Julia Extra Band 0328

ich zu spät zu meiner Besprechung.“

5. KAPITEL
    Logan fuhr schneller und riskanter als sonst – in Gedanken war er noch ganz bei dem Gespräch, das er eben geführt hatte. Teamarbeit war schön und gut, aber wie kam er dazu, einer Angestellten so persönliche Dinge anzuvertrauen?
    Sallys Kommentar, dass sich hinter seiner harten Schale ein weicher Kern verberge, war nicht nur unangebracht, sondern purer Unsinn. Den weichen Kern gab es schon lange nicht mehr, und die Schale war mit den Jahren immer härter geworden. Genauer gesagt, seit seinem fünfzehnten Lebensjahr, als sein Vater Bankrott machte.
    Jeder hatte den charismatischen, stets gut gelaunten Dan Black bewundert, und für Logan war er ein Held, ein leuchtendes Vorbild gewesen. Damals wusste er noch nicht, wie schnell impulsives Handeln und unbegründeter Optimismus ins Verderben führen können. Wie gefährlich es ist, sich im Geschäftsleben anstatt vom Verstand von Gefühlen leiten zu lassen.
    Folge dem Herzen, alles andere kommt von allein. Das war stets Dads Devise gewesen; für Planung und Strategie hatte er keine Verwendung. Wenn man ihm glauben durfte – und Logan hatte ihm geglaubt –, dann handelten alle erfolgreichen Menschen nach diesem Prinzip.
    Eine Zeit lang funktionierte es auch. Das Immobiliengeschäft blühte, und Dan war als Makler sehr erfolgreich. Aber dann kam die Flaute, und er verlegte sich auf verschiedene abenteuerliche Unterfangen, von denen keines glückte. Das Ende vom Lied war sein Bankrott, dem kurz darauf ein Nervenzusammenbruch folgte. Logan und seine Schwester mussten ihre exklusiven Privatschulen verlassen, was die Lehrer entsetzte und Carissa und ihn völlig aus der Bahn warf.
    Nur ihre Mutter passte sich den veränderten Umständen an. Ohne Bedauern verzichtete sie auf Tennis, Bridge und andere Vorteile ihres bisherigen Lebens. Sie suchte und fand Bürojobs bei Dans Geschäftsfreunden – was ihr Mann besonders erniedrigend fand –, mit deren Einkünften sich die Familie über Wasser halten konnte.
    Die Lehre aus all dem war glasklar: Gefühl und Geschäft vertragen sich nicht. Wenn man die beiden miteinander vermischt, verursacht man den Seinen nur Kummer und Sorge. Sorgfältiges Planen und strenge Disziplin sind das einzige Rezept zum Erfolg.
    Um sein Ziel zu erreichen, erstellte Logan für sich einen hieb- und stichfesten Fünfjahresplan. Erst wenn Blackcorps Erfolg gesichert war und er selbst finanziell unabhängig, konnte er sich erlauben, an Gefühle zu denken, an Heirat und eine eigene Familie. Alles andere wäre sträflicher Leichtsinn.
    Vielleicht hätte er diese Strategie Sally Finch gegenüber erwähnen sollen, als sie von Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen sprach. Damit hätte er ihr gezeigt, wie zielstrebig oder hartgesotten, wie immer sie es nennen wollte, er sein konnte. Und dass er bereit war, Opfer zu bringen, um sein Ziel zu erreichen.
    Während er den Wagen in einer Tiefgarage parkte und den Motor ausschaltete, fragte er sich, weshalb er es nicht getan hatte. Dann lächelte er leise und mit einer Spur Selbstironie. Wenn Miss Finch wüsste, wie hartgesotten er in Wirklichkeit war, wäre sie womöglich bei ihrer schlechten Meinung von ihm geblieben. Und aus irgendeinem Grund behagte ihm diese Vorstellung überhaupt nicht.
    Deprimiert saß Sally auf der Wohnzimmercouch. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Sydney fühlte sie sich einsam und wünschte, sie wäre daheim bei den Eltern.
    Wie unangenehm! Gerade ihnen wollte sie doch beweisen, dass sie sehr gut allein zurechtkam.
    Dabei konnte sie mit sich zufrieden sein. Sie hatte einen Job, neue Bekannte, sogar zwei Freundinnen. Und heute hatte sie zum ersten Mal über ihren wunden Punkt, das Tanzen, gesprochen, ohne dabei auszurasten. Statt Trübsal zu blasen, sollte sie lieber feiern. Und das, so sagte sie sich, würde ich auch, wenn mein Arbeitgeber alt und grau wäre oder wenigstens glücklich verheiratet.
    Sie machte sich nichts vor – ihr großes Problem war Logan Black.
    Er gefiel ihr, hatte ihr vom ersten Moment an gefallen. Das allein war schlimm genug, denn immerhin war er ja ihr Chef. Aber seit den langen persönlichen Gesprächen beim Workshop ging er ihr nicht mehr aus dem Sinn, denn jetzt gefiel ihr nicht nur sein Äußeres, sondern die ganze Person. Sein Wesen hatte so viele faszinierende Aspekte …
    Hör auf damit, er ist nichts für dich .
    Sie stand auf und ging in die Küche, um sich ihr Lieblingsgericht zum Abendessen zu