Julia Saison Band 13 (German Edition)
die Hüften gestemmt, erwiderte Daisy: „Tillie war ein Showgirl. Unter anderem.“
Auf seinen verblüfften Blick hin meinte sie: „Hm, das wird in Boston wohl nicht sonderlich gut ankommen. Oder bei luxusverwöhnten Kunden, die es gerne ordentlich haben.“
„Wollen Sie mir etwa drohen, Daisy?“
„Drohen?“ Die Verwunderung in ihren großen Augen zeigte ihm, dass er sich geirrt hatte.
Wieder einmal war er ihr viel zu nah. Das musste aufhören.
„Nein, natürlich nicht.“ Parker wich zurück. „Aber Sie sagten ‚unter anderem‘. Was ist sie denn noch gewesen?“
Daisy hob die Hand, als wollte sie ihn berühren. Oder wegschieben. „Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich erklären kann, was Tillie war.“ Sie trat zwei Schritte zurück. Noch einer, und sie würde rückwärts die Treppe hinunterfallen.
Vorsorglich streckte Parker den Arm aus, um sie erneut festzuhalten. Doch sie schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab. „Ich muss arbeiten“, sagte sie auf der Treppe. „Ich betreue eine Reisegruppe, und wir haben zwei Hochzeiten. Eine heute Abend, die andere morgen.“ Damit verschwand sie nach unten.
Kurz darauf saß Parker in dem Zimmer und starrte auf ein recht neues Tagebuch. Obwohl große Teile davon noch frei waren, vermittelte es einen Einblick in den ungewöhnlichen Lebensstil seiner Tante und einige ihrer Fehltritte. Er fragte sich, was er mit dem verfänglichen Buch tun sollte.
Am besten wegwerfen, verbrennen oder zerreißen.
Der Piepton seines Handys erinnerte ihn daran, dass sowohl diese Reise als auch Daisy lediglich ein kleiner Abstecher von seinem normalen Leben waren. In ihrer SMS teilte Fran ihm mit, dass Jarrod versuchte, Parkers private Handynummer von ihr zu erschleichen, um mit ihm über einige der weiblichen Gäste zu sprechen, die der Vorstand zu dem alljährlichen Ball von Sutcliffe Industries einladen wollte. Ein weiterer Beweis dafür, wie sehr der Vorstand, in dem mehrere seiner Verwandten saßen, darauf erpicht war, Parker zu einer Werbe-Ikone der Firma zu machen. Sie beabsichtigten, ihn in einen Märchenprinzen zu verwandeln, der demnächst eine Traumhochzeit feiern würde. Und alles nur fürs Marketing.
Falls er eine andere Lösung finden wollte, um Sutcliffe’s aus seiner gegenwärtigen Krise zu führen, brauchte er einen genialen Plan, und zwar schnell. Nur zwei Dinge hinderten ihn daran, seine gesamte Zeit und Energie in dieses Projekt zu stecken: seine Tante und eine zierliche junge Frau mit karamellfarbenen Augen und Blümchen zwischen ihren rosa Zehen.
„Also geh Mathildas Sachen durch, such ein vernünftiges Zuhause für Daisy und sieh zu, dass du hier wieder verschwindest“, befahl er sich.
Richtig. Mit etwas Glück und einem guten Makler würden Daisy und ihr Team demnächst woanders Unruhe stiften. Und er hätte bald vergessen, dass er ihr je begegnet war.
3. KAPITEL
Daisy wartete, bis Parker das Haus verlassen hatte, ehe sie wieder hineinschlüpfte. Die Reiseführung war eine Notlüge gewesen, denn sie war bereits abgesagt worden. Eigentlich konnte sie sich solche finanziellen Ausfälle nicht erlauben, aber im Augenblick machte sie sich mehr Gedanken darüber, was Parker Sutcliffe für sie und ihre Freunde bedeutete. Und für ihr Kind.
Sie gab sich Mühe, nicht daran zu denken, welche verrückten Empfindungen er in ihr auslöste, wenn er in ihrer Nähe war. Sich von einem solchen Mann angezogen zu fühlen, konnte nur übel enden.
Natürlich war es nett von ihm, dass er sie weiterhin mietfrei wohnen ließ, während er ihnen half, eine neue Bleibe zu suchen. Aber sie lebten in völlig verschiedenen Welten. Er wollte möglichst schnell wieder weg, und Daisy hatte schon mehr als genug Erfahrung mit Männern, die nicht bei ihr blieben.
Außerdem hatte sie sich noch immer nicht ganz daran gewöhnt, dass sie bald für ein hilfloses Baby sorgen musste. Wegen der anderen und wegen ihres Babys würde sie daher Parkers Hilfe annehmen, wenn auch nur vorübergehend. Diese Situation zeigte nur allzu deutlich, wie wichtig es war, vollkommen unabhängig zu sein. Ohne einen Mann.
Um ihrem Kind ein besseres Leben zu ermöglichen, musste sie einen sicheren Vollzeitjob finden und eine schützende Mauer um sich und ihr Baby bauen. Von einem reichen Kerl zu träumen, der in seine reiche Welt und zu seinen reichen, eleganten, nicht schwangeren Frauen zurückgehen würde, wäre absolut dumm und verantwortungslos. Und Verantwortungslosigkeit konnte sie sich jetzt
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