Julia Extra Band 356 - Ebook
glich, dem samtenen, gebräunten Teint und einem markanten Gesicht, das vor allem durch seinen sinnlichen Mund und die faszinierenden bernsteinfarbenen Augen fesselte. Augen, die Theo von ihm geerbt hatte, was ihrer Mutter Gott sei Dank nicht aufgefallen war.
„Aber er ist bestimmt prominent“, meinte Helen Savalas nachdenklich. „Einer von den Schönen und Reichen.“
„Starr ihn nicht so an, Mama“, flüsterte Tina eindringlich.
Ihre Mutter schüttelte ungeniert den Kopf. „Ich erwidere doch nur seine Neugier. Schließlich schaut er auch andauernd in unsere Richtung.“
Warum? dachte Tina von Panik erfüllt. Hatte ihr australischer Akzent ihn an die drei Monate erinnert, die er in ihrem Land verbracht hatte? Er konnte sie unmöglich von hinten erkannt haben. Ihr Haar war damals lang und lockig gewesen. War ihm vielleicht die Ähnlichkeit zwischen ihm selbst und Theo aufgefallen? Aber wie sollte er auf die Idee kommen, es könnte sein Sohn sein? Er konnte ja wirklich nicht ahnen, dass sie schwanger geworden war, obwohl er Kondome benutzt hatte.
Dennoch stellte sein Interesse an ihr, egal woher es rührte, ein echtes Problem dar. Da er und seine Begleiterin sehr spät eingetroffen waren, würden Theo, ihre Mutter und sie sicher vor den beiden gehen, und sie mussten auf dem Weg hinaus an dem Tisch vorbei. Wenn Ari ihr ins Gesicht blickte …
Vielleicht würde er sie gar nicht erkennen. Immerhin war es sechs Jahre her, und mit den kurzen Haaren sah sie sehr verändert aus. Außerdem waren inzwischen sicher so viele Frauen durch sein Leben gegangen, dass er sich kaum an jede Einzelne erinnerte. Wenn er sie aber erkannte, sie aufhielt und in ein Gespräch verwickelte … Tina wollte sich die möglichen Konsequenzen gar nicht ausmalen.
Sie wollte nichts mehr mit Ari Zavros zu tun haben. Diese Entscheidung hatte sie damals getroffen, noch bevor sie ihren Eltern von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. Auf keinen Fall wollte sie sich der schmerzlichen Erfahrung aussetzen, dass er die Vaterschaft anzweifelte oder als reine Pflichtübung Verantwortung für Theo übernahm, ständig wieder in ihrem Leben auftauchte und sie daran erinnerte, wie dumm sie doch gewesen war, ihn so blind zu lieben.
Es war nicht leicht gewesen, den Fragen ihres Vaters standzuhalten, der unbedingt den Mann zur Rede stellen wollte, der seine Tochter fallen gelassen hatte. Aber Tina hatte darauf bestanden, dass ihr Kind ohne Einmischung seines Vaters besser dran sein würde, und sie hatte diese Entscheidung nie bereut. Sie war felsenfest überzeugt, dass Ari nur einen zerstörerischen Einfluss auf ihr Leben haben würde, wenn er die Chance erhielt, daran teilzuhaben.
Eine Chance, die sie ihm nicht geben wollte.
Es hatte sie so viel Kraft gekostet, für Theo und sich ein gutes Leben aufzubauen, dass sie kein Risiko eingehen wollte. Dieser unselige Zufall, der Ari und sie in Gegenwart ihres kleinen Sohnes und ihrer Mutter an diesem Ort zusammengeführt hatte, konnte das alles in seinen Grundfesten erschüttern. Deshalb musste sie eine direkte Konfrontation unbedingt verhindern.
Tina versuchte, die aufsteigende Panik zu verdrängen. Die Sache konnte nicht allzu schwierig sein. Ari würde wohl kaum den Wunsch verspüren, vor seiner Begleiterin eine alte Bekanntschaft wieder aufzuwärmen. Außerdem war es immer noch sehr wahrscheinlich, dass er sie gar nicht wiedererkannte. Und falls doch, würde sie einfach dafür sorgen, dass ihre Mutter und Theo das Feld räumten, bevor Ari in zweifelhaften Erinnerungen schwelgte.
Das war bestimmt möglich. Sie musste es schaffen.
2. KAPITEL
Der Rest des Nachmittagstees entwickelte sich dann für Tina zu einem veritablen Albtraum. Wie sollte sie sich unter diesen Umständen auch auf die kulinarischen Genüsse vor ihr konzentrieren? Sie fühlte sich wie Alice im Wunderland bei der Teeparty des verrückten Hutmachers, wo sich die Herzkönigin jeden Moment auf sie stürzen konnte, um sie zu köpfen.
Ihre Mutter verspeiste genüsslich das Feigentörtchen und die Grüne-Tee-Makrone, Theo machte sich begeistert über den weißen Schokoladenkuchen her. Tina zwang sich, wenigstens eine Karamellschnitte zu essen. Schon wurde ihnen eine Platte mit weiteren Verlockungen serviert, und Tina musste Begeisterung heucheln, obwohl ihr Magen wie zugeschnürt war in dem Wissen, dass Ari nur wenige Schritte hinter ihr saß.
Sie lächelte Theo an. Sie lächelte ihre Mutter an. Ihr Gesicht schmerzte bereits von all dem
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