Jungen und Maedchen - wie sie lernen
z. B. „Einpacken“, „Auspacken“ oder „Ausschütten“ (von Wasser über Bauklötze bis Vogelsand). Oft sind dies Materialien, die Mutti absolut nicht ausgeschüttet haben will; wenn sie nun aber schimpft, behindert sie die Gehirn-Entwicklung des Kindes. Da Kinder immer weniger Möglichkeiten haben, sich zu ENTWICKELN (das herauszuwickeln, was sich im Inneren befindet), wirken immer mehr junge Leute wie Zombies, die nur einen Bruchteil ihrer Kapazität entfalten konnten. 2)
Dabei tauchen bestimmte sogenannte SCHEMATA auf, die man klar erkennen kann (wenn man weiß, wonach man sucht). Zitat ( ELSCHENBROICH , S. 252):
Die LINIE (trajectory) : Dieses Schema beschäftigt schon Kleinkinder. Es erklärt, warum sie so fasziniert davon sind, Gegenstände aus dem Hochstuhl fallen zu lassen . . . Es kann (auch) erscheinen als versunkenes Zuschauen, wie Wasser aus dem Hahn fließt (eine senkrechte Gerade in Bewegung). Es motiviert auch das Herunterspringen, immer wieder, von der Armlehne des Sessels oder vom Klettergerüst auf dem Spielplatz. Es ist ein Muster, mit dem beim Aufprallen der Bälle experimentiert wird . . .
EINWICKELN (enveloping) ist ein anderes bei vielen Kindern zeitweise stark ausgebildetes kognitives Muster. Gegenstände werden umhüllt. Mit Ausdauer werden kleine Geschenke in Toilettenpapier gewickelt, Kuscheltier oder Puppe in Decken gerollt, werden kleine Tüten mit Krimskrams gefüllt. Oder das Kind umhüllt sich selbst mit Verkleidungen . . .
ROTATION ist ein weiteres Muster . . . Kinder interessieren sich besonders für den Ventilator in der Lüftung, und in Betrachtung versunken sitzen sie vor dem Bullauge der Waschmaschine. Immer wieder richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf alles, was rollt . . . Wenn Rotation gerade ihr Thema ist, malen sie Kreise, und sie lieben Spinnräder oder das Kaleidoskop.
TRANSPORTIEREN : Dinge, Personen wechseln den Ort und wahren dennoch ihre Identität! Wenn das Kind mit diesem kognitiven Muster beschäftigt ist, bleibt nichts an seinem Platz. Ständig wird Umzug gespielt – Möbelstücke werden von einer Ecke in die andere transportiert, rastlos wird umgeräumt. Auf dem Spielplatz werden Sand und Matsch verladen und ins Haus gekarrt . . .
VERBINDEN (connecting) : Viele Kinder durchlaufen eine Phase, in der sie im Spiel mit Formen des Verbindens experimentieren. Sie kleben Türklinken aneinander, sie suchen nach Elementen, die man zu einem Ganzen zusammenfügen kann . . . Sie interessieren sich für die Mechanik von Verschlüssen . . . (Ende Zitat)
Die Autorin berichtet im letzten Buchteil über eine mutmachende Strategie aus England, in der Eltern aus sogenannten bildungsfernen Haushalten behutsam in solche Dinge eingeführt werden. Man zeigt ihnen, wie ihre Kinder im Alltag beim normalen Hantieren mit allerlei Dingen ständig (als ForscherInnen) dabei sind, ihre Umwelt und ihre Fähigkeiten zu erkunden. Sie lernen, sich mit anderen Eltern auszutauschen, und bald beginnen sie, die jeweiligen LERNFENSTER ihrer Kinder zu erkennen, und können sie unterstützen ; vor allem, indem sie nicht gerade jene (sich oft endlos wiederholenden) Tätigkeiten unterbinden, die für die Kinder so wichtig sind, daß sie sie freiwillig ausführen wollen!
Im Laufe der Zeit können die Eltern den Kindergarten-Betreuern Tips geben, welches Lernfenster sich gerade geöffnet hat (weil sie ihre Kinder ja intensiver beobachten können), und der Kindergarten schafft Möglichkeiten, daß das Kind die jeweilige Aktivität auch hier ausführen kann und darf (z. B.: durch „Herumliegenlassen“ von Bindfäden, wenn Kinder gerade eine „Einschnür-Phase“ durchlaufen).
Mit dieser Strategie will man beileibe nicht nur den Kindern helfen! Viele dieser Eltern hatten selbst so gut wie keine Möglichkeiten, ihre natürliche Entwicklung gesund zu durchlaufen, viele sind SchulversagerInnen gewesen. Indem sie nun aktiv helfen können, die Entwicklung ihrer eigenen Kinder zu fördern (vor allem zuzulassen), werden viele selbst wieder neugierig , besuchen Abendkurse (die von denselben Organisationen angeboten werden).
So kämpft man gegen den wachsenden Analphabetismus , der auch bei uns immer mehr um sich greift. Im Jahre 2004 gab die deutsche Regierung bereits 4 Millionen sogenannte funktionale Analphabeten zu (10 Jahre zuvor war es nur 1 Million gewesen!). 3)
Jedenfalls steht einerseits zwar fest, daß Kinder gewisse LERNFENSTER durchlaufen, aber nicht alle müssen bei allen Kindern in
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