JULIA FESTIVAL Band 89
Männerpo, den Suzanne je gesehen hatte.
Taylor seufzte anerkennend, ehe sie auf das eigentliche Thema zurückkam. „Also, ich bin Taylor Wellington und habe die Annonce aufgegeben. Möchten Sie jetzt das Apartment?“
Suzanne hatte zwar in Liebesbeziehungen inzwischen drei Mal versagt, aber sie war nicht naiv. „Ich finde, ich sollte mir erst einmal den Rest davon ansehen.“
„Ja, natürlich. Aber denken Sie immer daran, dass es billig ist, okay? Wirklich billig. Hier ist das Schlafzimmer.“ Sie drehte sich um und öffnete eine Tür, von der Suzanne angenommen hatte, sie würde zu einem Schrank gehören.
Viel größer als ein Schrank war das Schlafzimmer auch nicht, aber auch hier zeigte ein Fenster zur Straße hin, und Suzanne blickte hinunter auf Geschäfte, Galerien und die zahlreichen Passanten. Das Zimmer war niedlich, und sicher schlief sie hier besser als in ihrem Auto.
Dann entdeckte sie das Schild über dem Geschäft direkt gegenüber. „Eine Eisdiele?“
„Die jeden Abend bis um elf Uhr geöffnet ist.“ Taylor nickte. „Klammern Sie sich an diesen Gedanken, wenn Sie jetzt das Bad besichtigen.“
Das Badezimmer hatte Briefmarkengröße. Keine Wanne, stellte Suzanne betrübt fest. Aber wenigstens gab es eine Dusche, ein Waschbecken und einen kleinen Badezimmerschrank.
„Alles funktioniert tadellos“, versicherte Taylor ihr. „Vorausgesetzt, Sie schalten nicht gleichzeitig den Toaster und den Föhn ein. Wenn man hier mal richtig putzt, kann es sogar nett aussehen. Na, was meinen Sie?“
„Wenn die Miete stimmt, dann nehme ich es.“
„Da werden wir uns einig, ganz sicher. Kommen Sie mit mir nach unten, da habe ich die Verträge vorbereitet. Wann würden Sie denn einziehen?“
Suzanne dachte daran, dass ihre gesamte Habe unten in das Auto gestopft war. „Am liebsten sofort.“
Taylor lachte. „Wenn Sie mir zwei Monatsmieten im Voraus zahlen und eine kleine Kaution hinterlegen, bin ich einverstanden.“
Mist. „Wie wichtig ist Ihnen denn die Sache mit der Kaution?“
Taylor sah sie prüfend an. „Sind Sie im Moment etwas knapp bei Kasse?“
„Das kann man wohl sagen.“ Vor ein paar Wochen hatte sie ihre Ersparnisse dafür ausgegeben, sich gemeinsam mit Tim eine teure Schlafzimmereinrichtung zu kaufen. Und jetzt behauptete er, diese Möbel seien ein Geschenk von ihr an ihn gewesen. Beim Gedanken an das viele Geld, von dem eine Großfamilie ein ganzes Jahr lang hätte bequem leben können, wurde Suzanne wütend. Dabei hätte sie Tim noch vor einem Monat mit Freude ihren letzten Cent gegeben. „Aber ich habe einen Job“, wandte sie ein. Das stimmte auch. „Hilft das?“
„Auf jeden Fall.“ Einen Moment lang dachte Taylor nach. „Auf die Kaution kann ich auch verzichten.“
Zusammen gingen sie die Treppe hinunter – Taylor in ihrer eleganten Garderobe wie eine Prinzessin auf Staatsbesuch in den Elendsvierteln, Suzanne in ihrem geblümten schlichten Kleid, als passe sie perfekt in diese Umgebung.
„Was machen Sie denn beruflich?“, erkundigte Taylor sich.
„Ich bin Küchenchef im Café Meridian.“ Das Café lag nur wenige Blocks entfernt, und bei dem Gedanken an ihre Arbeitsstelle wurde Suzanne etwas unbehaglich zumute. Sie hatte zuvor in einem weniger schicken Restaurant gearbeitet, doch als Tims Schwester das Café kaufte, hatte Tim darauf bestanden, dass Suzanne für seine Schwester arbeitete. Hoffentlich ging das jetzt nach der Trennung noch gut, denn wenn sie ihren Job verlöre, hätte sie keinerlei Einkommen mehr, außer aus ihrem Party-Service. Den betrieb sie allerdings nur als Hobby, und so sollte es auch bleiben. Ein eigenes Unternehmen empfand sie dann doch als etwas zu bodenständig.
In Gedanken entschuldigte sie sich dafür sofort bei ihrer Mom.
Genau wie ihrem Vater missfiel es auch Suzanne, echten Ehrgeiz zu entwickeln. Und aus diesem Grund konnte ihre Mom mit ihr genauso wenig wie mit ihrem Dad reden, ohne irgendwann abfällig die Mundwinkel zu verziehen. Ihr Vater war jetzt fast sechzig und versuchte sein Glück immer noch als Komiker, indem er in Clubs und bei kleinen Shows auftrat. Seine persönliche Freiheit war ihm eben wichtiger als materieller Besitz und eine berufliche Karriere.
Suzannes Mutter behauptete immer, ihre Tochter käme ganz nach dem Vater.
Im ersten Stock schloss Taylor die Tür zu einem der beiden Apartments auf und ließ Suzanne den Vortritt. „Hier wohne ich.“
Suzanne durchquerte einen kleinen Flur und blieb in dem
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