JULIA SOMMERLIEBE Band 20
Paula und ich sind beide ständig unterwegs, und wir lieben dieses Gefühl. Uns hält nichts lange an einem Fleck. Und wir essen beide für unser Leben gerne Vanilleeis.“
Gott, wie rührend! Bitte nicht!
„ Vanilleeis? Willst du mich auf den Arm nehmen? Paula, die Bohnenstange, isst Eis?“
Judd runzelte die Stirn. Überrascht musterte er Abby. „Das ist doch gar nicht deine Art, so gehässig zu sein. Was ist denn los mit dir?“
Abby fühlte sich auf unangenehme Weise ertappt. Scheinbar war ihr die tropische Hitze zu Kopf gestiegen. Judd war doch ihr bester Freund. Sie hatte ihn seit acht Jahren nicht gesehen, und jetzt führte sie sich auf wie eine hysterische Ziege. Nur weil er eine neue Bekannte hatte. Eine äußerst attraktive Bekannte.
„Nichts ist los. Ich glaube, ich bin nur etwas müde.“
Judds Gesichtszüge entspannten sich wieder. Noch ehe Abby ihm ausweichen konnte, hatte er einen Finger unter ihr Kinn gelegt und hob sanft ihren Kopf. Er grinste: „Für mich klang es eher, als wärst du ein wenig eifersüchtig?“
„Dann stimmt etwas mit deinem Gehör nicht.“
Seine Berührung hatte Abby durcheinandergebracht. Ganz so wie damals.
Sie bemerkte, wie ihr Puls raste. Doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, während er sich zu ihr hinüberbeugte und ihr tief in die Augen blickte. Er lächelte, bevor er einen flüchtigen Kuss auf ihre Nasenspitze hauchte.
„Ich hab dich vermisst, Miss Weiss.“
Der Duft seines Aftershaves hüllte sie ein. Es war eine warme männliche Note, die leicht nach Moschus roch. Abby musste zugeben, dass der Duft zu Judd passte.
In der Schule hatte er nie Parfum benutzt. Trotzdem hatte er schon damals herrlich gerochen. Sie musste es wissen, schließlich hatte sie das T-Shirt, das er ihr am Tag seiner Abreise vor acht Jahren geschenkt hatte, etwa einen Monat nicht gewaschen. Ab und an hatte sie es aus dem Schrank genommen und daran geschnuppert, und manchmal hatte sie sogar darin geschlafen.
Das Traurige war, dass Abby dieses T-Shirt immer noch aufbewahrte. Es lag zusammengelegt ganz unten in ihrer Wäscheschublade. Als Erinnerung an eine Zeit, in der sie noch dachte, dass Judd eines Tages mehr für sie empfinden könnte als nur Freundschaft.
Instinktiv wich Abby zurück. „Wie konntest du mich denn vermissen? Wir haben doch ständig telefoniert.“
„Eben. Wir haben immer nur telefoniert.“
Judd griff nach Abbys Hand. Seine warmen Finger schlossen sich um ihre. Abby fühlte, wie eine wohlige Welle des Glücks sie durchflutete. Sie hatte Judd so lange nicht gesehen. Und sie hatte seine Berührungen so oft herbeigesehnt. Die spielerischen Knuffe, das Händchenhalten und die schüchternen Umarmungen. In der Highschool waren er und sie unzertrennlich gewesen.
Natürlich hatte Judd recht. Telefonkontakt war eine völlig andere Sache als das hier.
„Es ist ganz schön lange her, Judd …“
„Acht Jahre.“
Abby nickte, während sie versuchte, mit dem Strohhalm nach den Eiswürfeln in ihrem Glas zu fischen. Sie verstand nicht, warum sie plötzlich so nervös war.
Der Mann neben ihr war doch nur Judd. Judd Calloway aus Pier Point.
Ihr bester Kumpel.
Wieso nur hatte sie plötzlich das Gefühl, dass irgendetwas zwischen ihnen anders war als früher? Eigentlich war es ihr doch gelungen, ihre Schwärmerei für ihn abzulegen. Sie war so glücklich gewesen, dass sie es trotz der großen Entfernung geschafft hatten, eine gute Freundschaft zu pflegen.
In den letzten Jahren war sie erwachsen geworden. Was für einen Grund gab es also, dass sie sich in seiner Gegenwart so unsicher fühlte? Lag es daran, dass er immer noch unverschämt gut aussah? So verdammt sexy?
Sie musste dringend das Thema wechseln. „Wie läuft es beruflich bei dir? Gefällt dir die Arbeit immer noch?“
„Mit Tieren zu arbeiten ist das Beste, was es gibt. Eines Tages solltest du mitkommen und es dir ansehen.“
Plötzlich ließ er ihre Hand los und griff hastig nach seinem Bier. Abby fragte sich, was so plötzlich das Lächeln aus seinem Gesicht getrieben hatte.
„Na ja, im Moment ist das eher schwierig. Wenn ich diesen Job hier gut mache, werde ich vielleicht richtig bei Fi nesse einsteigen.“
„Dann ist der Job also sehr wichtig für dich?“
„Auf jeden Fall.“ Es ist der Grund, weswegen ich am Morgen aufstehe.
Die Wahrheit war, dass Abby nicht viel mehr hatte außer ihrer Arbeit. Ihr bester Freund reiste in der Weltgeschichte herum, und außer ihren Kollegen hatte
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