Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
trotzdem, wohin er gegangen sein mochte.
Ihr „Zimmer“ entpuppte sich als wunderschönes Apartment mit einer großen Terrasse, von der aus man einen Blick über die Wüste hatte. Auf der linken Seite zog sich in der Ferne schützend das Gebirge um sie herum, auf der rechten waren die Stadt und ein langer, glitzernder Strom zu sehen.
In den Räumen gab es zahlreiche orientalische Kunstschätze – Teppiche, bronzene Gefäße, Miniaturgemälde und wunderschön geschnitzte Möbel. Ashraf Durran stellte sie einer Frau vor, die dort wartete.
„Das ist Ihre persönliche Dienerin, Salimah. Sie spricht Englisch. Salimah, das ist Miss Stewart.“
„Hallo“, sagte Jana, als Salimah sich verneigte und die Begrüßung etwas förmlicher erwiderte.
„Salimah wird Ihnen beim Auspacken behilflich sein. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
„Ich würde gern die Prinzessinnen kennenlernen“, meinte Jana.
Lächelnd hob er eine Hand. „Dafür wird Salimah sorgen. Wenn Sie möchten, zeigt Sie Ihnen auch den Palast. Aber vorher möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee oder Kaffee oder etwas anderes Erfrischendes. Ich lasse Sie in guten Händen zurück, Miss Stewart.“
Damit verneigte er sich und ging. Seine Haltung wirkte unbeschreiblich formell, demütig und herablassend zugleich.
Als die Tür hinter ihm zugefallen war, lächelte Salimah. „Soll ich Ihnen beim Auspacken helfen?“, fragte sie und führte Jana durch einen breiten Türbogen in das Schlafzimmer, in dem ein breites Himmelbett mit wunderschönen, blaugrünen Vorhängen stand.
Nachdem sie ausgepackt, geduscht und etwas Kühles getrunken hatte, bat Jana Salimah: „Jetzt möchte ich gern Masha und Kamala kennenlernen.“
Salimah verneigte sich. „Ja, Miss. Ich werde Sie zu ihrem Kindermädchen bringen.“
Sie führte Jana durch eine Reihe Flure und Zimmer. Und Jana konnte sich nicht vorstellen, jemals allein hier ihren Weg finden zu können. Dabei fiel ihr etwas auf. In den verschiedenen Räumen fanden sich verblasste Rechtecke an den Wänden, und einige Vitrinen, in denen zumeist Familienerbstücke aufbewahrt wurden, wiesen leere Fächer auf. In England gab es meistens nur einen Grund dafür – wegen der Erbschaftssteuer mussten solche Schätze verkauft werden. Was aber mochte Prinz Omar in finanzielle Bedrängnis gebracht haben?
„Wo sind denn die Gemächer der Prinzessinnen?“, fragte Jana, als sie erneut um eine Ecke bogen.
„Sie liegen natürlich direkt neben denen des Kindermädchens.“
Neben denen des Kindermädchens und wohl einen guten Kilometer von denen ihrer Englischlehrerin entfernt. Jana runzelte die Stirn, aber mit Salimah konnte sie schlecht darüber reden.
Umm Hamzah, eine alte Frau, die bereits, wie Salimah erklärte, die persönliche Dienerin der Mutter der Prinzessinnen gewesen war und die Aufgabe des Kindermädchens übernommen hatte, war eine untersetzte, rundliche dunkelhäutige Person mit dichtem grauem Haar, das sie im Rücken zum Zopf geflochten hatte. Sie hatte ein breites, ernstes Gesicht und dunkle, misstrauische Augen. Sie besaß noch etwa die Hälfte ihrer Zähne, und ihr runzliges Gesicht hatte schon viele Sommer sengender Sonne gesehen.
Sie begrüßte Jana auf Arabisch und ließ ihr durch Salimah erklären, dass es im Augenblick nicht angebracht wäre, die Prinzessinnen kennenzulernen.
Jana nickte. „Wo sind die Prinzessinnen denn?“
„Ich glaube, sie baden gerade, Miss“, meinte Salimah verlegen.
Freundlich lächelnd fragte Jana, wann sie zurückkehren solle.
„Es wird nachher jemand die Prinzessinnen zu Ihnen bringen“, übersetzte Salimah.
Das geschah jedoch nicht. Jana bekam ein köstliches Abendessen in ihrem Apartment serviert. Dann beobachtete sie, wie die letzten Sonnenstrahlen verblassten und der Himmel sich verdunkelte, der Mond aufstieg und sich in dem dunklen Strom spiegelte.
Zwei Tage lang war es „nicht angebracht“, dass Jana die Prinzessinnen zu Gesicht bekam. Salimah geriet mehr und mehr in Verlegenheit. Sie wusste keine Erklärung mehr abzugeben, während Umm Hamzah immer abweisender wurde, als mache sie der Sieg in diesem sinnlosen Kampf geradezu unhöflich.
„Die Prinzessinnen sind krank, Miss Stewart“, bot Salimah ihr an und senkte ihren Blick. „Sie liegen im Bett.“
„Das macht mir nichts. Führen Sie mich zu ihnen.“
„ La, la !“, rief die alte Frau und winkte mit beiden Händen ab, als Salimah den Vorschlag weitergab.
„Sie sagt, es sei … möglich für
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