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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mortimer M. Müller
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ging vor dem Notantrieb in die Hocke. „Was wäre Kitzbühel ohne Streif?!“
    „Fast so schlimm wie ein Fernsehabend ohne Bier.“
    Benjamin wandte sich um und warf Natascha einen entsetzten Blick zu. „Ich bin empört“, sagte er. „Mich so früh am Morgen mit dieser Horrorvorstellung zu konfrontieren!“
    „Ach komm schon“, erwiderte sie und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Nase. „Du weißt doch: Wenn dir das Bier ausgeht, schau einfach bei mir vorbei.“
    Sie lächelten beide.
    Himmel
, dachte Benjamin.
Wenn ich im Sommer geahnt hätte, welches Klasseweib das Personalbüro als meine Stellvertretung einstellt, hätte ich meinem Waschbärbauch den Kampf angesagt
. Natascha war Mitte zwanzig und damit mehr als fünfzehn Jahre jünger. Sie stammte aus Finnland, war in Österreich aufgewachsen und besaß einen Körper, auf den jedes Topmodel neidisch gewesen wäre. Dazu diese satten, blaugrünen Augen, die wie ein stiller Bergsee funkelten. Trotz ihrer gegenseitigen Sympathie hatte er noch keinen Vorstoß gewagt, und es war bei gelegentlichen Flirts geblieben. Aber das würde sich ändern.
Bei nächster Gelegenheit frage ich sie, ob wir etwas trinken gehen
, schwor er sich zum wiederholten Mal.
    „Was ist jetzt mit dem Notantrieb?“, erkundigte sich Natascha und zwinkerte ihm belustigt zu.
    Benjamin wurde bewusst, dass er Natascha seit geraumer Zeit mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht anstarrte.
Verdammt
, schimpfte er in Gedanken, senkte hastig den Blick und wandte sich um.
Ich benehme mich wie ein Trottel! Wahrscheinlich bin ich ihr sowieso zu alt
. „Tja, es springt nicht an“, entgegnete er mit betont gelassener Stimme. „Stromversorgung ist vorhanden, der Öldruck passt auch, und die Anzeigen sind alle im Normbereich. Könnte an der Startautomatik liegen, die war schon mal defekt. Am besten wir melden es der Technik, die soll sich das ansehen.“
    „Geht klar. Wie lange hast du heute Dienst?“
    „Normale Schicht. Also bis siebzehn Uhr.“
    „Okay, ich auch. Mal sehen, ob ich den Abend wieder gelangweilt vor der Glotze verbringe.“
    Jetzt
, sagte eine eindringliche Stimme in Benjamins Kopf.
Frag sie, ob sie mit dir ausgeht!
„Ähm“, begann er und musste sich zusammenreißen, um nicht wie ein schüchterner Schuljunge auf seine Füße zu starren. „Solange du genug Bier daheim hast.“
    Mist. Benjamin, du feige Sau!
    Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf Nataschas Lippen. Nur schien es keine rechte Freude zu transportieren. „Ja“, sagte sie. „Das habe ich. Ohne Bier wäre der Abend noch einsamer.“

Kanada, Québec, Percé
Mittwoch, 3. Januar, 09:30 Uhr Lokalzeit
    Henry Duvall starrte auf das Meer hinaus. Tiefe, dunkle Wolkenfetzen fegten über den Himmel, scharf kontrastiert von den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Der Sankt-Lorenz-Golf wirkte unruhig, eine nachtblaue, zerfurchte Fläche aus Tälern und Bergen mit einzelnen, sturmgepeitschten Schaumkronen. Der Rocher Percé, ein monströser Kalksteinfelsen, der nur bei Ebbe zu Fuß erreichbar war, erhob sich vor der Küste wie ein gigantisches, gestrandetes Raumschiff; unbeteiligt und starr inmitten des wirbelnden Chaos aus Wasser und Luft.
    Henry hatte erst vor einer Stunde mit seiner Tante in Gaspé telefoniert, kaum fünfzig Kilometer entfernt. Dort war es zehn Grad kälter, und seit mehr als zwei Wochen fiel wieder Schnee. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die barokline Zone weiter nach Süden vordrang und auch in Percé die Temperaturen zu fallen begannen.
    Dennoch war der kommende Wetterumschwung harmlos gegen die Kräfte, die momentan über seinem Kopf werkten und die an einer ganz anderen Stelle ihre volle Macht entfalten würden. Henry hatte ein gutes Gefühl fürs Wetter. Oft ahnte er Tage im Voraus, wenn ein markantes Wetterereignis bevorstand. Manche behaupteten sogar, er wäre ein auf der Erde gestrandeter Wettergott – oder zumindest ein Mensch, der einen besonders guten Draht in die Welt der atmosphärischen Geistwesen besaß. Vielleicht lag es an seinen indianischen Vorfahren, vielleicht an seiner Zeit als ehrenamtlicher Wetterbeobachter. Jedenfalls ging kaum eine seiner Prognosen daneben, seine Trefferquote war sogar höher als die des örtlichen Wetterdienstes.
    Henry fuhr sich mit der Hand durch die langen, dunklen Haare und schloss für einen Moment die Augen. Diesmal sah es übel aus, wirklich übel. Die Farbe und die Zugrichtung der Wolken, der mächtige Höhenwind und die extremen

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