JULIA SOMMERLIEBE Band 20
lassen. Und bis heute war er nicht zurückgekehrt.
Er warf Tom einen mahnenden Blick zu. „Du bist ganz schön neugierig. Heb dir deine Fragen fürs nächste Mal auf. Wir müssen in einer knappen Stunde für die ersten Aufnahmen unten am Strand sein. Also beweg dich, hol die Ausrüstung. Wir treffen uns gleich unten.“
„Aye-aye, Sir!“ Tom verdrehte die Augen und wandte sich an Abby. „Es war schön, dich kennenzulernen. Ich freue mich jetzt schon auf unsere Zusammenarbeit.“
„Ebenfalls.“
Judd wartete, bis Tom den Raum verlassen hatte. Dann beugte er sich zu Abby hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: „Und, sind wir?“
Ihre blauen Augen weiteten sich unmerklich, als sie endlich verstand, was er meinte. Dennoch stellte sie sich dumm. „Sind wir was?“
„Mehr als nur Freunde gewesen?“
„Das wüsste ich gerne von dir.“ Mit Schwung warf Abby ihr Haar zurück.
Judd lachte. Plötzlich war es ihm peinlich, dass er so eifersüchtig auf Toms Annäherungsversuche reagiert hatte.
„Ich könnte mir vorstellen, dass du dich an diesen großartigen Moment gar nicht mehr richtig erinnern kannst, was?“
„Da hast du recht.“ Unruhig nestelte Abby am Saum ihres Rockes. Als sie Judds Blick auf ihre Finger gerichtet sah, strich sie den Stoff glatt und bemühte sich, ihre Hände still zu halten. „So toll war es nun auch wieder nicht.“
„Lügnerin“, murmelte Judd lächelnd. Dann legte er seine Hände auf ihre. Er spürte Abbys Wärme und ihren Puls. Dazu kam noch die Tatsache, dass seine Hände nur wenige Millimeter von ihren nackten Beinen entfernt waren.
Ob ihre Haut wohl genauso zart war, wie er sie in Erinnerung hatte?
Ob sie sich wohl weich und warm anfühlte?
Ob eine Berührung ihrer Schenkel wohl der Auftakt zu mehr sein würde?
„Na gut, du hast mich erwischt. In Wirklichkeit warst du der beste Küsser, den ich je hatte. Bist du jetzt zufrieden?“
Abby versuchte ihre Sitzposition zu verändern, und Judd nahm seine Hände wieder fort. Er fühlte sich etwas benommen.
„Zufrieden wäre ich, wenn ich dir glauben könnte.“ Er zwang sich zu einem Lachen und bemühte sich, Abby nicht in die Augen zu sehen. Sicherlich tat sie nur so unnahbar. Vielleicht ging es ihr ja genauso wie ihm?
Was war nur los?
Der heiße Kuss aus Jugendtagen war längst Vergangenheit. Seit acht Jahren waren er und Abby nur gute Freunde. Wieso geriet sein Blut bei ihrem Anblick auf einmal dermaßen in Wallung?
Abby leerte ihr Glas und stellte es eine Spur zu laut auf der Theke ab. Dann glitt sie von ihrem Barhocker. „So gerne ich auch bleiben und dir weiterhin Komplimente machen würde: Ich muss jetzt leider an die Arbeit. Wir sehen uns dann gleich am Strand.“
„Alles klar, Boss.“
„Das will ich hoffen.“ Abby winkte ihm beim Verlassen der Bar über die Schulter zu. Judd betrachtete ihre hübschen Beine, ihren Gang, die Art, wie ihr kurzer Rock die Hüften umspielte. Seine Aufmerksamkeit wurde immer mehr darauf gelenkt, was sich wohl darunter verbarg.
Er spürte Verlangen in sich aufsteigen.
Wie um die Gedanken an Abby zu vertreiben, fuhr er sich mit dem Handrücken über die Augen. Dann griff er nach seiner Fotoausrüstung und verließ ebenfalls die Bar.
Er konnte keine Komplikationen in seinem Leben gebrauchen.
Stellte die neue, die verführerische Abby genau das für ihn dar? Eine Komplikation? Er würde es nicht so weit kommen lassen.
Abby durchstöberte ein Dutzend Bikinis und Sarongs. Sie konzentrierte sich auf deren Stil und Farbe. Viele Muster imitierten Zebra- oder Tigerfelle, und die Modelle sahen aus, als wären sie gerade aus Paris oder Mailand eingeflogen worden. Abby liebte große Muster auf klassischen Schnitten.
Sie lächelte, während sie ein sexy Bikini-Oberteil mit einer fast knabenhaften Shorts kombinierte. Sie genoss es, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Ihre künstlerische Ader in Verbindung mit ihrem Stilgefühl ermöglichte es ihr, für jede Saison die richtigen Kombinationen zu finden. Und wenn sie den Lesern von Finesse Glauben schenken durfte, dann gefielen denen ihre Kreationen ebenso gut wie Marc Pyman. Warum sonst hätte er sie wohl engagiert?
Abby fragte sich, wie es Judd eigentlich fand, dass sie mittlerweile so erfolgreich war. Er hatte sie in der Vergangenheit immer wieder damit aufgezogen, dass sie für die Modeindustrie arbeitete. Einmal hatte er sie sogar „Barbie“ genannt, nur um sie zu ärgern. Und obwohl Abby sich stets verteidigte, wusste
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