JULIA SOMMERLIEBE Band 20
Models vergnügten. Zugegeben, Partys konnten auch ganz nett sein. Und er war nun mal ein Mann, der den Reizen schöner Frauen gegenüber nicht unempfänglich war. Er genoss die tropische Kulisse und bestellte sich einen Drink.
Wie aufs Stichwort erschien in diesem Moment Abby. Sie steuerte auf ihn zu, und Judd merkte, wie sich sein Mund vor Erstaunen öffnete.
Plötzlich sah er sich wieder zurückversetzt an jenen Abend vor acht Jahren. Damals hatte er Abby zum ersten Mal in einem Abendkleid gesehen. Es war ein leuchtend blaues Satinkleid mit Spaghettiträgern gewesen, das ihr unglaublich gut stand. Ihr Anblick hatte ihn umgeworfen. Judd kam es vor, als wäre es gestern gewesen, dass Abby die Treppe zu ihm heruntergestiegen kam, auf viel zu hohen Schuhen, aber mit dem bezauberndsten Lächeln im Gesicht, das er je gesehen hatte. Er war sprachlos gewesen, und dieses Bild hatte sich für immer in sein Gedächtnis eingebrannt.
Gute Freunde durften nicht so aussehen.
Das Haar hatte sie an jenem Abend hochgesteckt getragen, wobei ihr einige Locken um das hübsche Gesicht fielen. Noch mehr als sonst hatten ihre blauen Augen geleuchtet. Sie strahlten pure Lebensfreude aus, aber auch eine geheimnisvolle Tiefe.
Und was hatte er getan?
Er hatte Abby, wie immer, mit seinen dummen Witzen geneckt, während sie einfach nur dagestanden und ihn aus ihren glänzenden Augen angesehen hatte. Aus unerklärlichen Gründen war ihm plötzlich seltsam zumute geworden. Er hatte das Gefühl gehabt, nicht mehr klar denken zu können. Und dann hatte er das Banalste getan, was einem Achtzehnjährigen in einer solchen Situation einfallen konnte.
Er hatte Abby geküsst.
Nun ja, das traf es nicht ganz. Vielmehr hatte er sich auf sie gestürzt, davon ausgehend, dass sie ihn zurückstoßen oder gar ohrfeigen würde. Doch sie hatte nichts dergleichen getan. Sie hatte seinen Kuss aufs Innigste erwidert, was ihn natürlich völlig aus dem Konzept brachte. Bevor sein Temperament mit ihm durchgehen konnte, hatte er sich schließlich zur Vernunft gerufen, war zurückgewichen und hatte zu lachen begonnen. Ganz so, als hätte er nur einen Witz gemacht. Oder als wäre das Ganze eine Art Mutprobe gewesen.
Als Judd Abby jetzt in ihrem trägerlosen schwarzen Abendkleid auf sich zukommen sah, konnte er sein Glück kaum fassen. Wie hinreißend sie aussah! Ihre Figur war perfekt, das glänzend braune Haar fiel in dichten Locken auf ihre zarten Schultern herab.
Er erhob sich und winkte ihr zu. Dann zog er einen zweiten Stuhl heran und deutete Abby, sich zu setzen. Den Blick konnte er die ganze Zeit nicht von ihr wenden.
„Nicht schlecht“, raunte er in ihr Ohr, als sie neben ihm Platz genommen hatte. Zum ersten Mal seit Jahren roch er wieder diese vertraute Note.
Es war Jasmin, Abbys Lieblingsduft. Seit er sie kannte, war ihr Bild vor seinem geistigen Auge aufgetaucht, wann immer er Jasmin gerochen hatte.
„Soll das ein Kompliment sein, Mister Calloway?“
Abby hatte sich nur ganz leicht geschminkt. Auf ihren Wangen lag ein Hauch apricotfarbenes Rouge, und ihre Augen waren nur ganz zart betont. Judd fragte sich, ob sie schon immer diese leuchtend blaue Farbe gehabt hatten.
„Nenn mich doch einfach Judd“, flachste er. Ihm stand der Sinn ganz eindeutig danach, weiter mit ihr zu flirten. Und er hoffte, dass es ihr genauso ging.
Spielerisch schlug Abby die Augen nieder und lächelte sittsam. „Angenehm. Abby.“
Judd grinste. Langsam streckte er eine Hand aus und ließ seine Finger über Abbys nackten Unterarm gleiten. Diese halb freundschaftliche, halb wagemutige Geste schien sie jedoch zu verwirren, und so zog er sich schnell wieder zurück.
Er fragte sich, ob es an dem tropischen Klima lag, an der traumhaft schönen Kulisse oder daran, dass plötzlich dieses Feuer in ihm entfacht worden war. Jedenfalls hatte er den dringenden Wunsch, die Grenzen ihrer Freundschaft etwas auszuweiten. Was er sich genau darunter vorstellte, wusste er allerdings noch nicht.
„Abby. Was für ein wundervoller Name. Klingt keltisch. Erinnert mich an grüne Wiesen, uralte knorrige Eichen, hübsche kleine Steinhäuser, idyllische Landstraßen – und darüber ein leuchtend blauer Himmel. Ganz so wie Ihre Augen, Werteste.“
„Hör auf!“ Abby lachte. „Ich bin keine von deinen Tussis. Bei mir musst du nicht so dick auftragen.“
Judd zuckte die Achseln. „Man kann’s doch mal versuchen … Was fiele dir denn zum Namen Judd ein?“
„Ich würde sagen, das
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