Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
ist, worum es geht, belehrt KK Findig Achmed Ökur über sein Aussageverweigerungsrecht: «Es steht Ihnen frei, sich zu der Anschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.»
Der Beschuldigte hat immer ein Aussageverweigerungsrecht – bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und bei Gericht. Niemand muss sich an seiner eigenen Strafverfolgung beteiligen. Dieses Recht folgt aus dem Recht auf Menschenwürde (Artikel 1 GG). Der Beschuldigte kann schweigen. Der Beschuldigte kann auch lügen, wenn er es für richtig hält. Er darf nur nicht andere der Tat verdächtigen: «Nicht ich hab’s gemacht, sondern der Rolf Sonntag.» Das wäre eine falsche Verdächtigung (§ 164 StGB).
KK Findig belehrt Achmed Ökur auch noch darüber, dass er einen Rechtsanwalt seiner Wahl anrufen kann.
Der Beschuldigte soll der Polizei nicht hilflos ausgeliefert sein. Daher hat er das Recht, vor seiner Vernehmung einen Rechtsanwalt anzurufen und ihn zu bitten, zu ihm auf das Polizeipräsidium zu kommen. Jetzt hat nicht jeder einen Rechtsanwalt für den Fall, dass es zu einer polizeilichen Vernehmung kommt. Für solche Fälle hat die Polizei eine Liste von Rechtsanwälten, die bei Bedarf kommen. Findet eine polizeiliche Vernehmung in derNacht statt, ist es natürlich schwieriger, einen Rechtsanwalt zu erreichen. In manchen Städten gibt es daher einen Anwalt-Notdienst.
Achmed Ökur bittet, seine Rechtsanwältin Dr. Natascha Hilfreich anrufen zu dürfen. Dr. Hilfreich kommt eine halbe Stunde später auf das Präsidium zu Achmed Ökur. Beide unterhalten sich zunächst allein, so dass sich Dr. Hilfreich einen Überblick über die Situation machen kann. Achmed Ökur sagt zu seiner Rechtsanwältin: «Ich war so wütend, weil der mich so blöd angeguckt hat, da hab ich mir die Gabel genommen und rumms.» Dr. Hilfreich rät Achmed Ökur, zunächst die Aussage zu verweigern, damit beide in Ruhe über das Geschehene nachdenken können. Nachdem Achmed Ökur alles Wichtige mit seiner Rechtsanwältin besprochen hat, betritt KK Findig wieder das Dienstzimmer und möchte mit der Vernehmung beginnen. Doch Achmed Ökur erklärt: «Ich verweigere die Aussage.» «Das ist Ihr gutes Recht», erwidert KK Findig.
Bekommt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsergebnisse der Polizei auf den Tisch, entscheidet sie, ob die Ermittlungen abgeschlossen sind. Ist sie der Meinung, dass eine Verurteilung vor Gericht wahrscheinlicher ist als ein Freispruch, erhebt sie Anklage vor Gericht. Ist sie nicht dieser Meinung, stellt sie das Verfahren ein. Das wird sie hier bei der Fahrerflucht tun. Die Polizei hat nicht herausgefunden, wer das Auto beschädigt hat und anschließend weggefahren ist. Also gibt es auch niemanden, den man anklagen könnte. Das Verfahren «gegen Unbekannt» wird eingestellt. Anders ist es bei der Körperverletzung. Hier erhebt die Staatsanwaltschaft gegen Achmed Ökur Anklage auf Körperverletzung.
Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht
- 4 Js 133/10 –
An das Amtsgericht
- Strafrichter -
Friedlingen
Anklageschrift
Der Pizzabäcker Achmed Ökur,
geboren am 5.5.1960 in Ulm,
wohnhaft Rechbergweg 13, 33250 Friedlingen,
türkischer Staatsangehöriger, verheiratet
wird angeklagt
am 1.8.2012 gegen 1.15 Uhr im Nachtclub «Tanztempel», Ludwigsallee 23 in Friedlingen, einen Menschen mittels eines gefährlichen Werkzeugs an der Gesundheit beschädigt zu haben.
Der Angeschuldigte hat dem Gast Heiner Breit eine Gabel in den Bauch gerammt, so dass dieser eine blutende Wunde, die medizinisch versorgt werden musste, davontrug.
Vergehen, strafbar gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Ziffer 2 StGB.
Beweismittel:
I. Einlassung des Angeschuldigten
II. Zeugen: Heiner Breit, Bergerstraße 12, 33250 Friedlingen
III. Urkunden: Ärztliches Attest Dr. med. Christian Bayerhuber vom 1.8.2012
Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen:
Am 1.8.2012 hat der Angeschuldigte gegen 1.15 Uhr dem Gast Heiner Breit nach einem kurzen Streit eine Gabel in den Bauch gerammt. Die 2 cm lange Wunde wurde am gleichen Tag medizinisch versorgt und war nach drei Wochen abgeheilt.
Es wird beantragt, das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Friedlingen zu eröffnen.
Clausthaler, Staatsanwältin
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft kommt jetzt auf den Tisch eines Richters, eines Strafrichters beim Amtsgericht. Glaubt auch der Richter, dass «an der Sache was dran ist», lädt er den Angeklagten zur Hauptverhandlung. Nicht selten erscheint der Angeklagte in Begleitung eines
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