JULIA FESTIVAL Band 78
nur recht und billig, dass er die Arbeitslosen abfindet.
Nachdem sie ihr Gewissen so wieder einigermaßen beruhigt hatte, begann Antonia zu verhandeln: „Denken Sie an die finanzielle Notlage der Betroffenen, die verwundeten Gefühle, die Beleidigungen …“
„Hören Sie auf mit den Einzelheiten“, fiel er ihr ins Wort und kniff die Augen leicht zusammen.
„Ich denke, drei Monatsgehälter pro Person wären angemessen“, sagte sie trotzig.
„Oh, da komme ich ja noch einmal sehr glimpflich davon“, entgegnete er zynisch.
„Zuzüglich einer Provision von fünfzig Prozent für mich.“
Jetzt presste Scott die Lippen fest aufeinander.
Habe ich vielleicht doch etwas zu viel verlangt? fragte sie sich leicht reumütig. Nein, er hat mich schließlich zu diesem Einsatz getrieben, auch das ist seine Schuld, dachte sie dann. „Ray meinte, es muss auch für mich ein Verdienst abfallen.“
„Der Scheck wird Anfang der Woche bei der Post sein“, sagte Scott.
Die Kälte in seiner Stimme ließ Antonia leicht erschaudern. Irgendetwas stimmte hier nicht. Warum kam er ihren Forderungen so schnell nach? Er versuchte ja nicht einmal zu verhandeln! Sie hatte das merkwürdige Gefühl, dass dieses Gespräch noch schwer wiegende Folgen haben würde. Dieser Mann kämpfte doch gewöhnlich mit allen Mitteln, und sein momentanes Verhalten widersprach einfach seinem Charakter. Ob sie ihm vielleicht etwas viel Fürchterlicheres angetan hatte, als sie ahnte?
„Scott?“, sagte Antonia nach ein paar Minuten, in denen sie beide ihren Gedanken nachgegangen waren.
„Was denn noch?“
„Das … das alles ändert doch aber nichts zwischen Jocelyn und Ihnen?“ Natürlich wünschte sie sich, dass Jocelyn sich gegen Scott entschied, aber das nicht um jeden Preis.
„Nein, natürlich nicht“, erwiderte Scott, ohne zu zögern.
Diese Antwort beruhigte Antonia keineswegs. „Die Angelegenheit geht nur Sie und mich etwas an, okay?“
„Selbstverständlich“, pflichtete er ihr bei. „Und nun zurück zum Thema. Die vier Männer – ich bin sicher, Sie wissen, welche ich meine –, können am Montag wieder auf ihren alten Arbeitsplätzen erscheinen.“
Sie nannte die Namen.
„Ja, genau. Die können Sie also auch von Ihrer Liste streichen“, sagte er. „Matthew Stright ist der Mann, den ich ohnehin wiedereinstellen wollte.“
„Danke“, entgegnete sie leicht verwirrt. Es ging hier wirklich etwas vor, was sie nicht verstand, aber sie hakte die Namen auf der Liste ab und legte den Notizblock in die Schreibtischschublade zurück.
„So, wie viele sind nun noch übrig?“, fragte Scott.
„Dreizehn. In dieser Woche habe ich noch zwei weitere Personen untergebracht. Außerdem rechne ich damit, dass die Vermittlung Mr. Templetons heute Abend abgeschlossen sein wird.“
„Na, da sind Sie aber sehr zufrieden mit sich, nicht wahr?“ Langsam ging er auf Antonia zu.
Sie schaute ihm entgegen. Angst empfand sie nicht. Scott wirkte überhaupt nicht Furcht einflößend; sein Gesichtsausdruck wirkte … ja, wie? Nun, ziemlich belustigt. Und doch, Antonia verspürte eine merkwürdige Unruhe, die sich verstärkte, je näher Scott ihr kam. Sie glaubte zwar nicht, dass er sie wieder küssen wollte, worüber sie natürlich froh war, aber warum überwältigte die Erinnerung an jenen ersten Kuss sie bloß derart, dass sie kaum mehr einen klaren Gedanken fassen konnte?
„Ach, ich will Sie nicht länger mit diesen Problemen belasten“, antwortete sie schließlich.
Scott sah ihr in die Augen. „Gut, gut. Betrachten wir die Angelegenheit jetzt als abgeschlossen.“ Sein Blick glitt zu Antonias Mund.
Antonias Lippen begannen zu zittern, und die Kehle war ihr plötzlich wie zugeschnürt. Sie räusperte sich, sagte: „Die Sache mit dem Kurierdienst läuft gut an.“
„Wie schön.“ Scott schaute ihr wieder in die Augen. „Nächsten Dienstag komme ich vorbei, um mir die Umsatzzahlen anzuschauen.“
„Okay“, flüsterte sie.
Sanft tippte er auf ihre Nasenspitze. „Sie haben da einen Farbklecks. Den sollten Sie lieber entfernen, bevor Sie sich mit Mr. Templeton treffen. Sonst könnte es passieren, dass er Sie nicht ernst nimmt.“
„Ich treffe mich nicht mit Mr. Templeton, ich …“
Er strich mit dem Zeigefinger über ihre Oberlippe. „Auf Wiedersehen, Toni.“ Damit drehte er sich um, ging zur Tür und verschwand.
Wie gelähmt stand Antonia da. Und jäh wurde ihr klar, dass sie sich nach seinem Kuss gesehnt hatte. Zu gern hätte
Weitere Kostenlose Bücher