Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf

Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf

Titel: Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
Vom Netzwerk:
1
    Mit einem Aufbrausen fing der Scheiterhaufen Feuer, erhellte den Nachthimmel und warf Schatten auf die Gesichter der vielen Tausenden, die sich versammelt hatten, um der Einäscherung beizuwohnen. Der Rauch, vermischt mit dem Geruch von Duftölen, welche den Gestank des brennenden Fleisches überlagern sollten, schwebte in der lauen, stillen Luft, als zögerte er, den Ort des Zeremoniells zu verlassen. Die Zuschauer schwiegen, während die gierigen Flammen an dem mit Öl getränkten Holzstoß emporloderten und nach Traylas Leichnam leckten. Fast alle Bewohner der Zitadelle waren wegen des Todes der Ersten Schwester ins Amphitheater gelockt worden.
    R'shiel Tenragan erregte die Aufmerksamkeit des Obersten Reichshüters, während sie sich einen Weg zu den Novizinnen in den grünen Kutten bahnte, um ihren Platz hinter den Reihen der in Blau gekleideten Schwestern und in Grau gehüllten Seminaristinnen einzunehmen. Sie schaute auf, sobald sie seinen Blick spürte. Falls er ihre Verspätung der Herrin der Schwesternschaft melden würde, konnte sie sich auf Verdruss gefasst machen. Trotzig erwiderte R'shiel den Blick des Obersten Reichshüters, ehe sie die Augen dem Scheiterhaufen zuwandte.
    Aus dem Augenwinkel sah sie den Reichshüter unwillkürlich einen Schritt zurückweichen, als die Flammen sein vom Alter verwittertes Gesicht zu versengen drohten. Verstohlen streifte ihr Blick die Vielzahl der Frauen und Mädchen, die um den Scheiterhaufen einen Kreis gebildet hatten. Im Feuerschein ließen sich ihre ernsten Mienen nicht deuten. Die meisten verharrten reglos und hielten aus Hochachtung den Kopf gesenkt. Da und dort scharrte ein Fuß im Sand der Arena. Wie viele empfinden wohl ehrliche Trauer? , überlegte R'shiel. Wie viele denken schon an das Quorum und die Frage, wer die Nachfolgerin der Toten werden wird?
    R'shiel wusste, dass bereits in der Stunde, da man Trayla in ihrem Kabinett aufgefunden hatte, das Messer des Mörders noch in der Brust, die Intrigen ihren Lauf genommen hatten. Der Täter war kaum älter als zehn Jahre. Jetzt wartete er im Kerker hinter der Hochmeister-Kanzlei des Obersten Reichshüters auf den Galgen. Gerüchten zufolge sollte er ein Jünger der Flussgöttin Maera sein. Wegen des Verbrechens der Götzenanbetung hatte die Schwesternschaft das Boot seiner Familie beschlagnahmt und ihr damit die Lebensgrundlage entzogen. Der Knabe hatte die Zitadelle aufgesucht - so behauptete er -, um von der Ersten Schwester Gnade zu erbitten und seine Familie vor dem Hungertod zu retten.
    Stattdessen hatte er sie ermordet.
    Was mag Trayla zu dem Knaben gesagt haben? , fragte sich R'shiel. Was konnte ihn dazu verleitet haben, sich mit einem Messer auf die Erste Schwester zu stürzen -für einen Lümmel vom Fluss eine Ehrfurcht gebietende Hoheit? Ihm musste doch klar gewesen sein, dass sein Anliegen auf taube Ohren stoßen würde. Seit zwei Jahrhunderten war heidnischer Glaube in Medalon verboten. Die Harshini waren mitsamt ihren Dämonen und Göttern ausgetilgt worden. Um Nachsicht zu erlangen, hätte er in den Süden ziehen sollen , dachte R'shiel ohne Mitleid. In Hythria und Fardohnja verehrte man noch die alten Heidengötter, und das im Norden gelegene Karien glaubte mit Inbrunst an einen einzigen Gott. In Medalon aber war man vor zweihundert Jahren über die heidnische Unwissenheit hinausgewachsen.
    Eine Stimme brach das Schweigen. Durch den Feuerschein richtete R'shiel den Blick auf die Alte, die das Wort ergriffen hatte.
    »Seit unsere geliebte Param uns zur Erleuchtung führte, setzen die Schwestern des Schwertes ihr geweihtes Werk fort, Medalon von den Ketten der Götzenanbetung zu befreien. Erste Schwester Trayla hielt diesem Werk in Ehren die Treue. Sie opferte dafür ihr Leben. Nun erweisen wir Trayla die Ehre. Wir wollen unserer Schwester gedenken.«
    R'shiel fiel in den Chor der Stimmen ein, welche die rituelle Redewendung wiederholten. An einem derart warmen Sommerabend war es in solcher Nähe des Scheiterhaufens unbehaglich heiß, sodass Schweiß den hohen Kragen ihrer grünen Kutte nässte.
    »Wir wollen unserer Schwester gedenken.«
    Francil Asharen, klein und runzlig, war das älteste Mitglied des Quorums und hatte eine derartige Zeremonie schon zweimal geleitet. Sie war Herrin der Zitadelle, die Verwalterin der ausgedehnten Stadtanlage. Beide Male hatte sie es abgelehnt, zur Ersten Schwester vorgeschlagen zu werden, und R'shiel kam kein Grund in den Sinn, weshalb sie diesmal eine andere

Weitere Kostenlose Bücher