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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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unbekanntes Terrain. Wie ein Entdecker auf einem Schiff, der aufbricht, um unbekannte Welten zu finden, plane ich das Abenteuer, versuche ich, das Unbeherrschbare unter Kontrolle zu bringen. Einerseits fühle ich mich gefangen im eigenen Körper. Andererseits scheint es so zu sein, dass die Welt erst durch Körperung erlebbar ist: Welt, ich komme!

Vorboten einer fernen Sehnsucht
    Hohe Tannen rauschen draußen im Winterwind. Ich bin im warmen Drinnen und schaue aus dem geöffneten Fenster. Es ist Dezember. Der dunkelste Monat im Jahr. Es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Starr stehe ich am Fenster. Starr sehe ich hinaus.
    Mein Blick gilt einem Fußweg, der im fahlen, punktuellen Licht der Straßenlaternen liegt und steil einen Berghang hinaufführt. Von dort bin ich vor fast zwei Stunden hergekommen.
    Meine Ohren lauschen dem stillen Rauschen der hohen Tannen, deren Zweige da draußen im Winde wedeln. Das erinnert mich an die still gelegene Hütte des Alm-Öhi aus der Zeichentrickserie »Heidi«. Genauso wie in diesem Film rauschen die Tannen jetzt in der Einsamkeit, meiner empfundenen Einsamkeit.
    In meinem Gesicht beginnt es zu regnen. Ich war noch niemals im Leben so traurig wie jetzt. Es ist etwas passiert, das ich so noch nie vorher erfahren habe. Ich glaube, die Menschen nennen es Liebe, die verloren ging.
    Mein Gesicht regnet sich ein, erst ein paar Tropfen, dann gießt es kitzelnde Ströme auf der Haut. Dieses Gesichtswetter dauert mehrere Stunden, es regnet mal stärker, mal wieder schwächer. Ich bin nicht in der Lage, so wie sonst der Natur vor meinem Fenster einfach nur zuzuschauen, einfach die Stille des Augenblicks zu genießen. Stattdessen erkenntnisse ich, dass ich das erste Mal im Leben im Zusammenhang mit einem Menschen traurig bin. Und damit vor allem, dass ich mein Leben nicht einsam und allein verbringen will.
    Die latent in mir schlummernde Sehnsucht nach zweisamer Romantik ist erwacht. Noch nie fühlte ich mich so einsam. Allein sein, das kann ich immer wieder genießen, weil ich dann selbst bestimmen kann, was geschehen soll und was nicht. Aber einsam sein? Das will ich nicht. Diese Erkenntnis überkommt mich, wie die Morgenröte die Nacht ablöst.
    Die Liebe kam an mich nicht ran. Und ich kam nicht an die Liebe ran. Und wer weiß, ob das, was ich glaube unter Liebe nun verstehenzu können, auch das ist, was die geliebte Person darunter versteht. Am fernen Horizont der wüstenhaften Gegend, die mein aktuelles inneres Erleben beschreibt, zeichnet sich eine spitzgratige Silhouette scheinbar unüberwindlicher Berge ab. Meine Lebensstraße führt geradewegs darauf zu.
    Die Liebe, die ich entdeckte und noch bis vor wenigen Minuten sah, verschwand bei meiner Annäherung wie eine Fata Morgana. Vor mir liegen nichts als viele, viele Meilen Wüste. Vom grünen Land der Liebe ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Gar nichts. Ganz im Gegenteil.
    Die spitzgratigen Berge am Horizont verheißen himmelhohe Gebirge, also Gebiete eisiger Kälte, die zu überwinden sind, um in ein Land zu gelangen, in dem ich meine eigene Familie haben werde, in dem ich glücklich sein kann.
    Ich spüre, dass für mich der Weg zu so einer wahren Freundschaft und Liebesbeziehung unermesslich lang und unendlich schwer sein könnte. Einige meinen ja sogar, es gebe ihn für mich gar nicht. Warum? Was steht da bloß im Weg, das ich nicht sehen kann? Ich verstehe das nicht.
    Immer wieder ist es das versteckte Zwischenmenschliche, das alle Menschen um mich herum auf Anhieb verstehen, ich dagegen nicht. Und immer wieder frage ich mich, warum die Menschen Dinge wie Wegstrecken und Logik, die für mich auf Anhieb klar sind, nicht oder nur sehr mühsam begreifen.
    Wieder einmal fühle ich mich einsam – verlassen – abgeschoben – verstoßen. Was war geschehen? Wie konnte es dazu kommen?
    Ich war verliebt – ohne Gegenliebe.
    Jeden Dienstag und jeden Donnerstag tanzten wir zusammen. Ich kannte Gesa aus den Geologieseminaren und habe sie vor acht Monaten gefragt, ob sie Lust habe, mit mir zu tanzen. Sie stimmte zu, und so tanzten wir uns im Laufe der Monate zusammen. Ganz am Anfang wusste ich nicht, wann es dreiviertelte und wann es vierviertelte. Ich tanzte einfach irgendwie. Es dauerte lange, bis ich einigermaßen Taktgefühl bekam. Und es dauerte auch lange, bis ich es ertragen konnte, ganzkörperlich berührt zu werden. Aber ich schaffte es. Ich verordnete mir dieses Training genauso wie das Training in der

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