Käpt'n Ebbs Seebär und Salonlöwe
von uns, wenn man bedenkt», fuhr Mrs. Porteous fort, «daß wir zu Beginn der Reise mehr oder weniger um Sie gelost haben.» Sie seufzte. «Und sie hat gewonnen. Na ja! Wahrscheinlich ist meine Technik nicht die richtige gewesen. Aber ich trag ihr nichts nach. »
«Das freut mich zu hören», versetzte Ebbs gemessen.
«Schließlich braucht sie um so vieles dringender einen Mann als ich. Sie wird achtunddreißig -»
«Zweiunddreißig. Das hat sie mir selbst gesagt.»
«So? Dann wissen Sie natürlich auch, wie lange sie schon verwitwet ist?»
«Seit zwei Jahren. Auch dies teilte sie mir mit.»
Mrs. Porteous lachte nachsichtig. «Ach, mein Lieber, das stimmt nicht! Zwei Monate kommen der Wahrheit näher. Ihr Gatte hat das arme Ding vollkommen mittellos zurückgelassen. Ist an Trunksucht gestorben, wissen Sie - haben Sie schon Näheres darüber gehört? Die gewisse Seereise der Witwe...» Mrs. Porteous lächelte. «Der älteste Lockvogel der Welt, mein Lieber. Natürlich wußten wir, daß Sie nicht wirklich verheiratet sind. Der Brigadier hat uns stets beim Frühstück eine Menge über Sie erzählt. Doch Sie werden sicher sehr, sehr glücklich werden», schloß sie strahlend. «Da kommt mein Mann. Leben Sie wohl, Kapitän. Und tausend Dank für eine - unvergeßliche Reise.»
Ebbs blieb stirnrunzelnd beim Laufsteg stehen. Langsam schritt er dann auf seine Kabine zu. Er zog Burtweeds Fotografie heraus und starrte sie an. Natürlich war Mrs. Porteous ein äußerst unverläßliches Frauenzimmer, deren Worten man nie trauen sollte. Und doch, sie wußte um diese Dinge viel, viel besser Bescheid als er. Ihre weitläufigen Ansichten verdienten vielleicht, einigermaßen beachtet zu werden. Und Mrs. Judd hatte wohlbedacht so getan, als wäre sie seinem kleinen Schwindel aufgesessen. Er blieb achtern beim Rettungsboot Nr. 4 stehen. Nachdenklich schneuzte er sich. Rundherum erstreckten sich die Kräne, die Lagerhäuser, die Straßen, Felder, Berge des hartherzigen Landes. Gerade unter ihm ertönte lärmend die Pfeife eines Zuges, und die Magie der See war eine Sekunde lang machtlos.
Vielleicht faßte er wirklich einen zu raschen Entschluß? Sicherlich gab es nichts Trügerischeres als ein überstürztes Liebes werben an Bord.
Ein oder zwei Minuten dachte er tief nach. Dann aber blickte er zum erstenmal in seinem Leben vertrauensvoll in die Zukunft. Er beschloß, jetzt nicht weiterzureden. Schließlich hatte er auf der Fahrt nach Sydney noch genug Zeit, sich die Sache zu überlegen. So weit in seinen Betrachtungen fortgeschritten, dachte er mit einer erregenden neuen Anwandlung von Teufelei: Weiß man denn, was die Heimfahrt noch alles bringen kann?
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