Julia Saison Band 17
hatte sie sich wieder zur Arbeit gewagt. Neben dem bemüht neutralen Lächeln einiger Kollegen und der Tatsache, dass andere Kollegen jeglichen Blickkontakt mieden, sah sie sich mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert – der längst überfälligen hausinternen E-Mail an die Abteilung für fleischfressende Pflanzen. Die Nachricht fiel kurz aus: „Es tut mir unendlich leid, Daniel. Du wirst mir fehlen.“
Sie wusste, dass es aus war. Dan würde ihr zustimmen, sobald er sich genügend abgeregt hatte, um wieder mit ihr zu reden. Sie konnte keine Minute länger in einer Beziehung bleiben, die sich immer nur im Kreis drehte. Nicht nach dem, was sie angerichtet hatte.
Georgia war heilfroh, dass sich durch die E-Mail ein persönliches Gespräch umgehen ließ. Ihre Beweggründe hätte sie ohnehin nicht plausibel erklären können, denn sie verstand sie selbst nicht richtig. Außerdem schob sie unangenehme Pflichten gern auf. Irgendwann würde sie Dan über den Weg laufen, sich unter vier Augen entschuldigen und ihre wenigen Sachen aus seiner Wohnung holen.
Die Sache mit der Beziehung war also geklärt. Blieb noch die mit dem öffentlichen Interesse …
Am Samstagnachmittag war das Labor nicht der schlechteste Ort, um den Anrufen und E-Mails von verwirrten Angehörigen und Freunden zu entgehen. Genau genommen war es sogar ein ziemlich guter Ort, denn zu dieser Zeit arbeitete kaum jemand, und sie hatte das ganze Labor für sich allein.
Scharen von Paparazzi hatte der verunglückte Heiratsantrag zwar nicht auf den Plan gerufen, aber Gesprächsthema war er nach wie vor. Überall. Georgia traute sich nicht, eine Zeitung aufzuschlagen oder das Radio einzuschalten, für den Fall, dass das Valentins-Mädchen erwähnt wurde.
Die Sympathien der Londoner waren geteilt. Eine Hälfte stand hinter Georgia, während die andere Hälfte zum bemitleidenswerten Dan hielt. Schwer zu sagen, was schlimmer war: die Kritik an Dan oder das Mitleid für sie selbst.
Hatte sie denn nicht gewusst, wie dämlich die Idee gewesen war? Doch, ja, inzwischen hatte sie eine recht gute Vorstellung davon bekommen. Aber es war ja nicht so, als hätte sie eines Morgens den unwiderstehlichen Drang verspürt, in sämtlichen Zeitungen zu stehen. Sie war davon ausgegangen, dass Dan Ja sagen würde. So viel zu ihrer Intuition.
Warum sie es unbedingt öffentlich hatte machen müssen? Weil ihre beste Freundin Kelly ihr versichert hatte, dass ihr Bruder bereit sei für den nächsten Schritt. Und weil Georgias Lieblingssender, Radio EROS, ständig Werbung für die Valentinstag-Sendung gemacht hatte, rauf und runter. „Braucht Ihr Liebster einen kleinen Schubs?“ Als wollte das Schicksal ihr zu verstehen geben, dass sie sich unbedingt für die Aktion bewerben musste.
Georgia rieb sich die pochenden Schläfen. Leider war es nicht nur um sie selbst gegangen, sondern auch um Dan. Und da sie Kelly nicht reinreißen wollte, hatte sie noch keine Antwort parat für den Fall, dass Dan seinen durchdringenden Blick aufsetzte und fragte: „Warum, George?“
Vorsichtig schob sie eine weitere Platte mit Samen in den Röntgenapparat und setzte sich vor den Computer. Wenig später hatte sie ein klares Bild vor sich. Es gab ein paar unbrauchbare Exemplare, wie immer, aber ansonsten war die Probe nicht übel. Georgia fasste die Ergebnisse zusammen und mailte sie einer Kollegin von der Abteilung für Saatgutkontrolle.
Instinktiv empfand sie Mitleid mit den Schoten, die innen verfault waren, und den Schalen, die sich gebildet hatten, obwohl kein Saatkorn existierte, das sie beschützen konnten. Untaugliche Exemplare verschwanden unter den zahllosen anderen Samen der Pflanze und brachten niemals etwas hervor. Ihre spezifische genetische Linie endete, weil sie keine Nachkommen produzierten.
Unbrauchbare Exemplare mussten sich allerdings keiner brauchbaren Mutter gegenüber rechtfertigen. Sie mussten auch nicht erleben, wie ihre brauchbaren Freundinnen brauchbare Familien gründeten und in brauchbare Vororte mit viel Platz für Kinder zogen.
Seufzend zog Georgia die Probe aus dem Röntgenapparat, verpackte sie entsprechend den Quarantänerichtlinien und griff zur nächsten Probe. 25.000 waren es insgesamt. Wie gut für ihren Arbeitgeber, dass ihr Wochen, vielleicht sogar Monate des Versteckens bevorstanden.
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. „Georgia Stone“, meldete sie sich. Wer, bitte schön, rief an einem Samstag im Labor an?
„Tyrone vom
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