Julia Extra Band 362
Wand hing: ein verwunschenes Häuschen mitten im Wald auf einer Sommerwiese, die in goldenen Sonnenschein getaucht war. Heile Welt im Goldrahmen. „Mir ging es gut“, wiederholte Riley.
„Wenn du dir das oft genug einredest, glaubst du es vielleicht eines Tages“, sagte Mary leise.
Langsam wurde Riley dieses Gespräch zu ernst. Er wurde unruhig. „Ich habe einen Termin zum Mittagessen, Gran.“ Er machte Anstalten aufzustehen. „Ich muss jetzt wirklich los.“
„Sag den Termin ab!“
Erstaunt zog er eine Augenbraue hoch. „Ach, jetzt verstehe ich. Du hast eine Geburtstagsparty für mich geplant, Gran. Gib es zu! Du konntest mir noch nie etwas verheimlichen.“
„Dieses Jahr fällt die Party aus, Riley. Das ständige Feiern muss ein Ende haben. Bitte setz dich wieder.“ Sie legte die Hände aneinander und berührte mit den Zeigefingern die Lippen.
Ach herrje, diese Geste kannte er leider nur zu gut: Gran hatte eine Idee, und die würde ihm mit Sicherheit ganz und gar nicht gefallen. Missvergnügt setzte er sich wieder in den unbequemen Windsor-Sessel.
„Du musst endlich wachgerüttelt werden, Riley.“ Sie musterte ihn durchdringend. „Deshalb drehe ich dir jetzt den Geldhahn zu.“
Der Schock saß tief. „Was tust du?“, fragte Riley entsetzt.
„Du bist gefeuert. Räume bitte noch heute dein Büro bei McKenna Media. Das ist ja praktisch sowieso verwaist. Außerdem zahlst du ab heute eine angemessene Miete für das Gästehaus. Pünktlich an jedem Monatsersten. Also in zwei Wochen.“
Riley war drauf und dran, wenigstens zu versuchen, seine Großmutter umzustimmen. Er hatte da so seine Methoden. Doch dann beschloss er, es zu lassen. Seine Großmutter hatte ja recht.
Sein Lebensstil war bei ihr noch nie auf Gegenliebe gestoßen. Sie ahnte ja nicht, warum Riley ziellos und verantwortungslos durchs Leben ging. Nicht weil es ihm so viel Spaß machte, sondern weil er bisher einfach noch keine Beschäftigung gefunden hatte, die ihn wirklich interessierte.
Bei McKenna Media hatte er fast jeden Job ausprobiert und sich nach wenigen Tagen zu Tode gelangweilt. Von den vielen Dutzend Schönheiten, mit denen er ausgegangen war, hatte ihn nicht eine so fasziniert, dass er versucht gewesen wäre, ihr sein Herz zu schenken.
Vermutlich wurde jetzt von ihm erwartet, sich noch einen Job zu suchen, der ihn nicht interessierte, und die Enkelin einer der vielen Freundinnen seiner Großmutter zu heiraten.
Kommt nicht infrage, dachte er entschlossen. Er brauchte eine richtige Herausforderung. Etwas, das ihn jeden Morgen voller Energie aus dem Bett springen ließ. Etwas wirklich Sinnvolles.
Die Tatsache, plötzlich auf eigenen Füßen stehen zu müssen, versetzte ihn seltsamerweise nicht in Panik, sondern setzte neue Energien frei. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich richtig aufgekratzt.
Vielleicht hatte er genug vom Partymachen. Oder auch nicht. Vermutlich war das nur eine vorübergehende Erscheinung. Wenn er einige Tage das tat, was seine Großmutter von ihm erwartete, und ihr bewies, dass er durchaus Verantwortung für sich selbst übernehmen konnte, dann könnte er sein altes Leben bald wieder aufnehmen.
„Okay, einverstanden“, sagte er daher.
Mary, die mit Widerstand gerechnet hatte, blinzelte überrascht, fing sich aber schnell. „Sehr gut.“ Sie griff in ihre Tasche und reichte Riley einen Scheck. „Das ist dein letztes Gehalt. Ich will ja nicht, dass du gleich am ersten Tag verhungerst.“
Riley stand auf und gab seiner Großmutter einen Kuss, bevor er ihr den Scheck wieder in die Hand drückte. „Ich schaff das schon“, sagte er lächelnd und verließ das Zimmer. Auf zu neuen Ufern, dachte er. So schwer würde es schon nicht sein.
Doch das sollte sich als Irrtum herausstellen …
Stace Kettering reichte es. „Ich kündige, Frank.“ Um ihre Worte zu unterstreichen, warf sie Schürze und Bestellblock auf den Tresen. Wenige Minuten zuvor hatten die letzten Frühstücksgäste das Lokal verlassen. Seit Arbeitsbeginn um fünf Uhr war dies Staces erste Pause. Hungrig biss sie in einen Berliner mit Zuckerguss. Das Gebäck türmte sich appetitlich unter einer Glashaube auf einer Platte neben ihr auf dem Tresen. „Das ist mein voller Ernst.“
Frank lachte, wobei sein großer Bauch in Bewegung geriet.
Seit dreißig Jahren war Frank Simpson nun Chefkoch und Teilhaber des Lokals „Morning Glory“ und war berühmt für seinen Spezialburger. Als Tochter des anderen Teilhabers arbeitete
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