Julia Saison Band 11
essen. Streit unter den Angestellten störte den Frieden. Zumindest hatte sie sich in den letzten Tagen nicht mit Sanford Paxtons unwillkommenen Aufmerksamkeiten plagen müssen. Das wäre zu viel des Guten gewesen.
Vor etwa einer Stunde hatte es angefangen zu schneien, und die Straßen wurden bereits wieder weiß. Auf ihrem Weg zum Pick-up glitt Merritt aus, konnte sich jedoch am Türgriff festhalten. Sie war froh, in der Fahrerkabine Schutz vor dem Wind zu finden und zu hören, dass der Motor problemlos ansprang. Sie wollte an diesem Abend noch Teig vorbereiten und dann früh zu Bett gehen. Doch erst einmal musste sie heil nach Hause kommen.
Sie war kaum losgefahren, als die Lichter eines Autoscheinwerfers in ihrem Rückspiegel auftauchten. Den Blick auf die Straße gerichtet, versuchte sie mit einer Hand den Spiegel zu kippen, damit das Licht sie nicht blendete. Bei diesem Wetter dachte sie nicht daran, sich drängeln zu lassen. Der andere Fahrer konnte sie ja überholen, wenn er das Risiko eingehen wollte. Als sie die Kurve hinter sich hatte, setzte sie den rechten Blinker, um anzuzeigen, dass sie in Kürze abbiegen würde.
Da beschleunigte das Fahrzeug hinter ihr und setzte zum Überholen an – scherte dann aber zu früh wieder ein. Merritt schnappte nach Luft. „Du Idiot, pass doch auf!“
Sie musste das Steuer stark nach rechts verreißen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Dadurch kam sie von der Straße ab. Ohne zu überlegen trat sie auf die Bremse, geriet ins Schleudern und rutschte in einen verschneiten Graben. Als hätte der Pick-up ein Eigenleben, überwand er die Böschung auf der anderen Seite und hielt geradewegs auf eine große alte Eiche zu.
Ein Aufprall ist unvermeidlich , konnte sie gerade noch denken, da wurde sie auch schon nach vorn geschleudert. Mit einem Schrei knallte sie gegen das große altmodische Lenkrad.
„Au!“
Der stechende Schmerz blendete sie kurzfristig. Man konnte also tatsächlich Sterne sehen … Aber was um alles in der Welt … Sie war nicht gegen den Baum gefahren? Nein, gegen die Wurzeln, erkannte sie. Die knorrigen, aus dem Boden ragenden Wurzeln der Eiche hatten den Pick-up aufgehalten. Benommen, aber erleichtert presste sie die Finger an ihre pochenden Schläfen. Noch blutete nichts, doch ihr Kopf fühlte sich wie ein Fremdkörper auf ihren Schultern an.
„Merritt!“
Sie hörte seine Stimme etwa zur gleichen Zeit, als auch schon die Tür aufgerissen wurde. In einem Schwall von Wind und Schneetreiben beugte Cain sich in die Fahrerkabine. Merritt hatte sich nie so gefreut, ihn zu sehen.
„Bist du verletzt?“
„Es tut mir so leid. Aber ich bin nicht gegen den Baum gefahren. Wie kommst du hierher?“
„Es war schon so spät, deshalb wollte ich nachsehen, ob du vielleicht nicht mit dem Pick-up zurechtkommst.“
„Dieser andere Pick-up war das Problem.“ Als ihr Kopf klarer wurde, begriff sie. „Sie haben mich absichtlich geschnitten. Diese Idioten.“
„Ich habe den Wagen nicht erkannt“, sagte Cain mit einem Blick über die Schulter in die Richtung, in die der Pick-up verschwunden war. „Sie sind natürlich weiter gefahren, und der Schnee fiel so dicht, dass das Kennzeichen nicht auszumachen war. Moment mal … du hast ‚Idioten‘ gesagt. In dem Pick-up saßen zwei?“
„Ja.“
„Die Blödmänner haben wahrscheinlich meinen Wagen erkannt. Sie dachten sich wohl, dass sie bei diesem Wetter die Gelegenheit nutzen und mich ungeschoren schikanieren können.“
„Nein, sie wussten, dass ich am Steuer saß“, entgegnete Merritt. „Es waren Freunde von Nikki … gewissermaßen. Sie arbeiten für ihren Freund auf der Ranch und haben heute im Café zu Abend gegessen. Ich muss zugeben, dass sie sich dort auch nicht viel besser benommen haben. Was gerade passiert ist, sollte mich nicht wundern.“
Als sie Cains Gesichtsausdruck bemerkte, bedauerte sie, ihn eingeweiht zu haben. „Sie sind nur zu groß geratene Kinder mit zu viel Freizeit.“
„Leg den Rückwärtsgang ein“, befahl Cain. „Ich schiebe. Wir fahren zurück in die Stadt und erstatten Anzeige bei der Polizei.“
Merritt hielt ihn am Jackenärmel fest. „In deiner Verfassung solltest du dich von der Polizei fernhalten. Es ist ja nichts passiert. Außerdem befinden wir uns außerhalb des Stadtgebiets.“
„Ist mir egal. Heute Abend kommt kein Deputy hier heraus, es sei denn, irgendein Bonze verlangt es, also müssen wir zu ihnen.“
Er schlug die Tür zu, und Merritt
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