Julia Extra Band 362
Natürlich war es dumm, dass Sergios ihr keinen Verlobungsring geschenkt hatte, aber das hieß noch lange nicht, dass sie Vitale ihre baldige Hochzeit explizit mitteilen musste. Wieso machte sie sich deshalb überhaupt einen solchen Stress?
Zara öffnete die Haarspange und ließ die dicken silberblonden Strähnen offen um die Schultern fallen. Dann schlüpfte sie in das graublaue Sommerkleid, das sie für etwas schickere Anlässe mitgenommen hatte.
Das Dinner wurde auf der Terrasse hinter dem Haus serviert. Eine Kerze flackerte auf dem liebevoll gedeckten Tisch im Schatten einer großen Eiche. Die Schultern gestrafft, verließ Zara den Schutz des Hauses.
Vitale hielt ein Glas Wein in der einen Hand, ein Handy in der anderen, und telefonierte auf Italienisch. Er saß auf einem Mauervorsprung. Der Anzug, den er zuvor getragen hatte, war durch eine beigefarbene Hose und ein weißes Hemd ersetzt worden.
„Zara“, begrüßte er sie sanft, klappte das Handy zu und legte es zur Seite.
„Früher habe ich meinen Namen gehasst, aber ich schätze, jeder hatte mal eine Phase, in der er seinen Namen nicht mochte“, gestand sie. Ihr war klar, dass sie plapperte, aber sie brauchte das, um ihre Nervosität zu überspielen.
„Es ist ein hübscher Name.“
Sie war sich seines aufmerksamen Blicks wohl bewusst und errötete. Um Himmels willen, entspann dich, schalt sie sich innerlich, denn ihre übertriebene Reaktion auf ihn ärgerte sie. Er erhob sich mit geschmeidiger Eleganz und fragte sie, ob sie ein Glas Wein wolle. Kurz verschwand er im Haus und kehrte dann mit einem Glas für sie zurück.
Es war ein warmer Abend. Sie ließ sich auf dem Stuhl am Tisch nieder, den er ihr zurechtgerückt hatte, und kurz darauf servierte Giuseppina die Vorspeise – eine herrlich aussehende Platte mit verschiedensten Antipasti. Die dunklen Augen der Haushälterin funkelten beglückt. In ihnen spiegelten sich unverhohlene Neugier und romantische Hoffnungen.
„Ich bin neunundzwanzig“, erklärte Vitale amüsiert. „Sie findet, ich sollte längst verheiratet sein und eine Familie gründen. Immer wieder ermahnt sie mich, dass die besten Frauen schon vergeben sind.“
Zara, die seine Offenheit überraschte, lachte. „Und ist es so?“
„Ich weiß es nicht. Um Frauen, die nur daran denken, wie sie an einen Ehering kommen, habe ich immer einen großen Bogen gemacht“, gestand er.
Zara vermutete, dass sie ihm jetzt von ihrer kurz bevorstehenden Hochzeit erzählen sollte – zumindest wenn sie so ehrlich war, wie sie immer geglaubt hatte. Doch obwohl ihr die Worte auf der Zunge lagen, konnte sie sich aus irgendeinem Grund nicht dazu bringen, sie tatsächlich auszusprechen. Stattdessen zog sie ihr Notizbuch aus der Tasche und begann damit, ihn zu seinen Wünschen für den Garten und zu dem dafür vorgesehenen Budget zu befragen.
Der Hauptgang bestand aus einem unglaublich zarten Steak, dazu Tomatensalat und Rosmarinkartoffeln. Sie aß mit großem Appetit, denn es war ganz zweifellos ein köstliches Dinner. Dennoch versuchte sie, Messer und Gabel so oft wie möglich aus der Hand zu legen, um Notizen zu machen.
„So hatte ich mir das Essen mit Ihnen eigentlich nicht vorgestellt“, bemerkte Vitale trocken. Es war ihm nicht entgangen, dass sie alle Flirtversuche ignorierte und lieber einen professionellen Abstand hielt, mit dem er nicht gerechnet hatte. Natürlich ist sie schlau genug, um zu wissen, dass mangelndes Interesse einen Mann nur noch mehr anstachelt, beschloss Vitale, denn er wollte sich einfach nicht eingestehen, dass er sie womöglich wirklich völlig kalt ließ. „Sie sollten sich entspannen. Morgen ist auch noch ein Tag zum Arbeiten.“
„Aber ich bin nur ein paar Tage hier. Ich will die Zeit so gut wie möglich nutzen“, entgegnete sie leicht, während Giuseppina eine Limonen-Tarte auf den Tisch stellte und in Stücke schnitt. „Falls ich ein paar Stunden erübrigen kann, würde ich gern den Garten besichtigen, den meine Tante Edith im Palazzo Barigo gestaltet hat.“
„Haben Sie ihn noch nicht gesehen?“
„Nein, ich war noch nie in dieser Gegend. Meine Eltern machen keinen Urlaub auf dem Land.“ Bei der Vorstellung, ihre ach so schicke Mutter in dieser rustikalen Umgebung zu sehen, zuckten ihre Mundwinkel. „Ich habe meine Tante einmal gefragt, ob sie nicht gern herkommen würde, um sich den Garten anzusehen, den sie entworfen hat, aber sie sagte Nein. Sie meinte, dass Gärten sich mit der Zeit verändern
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