Julia Saison Band 11
wurde sie.
„Gibt es denn gar nichts, was du sonst tun könntest?“, fragte sie ihn. „Ich meine, ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass du alles stehen und liegen gelassen hast, um zurück nach Red Rock zu eilen und meine Hand zu halten, aber wenn mich alle hier wie ein rohes Ei behandeln, werde ich langsam echt nervös.“
Und das war, wie er sehr wohl wusste, genau das Gegenteil von dem, was sie alle zu erreichen versuchten – nämlich ihre Schwangerschaft so lange stabil zu halten, dass das Baby überlebensfähig zur Welt kommen würde.
„Wenn das so weitergeht“, warnte Wendy ihn, „werde ich nämlich letztendlich ein neurotisches Baby zur Welt bringen, das vom Kreißsaal direkt auf die Couch eines Psychiaters muss.“
Blake lachte kopfschüttelnd. Wenigstens hatte sie ihren schrägen Sinn für Humor nicht verloren. Die ganze Familie hatte durch diesen Tornado nach Weihnachten ein wahres Trauma durchlitten. Und als dann bei Wendy auch noch vorzeitige Wehen einsetzten, waren sie alle richtig in Panik geraten.
Zum Glück gibt es die moderne Medizin, dachte er. Dank ihr war seine Schwester jetzt wieder so kratzbürstig wie eh und je – nur dass sie nicht aufstehen durfte.
„Nun, zum Glück hat deine blühende Fantasie durch den Tornado nicht gelitten“, stellte er fest. Doch ein Blick auf ihr Gesicht sagte ihm, dass sie es ernst meinte. Sie wollte tatsächlich, dass er ihr Schlafzimmer verließ. Wahrscheinlich würde es ihm an ihrer Stelle ähnlich gehen und er würde sich auch bedrängt fühlen. „Du hast mich schon aus deinem Haus vertrieben und gezwungen, bei Scott Unterschlupf zu suchen“, erinnerte er sie. „Willst du mich wirklich ganz los sein?“
Wendy ergriff seine Hand und verflocht ihre Finger mit seinen. Sie liebte all ihre Geschwister, doch da sie das Nesthäkchen war, fühlte sie sich Blake als Zweitjüngstem am nächsten. In der Hierarchie der Familie standen sie beide ganz unten.
„Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie liebevoll. „Aber ich will auch nicht, dass du meinetwegen dein eigenes Leben auf Eis legst.“ Seit zwei Tagen war er jetzt ständig bei ihr gewesen. Es war an der Zeit für ihn, wieder zu seinem Job und seinem Alltag zurückzukehren. „In der heutigen Zeit mit Computern und Telefonkonferenzen kannst du doch von überall aus arbeiten. Warum schlägst du bei Scott nicht ein provisorisches Büro auf und kümmerst dich um die Geschäfte, ehe Dad dir mal wieder vorwirft, die Zügel schleifen zu lassen.“
John Michael Fortune, der seine Familie sicherlich auf seine eigene Art und Weise liebte, war letztendlich für die Wendung verantwortlich, die Wendys Leben genommen hatte. Hätte ihr Vater nicht darauf bestanden, sie hierher nach Red Rock in Texas zu schicken, hätte sie womöglich nie die beiden größten Leidenschaften ihres Lebens entdeckt: Backen und Marcos – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Ihre neu entdeckte Vorliebe für das Backen und Kreieren von Nachspeisen war zutage getreten, als sie in dem Restaurant zu arbeiten begann, das Marcos für seine Tante und seinen Onkel managte, die wiederum mit Wendys Eltern befreundet waren. Marcos hatte sie für ein kleines verwöhntes, reiches Mädchen gehalten, das nichts auf die Reihe bekam.
Er hatte nach einer Möglichkeit gesucht, sie wieder loszuwerden, während sie versuchte, sich zu beweisen. Allerdings hatte keiner von ihnen nach der dauerhaften Beziehung gesucht, die sich nach und nach entwickelte. Heute war sie mit Marcos verheiratet und erwartete täglich die Geburt seines Kindes.
Das Baby wäre vor einem Monat fast zu früh zur Welt gekommen, weil ein Tornado nur wenige Minuten vor dem geplanten Abflug ihrer Familie zurück nach Atlanta über Red Rock hinweggefegt war. Anlass dieses Besuchs war ihre Hochzeit am Heiligen Abend gewesen.
Noch immer blieb ihr fast die Luft weg, wenn sie daran dachte. Gerade noch verabschiedeten sie sich fröhlich voneinander, und im nächsten Augenblick lagen sie alle lebendig unter den herabstürzenden Trümmern begraben, als die Wucht des Tornados den Flughafen traf.
Der Schock war einfach zu groß für sie gewesen, zumal Marcos’ schwer verletzter Bruder Javier ins Koma fiel. Lange vor dem errechneten Geburtstermin setzten bei Wendy vorzeitige Wehen ein. Zum Glück gelang es den Ärzten, die Wehen mithilfe von Injektionen zu stoppen. Nun hofften sie, die Geburt so lange hinauszuzögern, bis die Lungen des Kindes genügend entwickelt waren, um
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