Julia Extra Band 0328
kochen. Mit dem gefüllten Teller und einem Glas Rotwein bewaffnet, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück, zog die Vorhänge zu und knipste die Stehlampe mit dem rosa Seidenschirm an. Nichts half, nichts konnte sie aufheitern.
Wie wär’s mit etwas Musik, Sally ? Sie dachte an Brahms und schüttelte den Kopf. Aber dann konnte sie doch nicht widerstehen.
In Chloes Sessel gekuschelt, lauschte sie hingerissen – und wurde mit jeder Minute deprimierter. Sie wünschte, Chloe wäre hier. In Gedanken sah sie ihre Patin vor sich, in einem ihrer exotischen Gewänder, das silbergraue Haar hochgesteckt, ein Lächeln auf den Lippen und wie immer mit klugen Ratschlägen zur Hand. Doch Chloe gab es nicht mehr, sie war allein.
Sollte sie ihre Mutter anrufen? Unmöglich! Das käme einer Niederlage gleich.
Sie dachte an Maeve und seufzte. Warum folgte sie nicht deren Beispiel? Bei Blackcorp gab es mehrere junge Männer, die ihr schöne Augen machten, warum musste sie sich ausgerechnet für einen Mann interessieren, der sie kaum beachtete und obendrein einer anderen Frau weiße Rosen schenkte?
Aus dem Lautsprecher erklang die hinreißend schöne Stelle des Konzerts, und mit Sallys Fassung war es vorbei: Ihre Augen wurden feucht, dann rollten unaufhaltsam die Tränen.
Das Telefon klingelte. Sie ließ es klingeln, aber dann wischte sie sich die Wangen und hob doch ab. „Hallo?“
„Sally? Ich bin’s, Anna. Störe ich dich?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Ich wollte dich um einen Gefallen bitten. Steve ist zu Hause, und wir möchten am Freitag gern ausgehen. Könntest du babysitten? Wir würden die Kinder am Abend bei dir vorbeibringen und später wieder abholen.“
Sally versicherte ihr, das sei kein Problem, und stieg, nachdem sie aufgelegt hatte, die Treppe hinauf. Was sie an einem Abend wie diesem brauchte, war ein heißes Bad, mit Chloes sündhaft teurem Badeöl.
Logan saß in seinem dunklen Penthouse und schaute auf die Lichter von Sydneys Hafen hinab. Obwohl die Klänge seines Lieblingskonzerts den Raum füllten, hörte er nur mit halbem Ohr zu. Ständig wanderten seine Gedanken zu Sally Finch.
Im Geist sah er sie neben sich hier auf der Couch, den Kopf an seine Schulter gelehnt, während sie gemeinsam der Musik lauschten. Er stellte sich vor, wie sich ihre seidigen Locken um seine Finger kringelten, die schlanke Figur sich an ihn schmiegte …
Wütend mit sich selbst sprang er auf, trat vor die Fensterwand und vergrub die Hände in den Hosentaschen.
Das Mädchen war seine Angestellte, er ein Arbeitgeber, der Privatleben und Geschäftliches streng voneinander trennte. Nur zu gut wusste er, wie es Geschäftsfreunden, die das nicht taten, ergangen war.
Davon ganz abgesehen entsprach Sally Finch absolut nicht seinem Frauenideal. Sie besaß weder Ausbildung noch Ehrgeiz, sondern begnügte sich mit einer anspruchslosen Tätigkeit, bei der sie den ganzen Tag schwatzen konnte.
Überhaupt redete sie viel zu viel. Den idiotischen Kommentar, dass er vielleicht nicht sehr glücklich wäre, hatte er immer noch nicht verdaut.
Warum sollte er nicht glücklich sein? Sein Leben verlief genau nach Plan. Die Firma florierte, und er nannte ein traumhaftes Apartment sein Eigen. Schöne, intelligente Frauen – Frauen aus seiner Gesellschaftsschicht – fanden ihn attraktiv. Was mehr konnte er sich wünschen?
Dass sie seiner Schwester ähnelte, war keine Lüge. Carissa hatte ihn neulich mit einer ihrer Bemerkungen ähnlich genervt, als sie behauptete, er suche sich ständig Freundinnen, die an einer ernsthaften Bindung kein Interesse hätten.
Zufällig stimmte das, aber was gab es daran auszusetzen?
Als er versuchte, ihr die Gründe klarzumachen, und ihren Vater als Beispiel zitierte, meinte sie nur, ob er denn gar nicht an sein Lebensglück denke und dass sie sich seinetwegen ernsthaft Sorgen mache.
Frauen!
Glaubten sie wirklich, die Weisheit gepachtet zu haben? Woher wollten Carissa oder diese Sally Finch wissen, was er brauchte, um glücklich zu sein?
Während er noch darüber nachdachte, klingelte das Telefon in der Küche. Mit einem unterdrückten Fluch stellte er die Musik leiser und ging abheben.
„Logan? Ich bin’s, Carissa.
Wenn man vom Teufel spricht … „Ja, Carissa? Was gibt es?“
„Ich weiß, wie beschäftigt du bist, deshalb komme ich auch gleich zur Sache. Ich möchte dich um einen großen Gefallen bitten.“
Hatte Sally am nächsten Morgen insgeheim ein Lächeln oder ein Wort ihres Chefs erwartet,
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