JULIA SOMMERLIEBE Band 20
wahrscheinlich hundertsten Mal der Gedanke durch den Kopf, ob sie nicht gerade im Begriff war, einen großen Fehler zu machen. Immer wieder hatte sie sich in den letzten 24 Stunden gefragt, was sie hier eigentlich trieb.
Ihre Freundschaft zu Judd war ihr das Wichtigste auf der Welt. Durfte sie das aufs Spiel setzen, nur um für einen Moment ihrem Verlangen nachzugeben?
„Miss Weiss“, seufzte Judd dicht neben ihr. Sein warmer Atem streichelte ihre Wange. „Du bist der beste Freund, den ein Mann sich nur wünschen kann. Ich werde bestimmt nicht auf dich verzichten wollen.“ Als hätte er mal wieder ihre Gedanken erraten, fand er sofort die richtigen Worte, um sie zu beruhigen.
Seufzend schloss Abby die Augen, während sie sich an Judds breite Brust lehnte. Sie genoss seine Wärme und atmete tief seinen erregenden Duft ein. Dabei hatte sie Schwierigkeiten, ihre Hände stillzuhalten. Nur mit größter Anstrengung konnte sie sich davon abhalten, Judds herrlichen Körper zu berühren und ihn ausgiebig zu erkunden.
Wie oft hatten Judd und sie sich wohl schon umarmt? Unzählige Male. Doch damals, zu Schulzeiten, hatte es sich ganz anders angefühlt. Scheinbar war es ein Unterschied, ob man eine Person ganz einfach nur gern hatte oder ob man verrückt nach ihr war.
„Zwischen uns wird sich nichts ändern.“ Judd strich ihr immer wieder sanft übers Haar, und langsam beruhigte sich Abby tatsächlich ein wenig.
„Da bin ich mir nicht so sicher.“ Sie löste sich aus seiner Umarmung und blickte ihm direkt in die Augen. Wie gut ihm die Lachfältchen standen, und wie schön sein Gesicht im Schein des Mondes war!
„Versprich mir, dass unsere Freundschaft keinen Schaden nimmt. Versprich mir, dass alles so bleibt wie bisher.“
Mit einem wundervollen Lächeln auf den Lippen nickte er. Dann streichelte er ihre Wange entlang, so zart, dass Abby fast die Tränen in die Augen stiegen.
„Mach dir keine Sorgen. Nichts kann unsere Freundschaft zerstören. Wir werden noch mit grauen Haaren zusammen auf Pyjama-Partys gehen.“
Als Reaktion auf Judds Witz kniff Abby ihm in den Arm, wie sie es schon so oft getan hatte.
Doch diesmal schnellte ihr Puls in die Höhe. Mit einem Mal wurde ihr vollkommen bewusst, was Judd und sie vorhatten. Noch heute würden sie miteinander schlafen. Wobei schlafen eigentlich das Letzte war, was sie sich mit ihm vorstellen konnte.
„Meinst du nicht, dass wir für so etwas dann zu alt sind?“
Judd gab Abby einen Stups auf die Nase und lächelte.
„Wir sind nie zu alt für irgendetwas. Warte mal ab, es wird dir gefallen.“
„Na dann … zu dir oder zu mir?“, versuchte Abby zu scherzen.
Judd grinste und warf ihr einen schelmischen Blick zu, der das Kribbeln in ihrem Innern noch verstärkte. „Das hast aber jetzt du gesagt.“
Abby verdrehte die Augen und erhob sich. Sorgfältig klopfte sie sich den Sand vom Körper. „Du Aufreißer.“
„Du hast doch angefangen mit mir zu flirten – was mir natürlich sehr recht ist.“ Mit der Geste eines Gentlemans hielt er Abby ihren Sarong hin. „Am besten, du bedeckst deinen schönen Körper, sonst weiß ich nicht, wie lange ich mich noch beherrschen kann.“
Abby nahm all ihren Mut zusammen. „Und wo ist dabei bitte das Problem?“
Verführerisch drehte sie sich um ihre eigene Achse und posierte vor ihm wie ein Fotomodell. Lachend genoss sie Judds irritierten und gleichzeitig gequälten Blick. Das hatte er nun davon, dass er sie so provozieren wollte.
Doch ihr war klar, dass ihre zarten Annäherungsversuche diesmal nicht im Sande verlaufen würden. Verträumt dachte sie an das riesige Himmelbett in ihrem Hotelzimmer, an die edle Bettwäsche und an die gedrechselten Bettpfosten aus dunklem Holz. Und an sich und Judd, wie sie einander so nahe kommen würden wie noch nie zuvor.
Judd bemühte sich, Abby mit seinen Blicken nicht förmlich zu durchbohren. Dabei ging es ihm wie einem hungrigen Löwen, der direkt neben seiner köstlichen Beute stand: Er konnte an nichts anderes mehr denken, als daran, Abby zu verführen. Sein Instinkt steuerte seine Gefühle und er wusste nichts dagegen zu tun. Die Tatsache, dass Abby in einem knappen, violettfarbenen Bikini vor ihm hin- und hertänzelte, machte es ihm nicht gerade leichter. Sein Blut schien das Gehirn verlassen zu haben und allmählich in ganz andere Körperregionen zu strömen.
Während der ersten Minuten ihrer Unterhaltung war es ihm noch gelungen, Abby mit seinen Blicken nicht vollkommen
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