Julia Extra Band 356 - Ebook
einfach vollkommen unpassend.
Natürlich hatte sie Damon die letzten Jahre hindurch regelmäßig als Reporter im Fernsehen gesehen. Mal wurde er in kugelsicherer Weste in einer Kriegszone gezeigt, dann wieder gefährlich nah vor schäumenden Fluten in einem Überschwemmungsgebiet irgendwo in Südamerika. Aber es war etwas vollkommen anderes, ihn nun leibhaftig vor sich zu sehen, besonders an diesem einen, ganz besonderen Morgen.
Mit den wilden dunklen Haaren und diesem herausfordernden Blick sah Damon immer noch aus wie der rebellische Junge, in den sie sich während ihrer Highschool-Zeit verliebt hatte.
Bella fühlte sich wie gelähmt. Sie schaffte es nicht, ein Lächeln zu zeigen, und sie musste erst einmal schlucken, bevor sie eine Antwort zuwege brachte.
„Hi, Damon. Ich komme direkt vom Hotel.“ Am Abend zuvor hatte sie dort mit ihren Freundinnen ihren Abschied vom Jungesellinnendasein gefeiert. „Ich habe einen Anruf bekommen. Es geht um Paddy, meinen Großvater.“
Sie zeigte mit dem Kopf auf das Schild des Greenacres-Seniorenheims auf der Steinmauer hinter sich. In der Hoffnung, ähnlich selbstsicher zu wirken wie ihr Gegenüber im Sportwagen, hob sie entschlossen ihre Tasche vom Boden. „Entschuldige, Damon, aber ich habe jetzt keine Zeit, um zu plaudern. Eine dringende Familienangelegenheit.“
Als sie schon auf den Eingang des Gebäudes zueilte, hörte sie mit Entsetzen, dass sich die Fahrertür öffnete.
„Warte einen Augenblick!“, rief Damon und stieg aus. Mit dem protzigen Sportwagen im Hintergrund hätte er eigentlich großspurig wirken müssen, vielleicht sogar ein wenig albern, doch das tat er nicht. Im Gegenteil. Auf verstörende Weise wirkte er sexy wie eh und je in seinem Aufzug aus verwaschenem schwarzen T-Shirt und abgetragenen Jeans. Und diese dunklen zerzausten Haare! Die tiefen grauen Augen hinter den schwarzen Wimpern!
„Ich habe doch gesagt, dass ich jetzt nicht reden kann. Paddy ist verschwunden.“
„Immer mit der Ruhe, Bella. Ich kann dir sagen, was passiert ist.“
Verblüfft starrte sie ihn sprachlos an.
„Dein Großvater ist zusammen mit meiner Großmutter weggelaufen.“
Bella bekam weiche Knie. Das konnte nicht wahr sein!
Vor knapp einer Stunde erst hatte sie sich von Kent getrennt: Mit ihrem diamantenen Verlobungsring in seiner Tasche hatte er beschwingt ihr Hotelzimmer verlassen. Und nur ein paar Minuten später hatte sie den Anruf vom Seniorenheim bekommen mit der Nachricht, dass ihr Großvater verschwunden wäre.
Sie hatte angenommen, dass der alte Gauner einfach mal schwänzen wollte, was schon öfter vorgekommen war. Meistens war er dann in irgendeinem Pub oder beim Angeln am Fluss gefunden worden. Sie hätte sich nie träumen lassen …
„Die Leute von Greenacres haben mich vor einer Stunde angerufen und ich habe ein wenig recherchiert“, riss Damon sie aus ihren Gedanken. „Offenbar sind Paddy und Violet letzte Nacht in Violets Auto weggefahren.“
„Wie bitte? Eine Vergnügungstour?“
„Ich habe mit einem Typen von der Tankstelle am Ortsausgang gesprochen. Demnach sind die beiden kurz nach Mitternacht bei ihm aufgekreuzt und haben ihn gebeten, den Tank aufzufüllen. Sie haben etwas von einem Notfall gesagt und dass sie in Richtung Norden müssten.“
„Ein Notfall?“ Bella zog die Stirn in Falten. „Dann ist es wohl doch keine Vergnügungstour. Wie weit nach Norden?“
„Das ist die entscheidende Frage. Vielleicht bis nach Cairns, das wären zwei Tage Fahrt. Für ein älteres Paar vielleicht noch länger. Der Mann an der Tankstelle hat die beiden so verstanden, dass sie eine Art Mission zu erledigen hätten. Und dass sie die Küstenstraße nordöstlich nehmen wollten.“
Bella rieb sich müde die Stirn und versuchte zu begreifen. „Aber das ist doch verrückt. Sie sind viel zu alt, um einfach so loszufahren. Paddy hat einen Herzschrittmacher.“
„Und Violet hohen Blutdruck.“
Sie schaute zu ihm hoch und zum ersten Mal trafen sich ihre Blicke. Für einen flüchtigen Moment vergaß Bella alles um sich herum und sie verlor sich ganz in seinen wunderschönen grauen Augen. Erinnerungen stiegen auf …
Um Himmels willen, nein. Sie durfte jetzt nicht an die Vergangenheit denken.
„Das ist doch lächerlich“, schnappte sie und stieß einen lauten Seufzer aus. „Wir können sie noch nicht einmal anrufen. Paddy hat es nie für nötig gehalten, ein Handy zu besitzen. Er ist der Meinung, die Leute würden schon wissen, wo sie ihn
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