Julia Extra Band 0345
auf.“
„Ja, ja, ich weiß. Ein Mann wächst an seinen Aufgaben.“ Diesen Satz äußerte sein Vater bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Carter konnte ihn nicht mehr hören.
Cade seufzte. „Aber in diesem Satz steckt auch ein Körnchen Wahrheit. Jetzt mal ehrlich: Wann hast du dich das letzte Mal für etwas angestrengt?“
In der Schule jedenfalls nicht, überlegte Carter. Und später im Leben hatte er einfach immer Glück gehabt. Er war einfach immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen.
Bis jetzt.
„Ich bin hier einfach fehl am Platze, Cade. Ich habe doch keine Ahnung, was Kindern gefällt und ihnen Spaß macht!“
„Weshalb hat dir Onkel Harry wohl die Firma vermacht? Was glaubst du?“
„Weil er will, dass ich Kinder bekomme?“
„Nein, Carter. Onkel Harry wollte dafür sorgen, dass du Spaß am Leben hast. Als Kind hattest du den nämlich wirklich nicht.“
„Das kann man so doch nicht …“
„Doch, das kann man so sagen. Du hast es immer gut verbergen können. Aber du weißt es, und ich weiß es auch: Eigentlich war es eine ziemlich freudlose Kindheit.“
Carter wollte protestieren, aber plötzlich merkte er, dass er einen dicken Kloß im Hals hatte.
„Leg einfach die Golfschläger für eine gewisse Zeit beiseite“, fuhr Cade fort. „Du hast wirklich das Zeug zu einem guten Firmenchef. Du musst einfach nur durchhalten. Du wirst sehen, dann wird es dir auch Spaß machen.“
„Jetzt klingst du schon wie Vater. Das hat mir gerade noch gefehlt.“
„Nur ein gut gemeinter brüderlicher Rat … den wolltest du doch haben!“ Cade rief Melanie zu, dass er gleich fertig sei. „Denk einfach darüber nach, Carter. Aber jetzt mal etwas ganz anderes: Wir grillen heute Abend. Komm doch vorbei. Ich verspreche auch, den Mund zu halten und dich nicht weiter zu belehren.“
„Solch ein attraktives Angebot kann ich ja schlecht ablehnen“, nahm Carter die Einladung an.
„Gut. Dann bis sieben. Ach, kannst du Kartoffelsalat mitbringen? Ich bin in Ungnade gefallen, weil ich vergessen habe, welchen zu kaufen.“
Carter lachte und versprach es hoch und heilig, dann legte er auf. Reglos blieb er sitzen und ging die Unterhaltung mit seinem Bruder noch einmal im Geiste durch. Dann klingelte das Telefon, und erneut brach eine Welle schlechter Nachrichten über Carter herein.
Cade hatte recht. Carter musste sein Leben ändern.
Und er wusste auch schon, womit er anfangen würde.
6. KAPITEL
„Was hat er dich gefragt!?“ Reilly fiel buchstäblich die Kinnlade herunter. Er rollte mit seinem Bürostuhl an Daphnes Schreibtisch heran.
„Ob ich ihn heiraten will“, wiederholte Daphne verächtlich. „Er meint, wenn ich Mrs Matthews wäre, würden mir die Sponsoren viel eher Geld geben. Wegen der ganzen PR, weil er doch so ein Medienliebling ist.“
„Soll es eine richtige Hochzeit werden oder nur so eine prosaische Standesamtstrauung?“
„Reilly! Ich werde diesen Mann nicht heiraten, bloß, weil das Werbung sein würde. Ich möchte eine echte Beziehung. Ich will heiraten, weil der Mann mich liebt. Und dann natürlich mit allem Brimborium: weißem Kleid, Kirche und so. Und mit einem ‚Ich will‘, das wirklich so gemeint und nicht nur ein Lippenbekenntnis ist.“
„Ich wusste es!“ Der Triumph stand Reilly deutlich ins Gesicht geschrieben. „Du bist doch eine verkappte Romantikerin.“
„Bin ich nicht.“ Daphnes Protest fiel jedoch ziemlich schwach aus.
„Weißt du, mit jemandem durchzubrennen, kann auch sehr romantisch sein.“
Fassungslos starrte Daphne Reilly an. „Du meinst doch nicht im Ernst, ich sollte darauf eingehen?“
„Doch, natürlich.“ Er legte Daphne die Hand auf den Arm. Plötzlich war das Lächeln auf seinem Gesicht verschwunden. „Wir kennen uns jetzt schon eine ganze Weile, nicht wahr? Ich weiß, dass du beruflich ein Genie bist. In deinem Privatleben jedoch …“
„Was ist mit meinem Privatleben?“, fragte Daphne, als Reilly nicht weiter sprach.
„Dein Privatleben, Süße? Ich würde sagen, es ist ungefähr so aufregend wie ein Kaffeekränzchen bei meiner Oma.“
„Das stimmt doch gar nicht!“
„Nicht? Dann sag mir bitte, wann du das letzte Mal etwas ganz Spontanes gemacht hast?“
„Da war doch …“ Daphne runzelte die Stirn, aber es wollte ihr nichts einfallen. „Ja, doch, damals als …“ Wieder schloss sie den Mund, ohne den Satz zu beenden. „Egal, jedenfalls habe ich schon ganz viele Dinge spontan getan.“
„Hast du
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