Julia Extra Band 0328
Ihren Künsten fällt es schwer, an geschäftliche Dinge zu denken.“
„Und Sie, chère Sallie?“, fragte Michel, wobei er den französischen Akzent schamlos übertrieb. „Haben Sie damit auch Schwierigkeiten?“
Sie zwinkerte. „Ich hab’s erst gar nicht versucht, weil ich vom ersten Moment an von diesem wunderschönen Restaurant total überwältigt war.“
„Sehen Sie, Logan? Ihre Freundin – Pardon, Ihre Mitarbeiterin – weiß die guten Dinge im Leben zu schätzen. Im Übrigen …“, er schmunzelte, „… wenn ich Sie beide so betrachte, glaube ich nicht so recht an die geschäftliche Natur des Abends.“ Als er sah, dass sein Freund die Lippen zusammenpresste und ihn zornig anblitzte, verabschiedete er sich ein wenig übereilt, allerdings nicht ohne einen weiteren Handkuss für Sally.
„Typisch Franzose“, knurrte Logan, als Michel außer Hörweite war.
„Bei seinem Kochtalent verzeiht man ihm gern ein wenig Exzentrik.“
„Das mag sein. Was mich nur nervt, ist, dass heute Abend jeder auf die falsche Idee zu kommen scheint.“
Eingehend betrachtete Sally die Serviette auf ihrem Schoß. „An uns liegt es jedenfalls nicht. Ich finde, wir haben nichts gesagt oder getan, das falsch ausgelegt werden könnte. Oder sind Sie anderer Meinung?“
„Durchaus nicht“, versicherte er erleichtert, und als sie nichts erwiderte, fügte er hinzu: „Wie die meisten Franzosen hat auch Michel eine romantische Ader, und Bescheidenheit ist nicht gerade seine hervorstechendste Tugend. Er geht davon aus, dass sich jedes Paar, das bei ihm zu Abend isst, sofort auch unsterblich ineinander verliebt.“
Sally sah auf. „Keine Sorge. Das mit dem ‚überwältigt sein‘ war nur ein kleiner Scherz. Ich weiß sehr wohl, dass mehr als Kerzenschein und ein gutes Essen dazugehören, um sich ineinander zu verlieben.“
Ihre Antwort zerstreute zwar seine Bedenken, aber aus einem unerklärlichen Grund fand er sie ausgesprochen deprimierend.
9. KAPITEL
Ein scharfer Wind blies, als sie ins Freie traten, aber Sally spürte ihn kaum. Sie wünschte nur, dass sie nach diesem zauberhaften Abend mit Logan glücklicher wäre.
Für sie war jede Minute ihres Zusammenseins ein Genuss gewesen. Sie hatte beobachtet, wie er sich nach und nach entspannte; immer häufiger lächelte, nicht nur mit dem Mund, auch mit den Augen. Und dass er sie immer intensiver ansah, war ihr auch nicht entgangen.
Eine gelungenere Fortsetzung des Abends nach dem Besuch bei seiner Großmutter hätte es nicht geben können. Dort hatte sich bestätigt, was sie bereits vermutete – dass sich unter Logans rauer Schale ein weiches Herz verbarg. Außerdem schien es ihm ganz offensichtlich zu gefallen, dass Hattie und sie sich so gut verstanden.
Und in festen Händen schien er auch nicht zu sein.
Nach dieser letzten Entdeckung erschien ihr plötzlich alles möglich. Intuitiv erkannte sie, dass ihm dieser Abend ebenso viel bedeutete wie ihr. Wie sehr sie sich auch dagegen wehrten, es gab eine nicht zu leugnende gegenseitige Anziehungskraft. Doch dann war Michel an ihren Tisch gekommen und hatte mit seiner Bemerkung alles zunichtegemacht.
Wach auf, Sally! Dieser Abend ist nicht mehr als ein schöner Traum. Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass sich dein Boss in dich verliebt hat!
Während sie die menschenleere Straße zum Parkplatz zurückgingen und die Lichter des Restaurants immer kleiner wurden, erkannte sie, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Die Tanzstunde gestern, die Begegnung mit seiner Großmutter und jetzt das gemeinsame Abendessen, hatten sie vergessen lassen, dass Logan Black für sie unerreichbar war.
Was ihr zu schaffen machte, war, dass sie das von Anfang an gewusst hatte. Sein Lebensstil und ihrer waren Lichtjahre voneinander entfernt. Ein Mädchen wie sie, frisch vom Land und ohne Lebenserfahrung, konnte nicht erwarten, einen Mann wie ihn für sich zu gewinnen. In Sydney gab es Dutzende von Frauen, die auf der gleichen Wellenlänge waren wie er. Intelligente, geistreiche Frauen, die bedeutend mehr zu bieten hatten als Tanzstunden und ein Talent zum Plaudern. Mit denen konnte Sally Finch aus Tarra-Binya nicht konkurrieren. Dass Logan sich beim Essen mit ihr entspannt hatte, war nach dem anstrengenden Tag im Büro ganz normal.
Das angespannte Schweigen zwischen ihnen wurde immer drückender. Nur das Geräusch ihrer Schritte und des angrenzenden Hafens hallte durch die Nacht.
Der Wind wurde stärker, und Sally fröstelte.
„Ist
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