Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
Mathearbeit übermorgen zu lernen«, sagte Jakob sehr sachlich. »Damit du keinen blauen Brief bekommst.«
Ich strahlte ihn an. »Das ist wirklich lieb von dir.« Es war so wunderbar, dass er wieder mit mir sprach, dass ich es nicht wagte, ihn auf die letzten Tage anzusprechen.
Er verlor auch kein einziges Wort darüber. Stattdessen lernten wir wirklich Mathe. Und ich verstand zum ersten Mal, was ein kongruentes Dreieck war. Und dass die Basiswinkel in einem gleichschenkligen Dreieck gleich groß sind. Eigentlich war das alles gar nicht so schwer, wie ich immer gedacht hatte. Ich gebe es ungern zu, aber es machte sogar richtig Spaß.
»Ich glaube, jetzt hast du den Bogen raus«, sagte Jakob. »Aber sicherheitshalber komme ich morgen noch mal wieder.«
»Ja, mach das«, sagte ich und strahlte.
An der Tür drehte Jakob sich noch einmal um und nahm etwas aus seiner Hosentasche.
»Ach ja, das hätte ich fast vergessen. Ich hab noch was für dich.« Er warf mir einen kleinen, in Geschenkpapier verpackten Gegenstand zu und verschwand. Ich wartete, bis ich unten die Haustür zuschlagen hörte, dann wickelte ich das Papier ab. Als ich sah, was drin war, machte mein Herz einen freudigen Hüpfer. Es war der Meteorit, Jakobs Glücksstein. Und irgendwie funktionierte es. Als ich einschlief, war ich richtig glücklich.
Bei der Mathearbeit am Donnerstag lief alles wie am Schnürchen. Ich machte es genau so, wie Jakob es mir erklärt hatte, und eine Aufgabe nach der anderen löste sich in Wohlgefallen auf. Das Gürteltier staunte nicht schlecht, als es mir über die Schulter schaute.
»Das sieht aber ganz so aus, als hätten sich deine Nachhilfestunden bezahlt gemacht«, sagte sie und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. »Ich wusste doch, dass du ein kluges Mädchen bist. Du brauchtest nur ein bisschen Hilfe.«
»Ab jetzt kann ich mir die Nachhilfestunden sparen«, sagte ich. Ich platzte beinahe vor Stolz. Irgendwie war es schon cool, zur Abwechslung mal nicht mit rauchendem Schädel vor einer Mathearbeit zu sitzen.
Als ich abgab, wusste ich, dass ich mindestens eine Zwei geschafft hatte.
»Das ist der Glücksstein«, sagte Jakob in der Pause auf dem Schulhof.
»Nein«, sagte ich. »Das ist deinetwegen.« Ich wurde ein bisschen rot und beeilte mich hinzuzusetzen: »Ich meine, weil du mit mir gelernt hast.«
»Ich sagte ja, dieser Nachhilfelehrer muss eine Niete sein«, sagte Jakob. »Er hat es dir einfach nicht richtig erklärt. Du bist nämlich wirklich nicht dumm.«
»Danke«, sagte ich und sah zu Konstantin hinüber. »Er ist wirklich eine Niete.«
In diesem Augenblick lächelte Konstantin mich an. Hallo? Was war denn mit dem los? Jetzt kam er doch tatsächlich genau auf uns zu. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht.
»Hey, Sissi«, sagte er immer noch lächelnd. »Nachhilfe heute Nachmittag um drei wie immer?«
Ich starrte ihn perplex an. Sollte ich etwa auf einmal die richtigen Signale senden? Tja, egal, jetzt war es zu spät.
»Nein, Konstantin«, sagte ich. »Ich habe einen besseren Nachhilfelehrer gefunden, tut mir leid. Und... Konstantin? Falls ich dir falsche Signale geschickt habe, tut es mir auch leid. Es war wirklich nicht meine Absicht.«
Konstantin machte ein ziemlich belämmertes Gesicht. Jakob konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, das sah ich genau. Ich tastete nach dem Glücksstein in meiner Tasche und fand das Leben wunderbar. Ja, wirklich, wirklich wunderbar. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass das mit dem Meteoriteneinschlag niemals passieren würde.
Und noch etwas konnte ich tun: meinen selbst geschriebenen Song für Jakob umdichten. Das war eigentlich ganz einfach. Ich dichtete auch noch eine weitere Strophe dazu, diesmal über das Ende der Welt:
Ich will mit dir erleben das letzte große Beben. Ich will mit dir entschweben in ein ganz neues Leben. Grüne Augen find ich schön, an blau’n hab ich mich überseh’n.
Das umgedichtete Lied schrieb ich im Chemieunterricht bei der Klemperer auf ein Ringbuchblatt, faltete es klein und stieß Valerie in die Seite.
»Weitergeben, für Jakob!«
Mein Brief wanderte durch die ganze Klasse, und er war gerade bei Meinrad, als die Klemperer vorschoss wie ein Habicht und Meinrad, diesem Lahmarsch, das Blatt aus der Hand riss.
»Was ist das?«, fragte sie spuckend.
»Von Sissi für Jakob«, sagte Meinrad brav.
Jakob drehte sich zu mir um und hob fragend die Augenbrauen. Ich zuckte nur mit den Schultern. So eine verdammte Sch. .
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