Julia Sommerliebe Band 23
zeigen.“
„In dem Punkt könntest du recht haben.“ Claire setzte sich auf einen Hocker am Empfangstresen und stützte den Kopf in die Hände. „Es war nicht gerade eine Wiedervereinigung wie im Märchen.“
Rebecca trat zu ihr und drückte aufmunternd ihre Schultern. „Warum nimmst du dir nicht ein paar Wochen frei? Du bist ohnehin urlaubsreif. Danach, wenn du ganz entspannt bist und vor allem Gewissheit hast, kannst du Antonio alles erzählen. Ich glaube, das habt ihr wirklich nötig. Das sieht doch ein Blinder, was ihr füreinander empfindet! Es ist an der Zeit, das zu klären!“
Claire drehte sich zu ihr um. „Ich glaube, ich nehme mir tatsächlich ein paar Tage frei, um mich zu schonen. Ich will nicht, dass mit der Schwangerschaft etwas schiefläuft. Das könnte ich einfach nicht noch mal ertragen.“
Gerade hatte Antonio seine letzte Operation beendet, als er einen Anruf aus Rom bekam.
Er strich sich über das stoppelige Kinn, während er der Nachricht lauschte, vor der er sich fürchtete, seit er in das Flugzeug nach Australien gestiegen war.
Er nahm sich die OP-Haube ab, warf sie in den Mülleimer und fragte seinen Bruder: „Was glauben die Ärzte, wie viel Zeit ihr noch bleibt?“
„Das ist schwer zu sagen. Eine Woche, vielleicht auch weniger“, erwiderte Mario tonlos. „Sie hat nach dir gefragt.“
Antonios Magen verkrampfte sich. Was für eine Ironie des Schicksals, dachte er bekümmert. Bei seiner letzten Begegnung mit seiner Mutter hatte sie ihn nicht erkannt und ihre ambulante Krankenpflegerin gefragt, wer denn der große gut aussehende Fremde sei.
„Ich werde mich sofort um einen Flug kümmern“, versprach er.
„Kommt deine entlaufene Frau auch mit?“, erkundigte Mario sich sarkastisch.
Einen Moment lang presste Antonio die Zähne zusammen. „Es wird einige Überzeugungsarbeit erfordern, aber ja, ich möchte sie gern mitbringen. Und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du die Vergangenheit nicht wieder erwähnst. Wir kommen ausgezeichnet miteinander aus.“
„Also ist es dir gelungen, die Scheidung zu verhindern?“
„Bisher schon.“ Nachdenklich ließ Antonio die letzten Wochen Revue passieren. Seit einiger Zeit ertappte er Claire immer wieder dabei, wie sie ihn verstohlen musterte und dann hastig seinen Blick mied, als ob sie ein dunkles Geheimnis hütete.
Obwohl er gerade neulich erst gegenseitiges Vertrauen in einer Partnerschaft gefordert hatte, kam ihm immer wieder der Gedanke, dass sie womöglich einen vernichtenden Vergeltungsschlag plante. Sosehr er sich auch bemühte, das Gefühl ließ sich einfach nicht abschütteln.
Zwar teilte sie bereitwillig das Bett mit ihm und war genauso leidenschaftlich wie früher – wenn nicht sogar noch mehr, doch sie sprach nie von ihren Gefühlen zu ihm, wie sie es in der Vergangenheit so offen getan hatte. Selbst ihr Lächeln wirkte flüchtig und distanziert, als ob sie in Gedanken ganz woanders war.
Der einzige Ort, wo Antonio ihre volle Aufmerksamkeit erringen konnte, war im Bett. Dort reagierte sie auf ihn ohne Zurückhaltung und Hemmungen. Ihr Körper nahm ihn begierig auf, sooft er sie auch begehrte.
Antonio hatte geglaubt, sein Verlangen nach ihr würde mit der Zeit von selbst nachlassen, aber das Gegenteil war der Fall. Er begehrte sie mehr denn je. Sein körperliches Bedürfnis nach ihr war manchmal überwältigend stark. Das Ironische daran war, dass er am Anfang nichts anderes von ihr gewollt hatte, und sich jetzt, da er jederzeit Sex mit ihr haben konnte, viel mehr von ihr wünschte.
Als Antonio ins Hotel zurückkehrte, saß Claire mit angezogenen Füßen und einem Magazin auf dem Schoß auf dem Sofa.
„Hi!“, rief sie und legte die Zeitschrift beiseite.
„Selber hi.“ Er beugte sich zu ihr, küsste sie und richtete sich wieder auf.
Sie forschte in seinem Gesicht. „Stimmt irgendetwas nicht?“, fragte sie beunruhigt. Sie stellte die Füße auf den Teppichboden und umklammerte die Armlehne, bis ihre Knöchel weiß hervortraten.
„Leider muss ich so schnell wie möglich nach Italien zurück“, teilte er ihr ohne Vorrede mit. „Und ich will, dass du mitkommst.“
„Nein“, wehrte sie ab und sprang auf.
Besorgt runzelte er die Stirn, als sie plötzlich ganz blass wurde und zu schwanken begann. Er streckte eine Hand nach ihr aus, um sie zu stützen. „Ich wollte dich nicht so damit überfallen, aber …“
„Ich will nicht mitkommen“, unterbrach sie ihn.
„Was hast du denn?“
„Ich habe dir
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