JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
Händen wusste. Außerdem lebte die Familie ihres Vaters ganz in der Nähe, und Charlotte konnte sich jederzeit an sie wenden, wenn sie etwas brauchte.
Charlottes Schulwechsel war eingeleitet worden, bevor der Aarlston-Becker-Konzern Sebastian seiner alten Firma abgeworben hatte. Und jetzt war er doppelt froh, dass er den neuen Job angenommen hatte.
Er rief das Maklerbüro an, um den vereinbarten Besichtigungstermin zu bestätigen und mitzuteilen, dass er bereit war, den geforderten Kaufpreis zu bezahlen. Also würde er sich einen Anwalt suchen müssen, der die rechtliche Seite des Kaufs abwickeln konnte. Vermutlich würde er Guys Rat befolgen und sich an Jon Crightons Kanzlei wenden.
Katie sah auf die Uhr. Es war Zeit aufzubrechen, wenn sie pünktlich zum Termin mit dem Makler erscheinen wollte. Sie räumte ihren Schreibtisch auf und steckte ihr Handy in die Tasche. Die Tage waren sonnig und warm, und sie hatte wenig Lust gehabt, in der korrekten und nicht sehr bequemen Kleidung herumzulaufen, die man der Form halber in einer Anwaltskanzlei trug.
Also war sie mit ihrer Mutter und ihrer Cousine nach Ehester gefahren und hatte sich dort eine fast komplette neue Garderobe gekauft. Trotz ihrer Proteste hatte ihre Mutter darauf bestanden, alles zu bezahlen.
Jetzt war sie froh, dass sie sich zu dem ausgedehnten Einkaufsbummel hatte überreden lassen. Das elegante, aber angenehm zu tragende schwarze Kleid aus Wildseide strich beim Gehen sanft um ihre Beine, und sie hatte eine passende Jacke dazu gefunden, zu der sie auch die farblich darauf abgestimmten Röcke und Oberteile tragen konnte.
Es war lange her, dass sie sich neue Sachen gegönnt hatte. Obwohl sie in der Wohltätigkeitsorganisation nicht an vorderster Front gearbeitet hatte, war ihr stets bewusst gewesen, wie luxuriös ihr eigenes Leben war. Jedenfalls im Vergleich zu dem derjenigen Menschen, denen sie zu helfen versuchte. Und abgesehen davon …
Sie spürte, wie die Erinnerung ihr die Kehle zuschnürte. Wozu hätte sie sich ein attraktives Äußeres geben und sich weiblich und sinnlich fühlen sollen, wenn der Einzige, für den sie so sein wollte, ihr niemals gehören würde? Warum hatte sie sich nur ausgerechnet in den Mann ihrer Zwillingsschwester verlieben müssen?
Katie bezweifelte, dass sie jemals wieder einem Mann wie Gareth begegnen würde. Wenn sie jedoch zur Ruhe kommen und glücklich sein wollte, musste sie die Vergangenheit hinter sich lassen. Die Vergangenheit und die Liebe.
Katie trat ans Fenster ihres kleinen Büros und schaute auf das geschäftige Treiben hinaus. Den Marktplatz von Haslewich säumten außer der alten Kirche auch zahlreiche schöne Häuser aus den verschiedensten Epochen. Die mittelalterliche Anlage des Marktplatzes war noch erhalten, auch wenn der ursprüngliche Ziehbrunnen in seiner Mitte einem dekorativen Springbrunnen gewichen war.
Als junge Mädchen hatten sie und ihre Schwester auf dem Weg von der Schule nach Hause oft ihren Vater in seiner Kanzlei besucht. Vor allem an den Tagen, an denen es Taschengeld gab, denn sie hatten gehofft, ihn durch ihren Besuch etwas spendabler stimmen zu können. Sie hatten unter den Bäumen auf einer alten Bank gesessen und über die Jungen gekichert, die verstohlen zu ihnen herüberschauten.
Louise und sie hatten sich immer sehr nahegestanden, obwohl sie vom Temperament absolut unterschiedlich waren. Sie waren zusammen durch dick und dünn gegangen, und zusammen hatten sie auch ihr Studium an der Universität begonnen. Und dort hatten sie beide Gareth Simmonds kennengelernt.
Gareth, der zu ihren Dozenten gehörte.
Gareth, in den Katie sich heimlich und unsterblich verliebt hatte.
Gareth, der so freundlich, so sanft, so einfühlsam war … und ihre Zwillingsschwester liebte.
Der Marktplatz begann zu verschwimmen, als ihre Augen sich mit Tränen füllten. Hastig blinzelte Katie sie fort. Als Gareth und Louise damals heirateten, hatte sie sich geschworen, ihn nicht mehr zu lieben und in ihm nur den Schwager zu sehen. Aber jedes Mal, wenn sie ihn sah, kehrten der Schmerz und das Gefühl der Einsamkeit zurück. Sie wusste, dass Louise gekränkt war, weil sie keine ihrer häufigen Einladungen annahm. Und ihr war auch klar, dass ihre Eltern über die zunehmende Entfremdung ihrer beiden Töchter sehr besorgt waren. Aber was sollte sie tun? Schließlich konnte sie ihnen unmöglich erzählen, was der Grund dafür war. Und jetzt hatte Louise auch noch ein Baby bekommen.
Ein bitteres
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