und gar nichts zu tun. Es war eine Abrechnung, nicht mehr und nicht weniger. Und es wurde Zeit, dass Taylor das erfuhr.
„Willst du nicht reinkommen, cara? “, fragte er in samtweichem Ton und bemerkte, wie sie sich versteifte. Wahrscheinlich dachte sie daran, wegzulaufen, aber dann besann sie sich eines Besseren, straffte die Schultern und betrat mit hoch erhobenem Kopf die Bank.
Sie konnte nicht wissen, dass sie keine Chance hatte. Er hatte schlechte Nachrichten für sie, und es machte ihm das allergrößte Vergnügen, ihr diese zu überbringen.
„Hallo, Dante.“
Ihre Stimme bebte. Drei Jahre war es her, dass er sie zuletzt gesehen hatte … Und sie war immer noch schön. Schöner als in seiner Erinnerung, falls das überhaupt möglich war. Hatte die Zeit ihren Mund nicht noch weicher, ihre Augen nicht noch größer und dunkler werden lassen?
Obwohl die Jahre ganz offensichtlich nicht spurlos an ihr vorübergegangen waren. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Das Haar trug sie zu einem unvorteilhaften Knoten im Nacken zusammengefasst, was in ihm den fast unwiderstehlichen Drang auslöste, auf sie zuzugehen und die Nadeln aus der üppigen Fülle zu ziehen.
Provozierend langsam musterte er sie von Kopf bis Fuß, dann runzelte er die Stirn. Er hatte sie nie anders als elegant gekleidet gesehen, in Designerkostümen und Abendkleidern und auf hohen Absätzen, die in einem Mann gefährliche Fantasien weckten. Außerdem war sie immer perfekt frisiert und geschminkt gewesen.
Jetzt lagen die Dinge anders. Ihr Mantel wirkte fast schäbig. An
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