Das Tor nach Andoran (German Edition)
Kapitel 2
Prolog
Aufgeregtes und geschäftiges Treiben herrschten in Elveen, einem kleinen Dorf im Wolfstal an den Ufern des Duna. Dieser noch junge Fluss entsprang in den dicht bewaldeten Hügeln, die dem Varan Gebirge vorgelagert waren.
Fest eingehüllt in seinen abgewetzten löchrigen Umhang, saß der alte Mann im Schatten der Veranda seines Hauses. Mit wachen Augen blickte zu dem weitläufigen Dorfplatz hinüber. Dort war die Männer und Frauen eifrig mit den Vorbereitungen für das Fest heute Abend beschäftigt.
Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt seit Stunden überschritten und näherte sich unaufhaltsam dem Westen. Jetzt am späten Nachmittag strömten die Bauern aus den umliegenden Höfen herbei. Es galt einen der Höhepunkte im Jahr, mit den Bewohnern des Dorfes zu feiern. Heute würdigten alle nach althergebrachten Brauch Mittsommer, den längsten Tag und die kürzeste Nacht.
Jeder Einwohner, vom kleinen Jungen bis hin zu den Alten war damit beschäftigt, die dazu notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Jedermann wollte sein Bestes zum Gelingen des Festes beitragen. Die Männer stellten lange Tische auf, worauf die Frauen und Mädchen die leckersten Speisen, Kuchen und Leckereien abstellten. Seit dem frühen Morgen standen sie an ihren Öfen, wo sie fleißig arbeiteten.
An anderen Tagen im Jahr diente der Ortskern als Marktplatz, doch heute gehörte er den Feiernden. Einige Halbwüchsige waren damit beschäftigt in der Mitte des weitläufigen Dorfplatzes, einen gewaltigen Holzstapel zu errichten. Der sollte bei Einbruch der Dunkelheit, begleitet vom lauten Jubel der Anwesenden in Flammen aufgehen. Andere wiederum befeuchteten die mit Holzschindeln gedeckten Dächer der umliegenden Häuser mit Wasser aus dem nahen Fluss. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, schließlich wollte man ein Fest feiern und nicht das ganze Dorf anzünden. Zudem stellte man gefüllte Eimer bereit, um für alle Fälle gewappnet zu sein.
Seit dem frühen Vormittag drehten sich die Spieße mit Schweinen, Schafen oder Ziegen. Ihr verlockender Duft zog durch das ganze Dorf. Er stieg hinauf bis in die Nase des alten Mannes und ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Wie jedes Jahr drehten die jüngeren Kinder unter den Augen von Levin die eisernen Stangen, an denen die Braten befestigt waren. Levin, ein Bär von einem Mann bekleidete das Amt des Dorfvorstehers und seinen Anweisungen leistete man respektvoll Gehorsam.
Die Sonne senkte sich langsam dem Horizont zu und die ersten kleineren Feuer und Fackeln wurden von den Dorfbewohnern entzündet.
Der wache Blick von Julian, wie ihn die Dorfbewohner nannten, wandte sich von dem geschäftigen Treiben auf dem Dorfplatz ab. Er wanderte nach Norden zu den sanft ansteigenden Hügeln. Hinter ihnen erhob sich das mächtige Massiv des Varan-Gebirges, mit seinen das ganze Jahr über mit Schnee bedeckten Gipfeln. Dort in den Hügeln begann die Geschichte, die er heute Abend seinen Zuhörern anlässlich des Festes erzählen wollte.
Julian musste lange mit sich ringen, den Einwohnern die Geschichte, die er als junger Bursche erlebte, zu erzählen. Am Ende siegte aber doch das Gefühl, mit der Vergangenheit Frieden zu schließen. Lange Zeit galt Julian Dorf als Eigenbrötler, als er sich vor vielen Jahren in Elveen niederließ. Die Einwohner mieden ihn, weil sie nicht wussten, was sie von dem Sonderling halten sollten.
Erst im Laufe der Zeit gelang es ihm den Schmerz hinter sich zu lassen, und nach vorne zu schauen. Mit einem leisen Ächzen erhob sich der alte Mann, mit seinem langen bis auf die Brust herabfallenden weißen Bart.
Seine schneeweißen Haare, die langsam dünner wurden, reichten ihm bis auf die Schultern herab. Auf seinem am oberen Ende gebogenen Stab gestützt ging Julian in das Haus zurück.
Vor der langen Truhe, die unter dem Fenster neben dem Eingang in einer Ecke stand, blieb er stehen. Mit dem am Ende gebogenen Stab fischte er sich einen der Hocker heran und ließ sich darauf nieder. Es bereitete ihm einige Mühen den schweren Deckel der Kiste anzuheben, doch als den Inhalt erblickte, fingen seine Augen zu glänzen an.
Mit einem Seufzer rückte er den Hocker näher an die Kiste, damit er besser deren Inhalt betrachten konnte. Nachdenklich strich Julian mit den vom Alter runzligen und fleckigen Händen über den oben liegenden verblichenen ausgewaschenen braunen Umhang.
Seine Rückenmuskeln strafften sich und mit einem Ruck setzte sich Julian gerade hin. Sein Blick
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