Jupiter
ihre Zähne in seiner Haut, alle Mitglieder sandten Signale von Schmerz und Furcht, während die wachsende Sogwirkung der mächtigen Strömungen Leviathan näher zur unfreiwilligen Auflösung trug.
Jetzt! Leviathan änderte plötzlich den Kurs und schwamm parallel zu den Strömungswirbeln des Sturms, durchstieß das Netz der Reißer, die ihn umringten. Sie waren dem von Blitzen durchzuckten Sturm zu nahe, um den Strömungen zu widerstehen. Wie hilflose Nahrungsbrocken wurden sie in den Wirbel gesogen, einer nach dem anderen. Vergeblich kämpften sie gegen die überwältigende Sturmesgewalt. Ihr Todesgeheul gellte, als sie in den saugenden Trichter des Wirbels gerissen wurden.
Auch Leviathan kämpfte, strengte sich mächtig an, um an der Sturmfront vorbeizukommen und sich in Spiralen allmählich vom Sog des Wirbels zu befreien.
Als er endlich außer Gefahr war, fühlte Leviathan sich erschöpft, ausgelaugt – und hungrig. Aber hier gab es keine Nahrung; auf dieser Seite des Sturms war die See leer. Nur allmählich erkannte er, dass die Strömungen und die Flucht ihn weit von seinen gewohnten Weidegründen entfernt hatten, in eine Region des allumfassenden Ozeans, die er noch nie aufgesucht hatte.
Er sandte einen Ruf zu den anderen seiner Art aus. Es kam keine Antwort. Allein, geschwächt und blutend, begann Leviathan nach Nahrung zu suchen, angetrieben von der verzweifelten Hoffnung, genug Kräfte zu sammeln, um sich weiter von dem Sturm zu entfernen und vielleicht den Weg zurück zu den vertrauten Weidegründen der Sippe zu finden.
9. SHEENAS HERRENBESUCH
Grant dachte daran, seinen neuen Auftrag vor den anderen zu verbergen, wusste aber, dass es unmöglich sein würde. Die Station war zu klein, um solche Geheimnisse zu wahren. Nur der mächtige Wo konnte mit der Undurchschaubarkeit des Ostens und der Macht des Direktors etwas vor dem Personal geheim halten.
Daher war er nicht überrascht, als Karlstad ihn schon am ersten Abend nach Wos Ankündigung seiner neuen Pflichten beim Essen aufzog.
»Wie ich höre, hat Sheena jetzt öfter Herrenbesuch«, sagte der Biophysiker geheimnisvoll, während er Suppe löffelte. Er schien sich von dem chirurgischen Eingriff gut erholt zu haben und hatte seine alte sarkastische Art wiedergefunden.
Ursula Neumann warf Grant einen Blick zu und sagte: »Tatsächlich?«
»Wer könnte das sein?«, fragte Irene Pascal, sofort bereit, in das Spiel einzusteigen. Die Neurophysiologin war eine kleine brünette Frau, die über ihren Leggings stets kurze, geblümte, ärmellose Kleider trug. Gewöhnlich war sie still und in sich gekehrt, aber jetzt zwinkerten ihre nussbraunen Augen schelmisch.
»Ich bin es«, gab Grant zu. Er wünschte, dass Muzorawa oder O’Hara am Tisch wären. Sie würden diesem Unsinn bald ein Ende machen, dachte er.
»Das hörte ich«, sagte Karlstad mit breitem Grinsen. »Wie ich erfuhr, brachten Sie ihr gestern Abend Blumen und Süßigkeiten.«
»Es war Dr. Wos Idee«, wehrte sich Grant.
»Blumen und Süßigkeiten?«, fragte Pascal ungläubig.
»Haben Sie sie schon geküsst?«, fragte Neumann.
»Es ist gut, dass Grant nicht katholisch ist«, sagte Karlstad ganz ernsthaft.
Pascal spielte den Stichwortgeber. »Warum sagen Sie das?«
Karlstad breitete die Hände aus. »Ist doch klar. Wenn Grant katholisch wäre, dann müssten auch alle Sprösslinge, die sie hervorbringen, katholisch getauft und aufgezogen werden.«
Die beiden Frauen prusteten, und Karlstad lachte schallend über seinen eigenen Witz. Grant nahm ihn in gutmütigem Schweigen hin, zwang sich zu einem Lächeln auf eigene Kosten und dachte bei sich, dass er solche Witzeleien nicht mehr gehört hatte, seit er Raoul Tavalera an Bord des alten Frachters Lebewohl gesagt hatte.
Sie witzelten über das richtige Verhalten bei Rendezvous und machten während des ganzen Essens sexuelle Anspielungen. Endlich aber schien das Thema erschöpft, und als sie Obst und Eiskrem aus Sojamilch zum Nachtisch aßen, dachte Grant, sie wären damit fertig.
Dann fragte Pascal ganz ernsthaft: »Glauben Sie, dass Sie Sheena dazu bringen können, sich einer Computertomographie zu unterziehen?«
Grant sah überrascht auf. »Sie meinen, von ihrem Gehirn?«
»Im Prinzip ja, aber wir brauchen es noch detaillierter«, sagte Pascal. »Wir haben die Ausrüstung in unserem Labor, aber als wir letztes Mal versuchten, sie hineinzubringen, wehrte sie sich mit Händen und Füßen.« Ihre Stimme war ein warmer Alt, der angenehm im Ohr
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