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Kain

Kain

Titel: Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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Lilith ein, Du hast recht, ich wäre der Letzte, der das leugnen wollte, doch die Hauptschuld daran hatte Gott, der, den wir Herr nennen, Wenn du Abel nicht getötet hättest, wärst du nicht hier, lass uns egoistisch denken, das eine hat das andere nach sich gezogen, Ich habe durchlebt, was ich durchleben musste, meinen Bruder zu töten und mit dir im selben Bett zu liegen geht beides auf dasselbe zurück, Worauf, Darauf, dass wir in Gottes Hand sind oder in der Hand des Schicksals, was nur ein anderer Name für ihn ist, Und was beabsichtigst du nun zu tun, fragte Lilith, Das kommt darauf an, Worauf kommt es an, Falls ich irgendwann Herr meiner selbst werde, falls dieser unfreiwillige Wechsel von einer Zeit in die andere einmal aufhören sollte, dann will ich ein sogenanntes normales Leben führen wie alle anderen, Nicht wie jedermann, denn du wirst mich heiraten, unser Kind haben wir bereits, das hier ist unsere Stadt, und ich werde dir treu sein wie die Borke dem Baumstamm, zu dem sie gehört, Doch wenn es nicht dazu kommt, wenn mein Schicksal so bleibt, dann werde ich, wo immer ich mich befinde, dazu verurteilt sein, von einer Zeit in die nächste zu wechseln, wir, weder du noch ich, werden uns jemals des nächsten Tages sicher sein können, außerdem, Was außerdem, fragte Lilith, Ich spüre, dass das, was mir geschieht, etwas bedeuten, einen Sinn haben muss, ich spüre, dass ich nicht auf halbem Weg stehenbleiben darf, ohne herauszufinden, worum es geht, Das heißt, dass du nicht bleibst, dass du irgendwann in den nächsten Tagen weiterziehst, sagte Lilith, Ja, ich fürchte, so wird es sein, wenn ich dazu bestimmt bin, etwas Besonderes zu erleben, dann muss ich in Erfahrung bringen, was und warum, Dann lass uns die Zeit genießen, die uns bleibt, komm zu mir, sagte Lilith. Sie umarmten und küssten sich, eng umschlungen wälzten sie sich im Bett von einer Seite auf die andere, und als Kain sich über Lilith befand und Anstalten machte, in sie einzudringen, sagte sie, Das Mal auf deiner Stirn ist größer, Viel größer, fragte Kain, Nein, nicht viel, Manchmal denke ich, dass es wächst und wächst, bis es den ganzen Körper bedeckt und ich zu einem Schwarzen geworden bin, Das fehlte gerade noch, sagte Lilith und lachte laut auf, um gleich darauf wollüstig aufzustöhnen, als er mit einem Ruck tief in sie hineinstieß.
    Erst zwei Wochen waren vergangen, da verschwand Kain. Er hatte sich angewöhnt, ausgedehnte Spaziergänge in der Umgebung der Stadt zu unternehmen, nicht weil er, so wie damals, Sonne und frische Luft brauchte, Wohltaten der Natur, an denen es ihm in den letzten zehn Jahren wahrlich nicht gemangelt hatte, sondern um der bedrückenden Atmosphäre im Palast zu entfliehen, wo er, abgesehen von den Stunden im Bett mit Lilith, nichts anderes zu tun hatte, als hin und wieder ohne nennenswertes Ergebnis ein paar Sätze mit dem Unbekannten zu wechseln, der sein Sohn Henoch für ihn war.

11
     
    P lötzlich sah er sich durch das Tor einer Stadt schreiten, in der er noch nie gewesen war. Auf der Stelle dachte er daran, dass er keinen roten Heller bei sich hatte, und er sah auch keinerlei Möglichkeit, sich Geld zu beschaffen, da ihn hier kein Mensch kannte. Hätte er seinen Esel auf den Spaziergang mitgenommen, wäre das ökonomische Problem gelöst gewesen, denn bei einem Tier wie diesem hätte jeder Käufer zugegeben, dass es sein Gewicht in Gold wert war. Er fragte zwei Männer, die gerade vorbeikamen, nach dem Namen der Stadt, und der eine antwortete, Der Ort hier heißt das Land Uz. Der selbstverständliche Tonfall, ohne jede Spur von Gereiztheit, ermutigte Kain, noch eine Frage zu stellen, Und wo könnte ich eine Arbeit finden, wobei er hinzufügte, als müsste er sich rechtfertigen, Ich bin nämlich gerade erst hier angekommen und kennen niemanden. Die Männer musterten ihn von oben bis unten, fanden aber nichts, was auf einen Bettler oder Landstreicher schließen ließ, ihr Blick verweilte nur kurz bei dem Mal auf der Stirn, dann sagte der zweite Mann, Der reichste Grundbesitzer dieser Ländereien und des ganzen Orients heißt Hiob, bitte ihn, dass er dir Arbeit gibt, vielleicht hast du Glück, Wo finde ich ihn, fragte Kain, Komm mit, wir bringen dich hin, er hat so viele Dienstboten, da kommt es auf einen mehr oder weniger nicht an, Ist er so reich, Unermesslich reich, stell dir nur vor, was es bedeutet, siebentausend Schafe, dreitausend Kamele, fünfhundert Joch Rinder und fünfhundert Eselinnen

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