Julia Extra Band 362
er die Villa verkaufen wollte, was als Bauunternehmer sicherlich sein Ziel war, dann konnte er jetzt noch gar nicht sagen, wer der zukünftige Besitzer sein würde.
Sie brauchte die Maße des Gartens, alle möglichen Details, doch Vitale Roccanti wirkte nicht unbedingt wie ein geduldiger Mann. Sie musste ihren Arbeitseifer bis zu ihrem nächsten Besuch zügeln. Der Garten grenzte bis an die Ausläufer des Walds und verschmolz mit den Schatten, die die Bäume warfen. Aber der offene, ungehinderte Blick gen Süden war geradezu atemberaubend.
Vitale beobachtete, wie ihr Gesicht aufleuchtete, als sie sah, wie die Sonne über die Hügel wanderte und die Bäume in goldenes Licht tauchte. Ihre sonst eher wachsame Miene wich einem Ausdruck offener Freude. Sie war ganz und gar nicht das, was er erwartet hatte – weder kokett, noch albern, noch verwöhnt. Ihre Kleidung wirkte ungewöhnlich schlicht, und soweit er es beurteilen konnte, trug sie keinerlei Make-up – was ihn sehr überraschte, denn er gehörte zu den Männern, die daran gewöhnt waren, dass Frauen sich in seiner Gegenwart sorgfältig stylten.
Als Zara sich wieder zu ihm umdrehte, schimmerten ihre ungewöhnlichen lavendelblauen Augen in Vorfreude angesichts der Herausforderung, die vor ihr lag. In dieser wunderschönen Umgebung würde ihre Aufgabe zum Traumjob. „Wie viel Land gehört zu diesem Besitz?“
„Das ganze Land, so weit Sie blicken können“, entgegnete er. „Es war einmal ein beträchtliches Landgut. Morgen können Sie zurückkommen und das Anwesen genauer erkunden. Ich werde Ihnen ein Fahrzeug zur Verfügung stellen.“
Zara blickte in ein Paar atemberaubende goldbraune Augen, äußerst verführerisch mit langen Wimpern und von beinahe hypnotischer Kraft. Kein Wunder, dass sie eine Gänsehaut bekam. „Vielen Dank, das ist wirklich praktisch“, erwiderte sie. Um die Wirkung abzuschwächen, die Vitale Roccanti auf sie ausübte, rief sie sich die Demütigung und den Schmerz in Erinnerung, die Julian ihr zugefügt hatte.
„Prego!“ , entgegnete er leicht und führte sie wieder zurück ins Foyer.
Dort wollte sie sich gerade nach ihrer Tasche bücken, doch Vitale kam ihr zuvor und sagte: „Lassen Sie mich das nehmen.“
Sie folgte ihm nach draußen und wartete, während er die Fronttür abschloss. Dann öffnete er die Tür seines schwarzen Lamborghini, verstaute ihre Tasche und trat zurück, sodass sie einsteigen konnte.
„Wo werde ich übernachten?“, fragte sie, als sie auf den Beifahrersitz kletterte und nervös den Rock richtete, der ein wenig zu hoch gerutscht war.
„Bei mir. Ich besitze ein Landhaus gleich den Hügel hinunter. Es ist eine erstklassige Ausgangsstation für Sie.“ Natürlich war seine Aufmerksamkeit auf ihre zarten Schenkel gerichtet. Er konnte gar nicht anders, als daran zu denken, was passieren würde, wenn er ihre Beine spreizte.
Himmel, was war nur los mit ihm? Man hätte ihn für sexuell ausgehungert halten können, was ganz und gar nicht der Fall war. Vitale plante Sex genauso minutiös in seinen Zeitplan ein wie Geschäftstermine. Er hatte in mehr als einer europäischen Stadt Geliebte – diskrete, kultivierte Frauen, die vernünftigerweise keine dauerhafte Bindung von ihm erwarteten.
Er hatte früh gelernt, sein Herz nicht an Frauen zu hängen und sie ganz bestimmt nicht zu lieben. Das Leben hatte ihn gelehrt, dass diejenigen, die er liebte, ihn entweder verrieten oder starben. Nach solchen Erfahrungen schmerzte das Alleinsein umso mehr, aber es war trotzdem besser, erst gar keine Gefühle für jemanden zu entwickeln. Mit diesem Credo war Vitale Roccanti bislang gut gefahren. Er hatte es von extremer Armut bis zu dem angenehmen Lebensstil eines Multimillionärs gebracht, der mit jedem Jahr mehr Geld zu verdienen schien.
2. KAPITEL
Das Landhaus lag ein gutes Stück abseits der Bergstraße. Man musste beinahe einen Kilometer über einen schmalen Weg mitten durch den dichten Wald fahren. Das Haus bestand aus ockerfarbenem Sandstein und hatte ein terrakottafarbenes Dach. Ringsherum standen etliche Olivenbäume, deren Blätter in der untergehenden Sonne silbrig schimmerten.
„Wie malerisch“, murmelte Zara verzaubert, der erst mit einiger Verspätung bewusst wurde, dass sie sich von einem Mann, von dem sie so gut wie nichts wusste, an einen extrem einsamen Ort auf dem Land bringen ließ. Innerlich schalt sie sich für ihre mangelnde Vorsicht.
Sie wollte gerade den Mund öffnen, um ihm zu sagen,
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