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Jungs sind keine Hamster

Jungs sind keine Hamster

Titel: Jungs sind keine Hamster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmeißer
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oder so, ihr Signal war klar: Lass mich in Ruhe.
    Und das tat ich auch. In der großen Pause blieb ich allein. Auch Marvin fand es wohl spannender, mit Sven und Justin Faxen zu machen als mit mir Trauerkloß abzuhängen.
    Nach Bio stand Sport an. Und da eh niemand mit mir reden wollte, setzte ich mich frühzeitig zur Turnhalle ab und hockte mich auf das Geländer des Sportplatzes. Ein paar Jogger rannten an mir vorbei und schwitzten ihre teuren Hightech-Sportklamotten voll. Manche hatten einen Kopfhörer auf und andere schauten ständig auf ihre Pulsuhr. Alles muss ja heutzutage perfekt sein. Sogar der Herzschlag. Ich saß einfach nur da und wünschte mir, dass sich einer der Jogger direkt vor mir auf die Nase legte.
    Nach einer deprimierenden Sportstunde, in der unser Lehrer uns mit Volleyball gequält und ich demonstrativ Jutta in meine Mannschaft gewählt hatte, weil Lore mich immer noch ignorierte, humpelte ich in die Umkleidekabine. Die Krise zwischen Lore und mir war längst zum Gesprächsstoff der Klasse geworden. Wie immer ließ ich den anderen Mädels den Vortritt, bevor ich selbst unter die Dusche schlüpfte.
    Ich hatte mich gerade eingeseift, als ich etwas hörte. Schritte.
    „Hallo?“, rief ich. Keine Antwort. Aber jemand war in der Umkleidekabine zugange. Ich hörte, wie Sachen zusammengerafft wurden und jemand kicherte. Ich stellte das Wasser ab, wickelte mich in mein Handtuch und sah nach. Mich traf fast der Schlag. Sven und Justin! Justin hielt meine Klamotten in der Hand, während Sven ein Foto von mir schoss.
    „Das ist dafür, dass du fiese Hexe dich an Marvin rangeschmissen hast!“
    Ich stürzte los und versuchte, mir meine Kleidung zurückzuholen, aber es gelang mir nicht. Ich hatte nur eine Hand frei, weil ich mit der anderen mein Handtuch festhalten musste.
    „Gib meine Sachen wieder!“
    „Vergiss es!“, antwortete Justin lachend.
    „Das ist eine Warnung“, zischte Sven. „Wenn du Marvin auch nur noch einmal ansiehst, war das erst der Anfang. Hast du verstanden?“
    „Verpisst euch!“, schrie ich und heulte gleichzeitig.
    Sven und Justin liefen mit meinen Klamotten unter dem Arm aus der Kabine. Ich sackte auf den Boden. Was sollte ich tun? Nur im Handtuch bekleidet zur Schule gehen oder nach Hause? Das war doch Wahnsinn. Ich sah mich in der Kabine um, durchsuchte sämtliche Spinde, um etwas zum Anziehen zu finden. Es war nichts da. Das Shampoo lief mir in die Augen und brannte. Ich musste mich abduschen.
    Meine Tränen vermischten sich mit dem warmen Wasser, bevor sie kreiselnd im Ausguss verschwanden. Ich hockte im warmen Regen der Dusche und zitterte vor Wut und Scham. Ich wollte nicht mehr aufstehen. Nie mehr. Ich würde die Schule wechseln. Wegziehen oder sonst was.
    „Hallo?“, hörte ich eine Stimme. „Hannah?“ Das war Jette. Ausgerechnet Jette. Ich schniefte, rieb mir übers Gesicht und stand auf.
    „Was willst du?“, rief ich zurück. Ich wollte nicht, dass Jette sah, wie schwach und klein ich mich fühlte.
    Sie steckte ihren Kopf durch die Tür.
    „Alles in Ordnung bei dir?“
    „Klar. Was soll schon sein? Alles ist in Ordnung“, sagte ich und meine Stimme zitterte.
    „Ich hab hier was für dich.“ Jette reichte mir meine Klamotten in die Dusche. Ich traute meinen Augen kaum.
    „Die habe ich den beiden Idioten draußen vor der Tür abgenommen. Ich hab gleich gesehen, dass das deine sind.“ Jette grinste. „Dein Geschmack ist ja, sagen wir mal, einmalig.“ Wieder huschte ihr ein Lächeln übers Gesicht.
    „Und die haben die dir einfach so gegeben?“, fragte ich ungläubig.
    „Wenn ein Mädchen wie ich ein Machtwort spricht, sind solche Flitzpiepen im Nu so klein mit Hut“, erklärte Jette bescheiden wie immer. Dann gab sie mir mein Handtuch.
    „Das Handy hast du Sven nicht zufällig auch noch abgenommen?“
    „Wieso sollte ich?“, fragte Jette.
    Ich dachte einen Moment darüber nach, ob es klug war, mich ihr zu offenbaren. Nachher lachte sie mich noch aus. Das würde ich nicht überstehen.
    „Sven hat ein Foto von mir gemacht.“
    „Nackt?“, schrie Jette entsetzt auf.
    „Nee. Im Handtuch.“
    „Schlimm genug! Los, zieh dich an. Die können sich auf was gefasst machen!“ Ihr engelsgleiches Gesicht war vor Abscheu verzerrt.
    „Das hat keinen Sinn. Die haben doch das Foto.“ Ich fühlte mich klein. So winzig, unbedeutend und schwach wie noch nie in meinem Leben.
    „Oooh, nicht mehr lange, Hannah. Wenn ich mit denen fertig bin, werden sie froh

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