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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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Einleitung
    Liebe allein genügt nicht.
    Bruno Bettelheim
    A m schlimmsten ist die Überzeugung, dass es nie wieder aufhört. Man fühlt sich entsetzlich und kann einfach nicht glauben, dass es je wieder besser wird. Das empfinden die allermeisten Menschen so, die unter einer Depression leiden. Ihre sonstigen Symptome aber unterscheiden sich sehr. Depression, das klingt nach einer klar umrissenen Krankheit. Doch sie hat viele Gesichter, ihre Ursachen sind ebenso komplex und unterschiedlich wie ihr Verlauf und die Behandlung. Klassischerweise sind Depressive traurig, erschöpft, überfordert, können sich nicht konzentrieren und schlafen schlecht. Es gibt aber auch Menschen, die sehr aktiv sind und hauptsächlich unter Rückenschmerzen und dem diffusen Eindruck leiden, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Andere fühlen sich vollkommen leer, empfinden gar nichts mehr. Manche trifft die Depression aus heiterem Himmel, andere als Folge eines Herzinfarkts. Bei einigen schleicht sie sich über Jahre ein, weil die Belastungen des Lebens immer größer geworden sind.
    Die Depression ist eine Volkskrankheit. Die Zahl der Betroffenen nimmt rasant zu, momentan sind es etwa vier Millionen Deutsche. Und davon sind weit über die Hälfte Frauen! Warum das so ist, dafür gibt es vielfältige Gründe: Hormone, Armut oder typisch weibliche Eigenschaften wie ein übersteigertes Streben nach Harmonie. Doch erstaunlicherweise werden die Geschlechterunterschiede in den meisten populärwissenschaftlichen Publikationen kaum oder gar nicht erwähnt. Dabei ist ganz wichtig: Je besser Patientinnen und Behandler die Zusammenhänge verstehen, desto schneller und erfolgreicher können Frauen gesunden.
    Ich selbst bin eine unter Depressionen leidende Patientin. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie es ist, wenn man an seiner Trauer fast erstickt und der Alltag sich anfühlt wie ein Marathonlauf. Mehrere Psychotherapien, verschiedenste Medikamente, unzählige Aufenthalte in der Psychiatrie und eine schier übermenschliche Geduld waren nötig, bis ich meine Depressionen einigermaßen überwinden konnte.
    Am 30. März 2011 war ich noch so verzweifelt, dass ich eine Überdosis Tabletten nahm. Als ich wieder aufwachte, war ich enttäuscht, aber auch schockiert. Ich beschloss: Einen Anlauf nehme ich noch. Und zu meinem Erstaunen fand ich endlich den Weg hinaus aus dieser Krise und der Depression.
    Das Buch habe ich geschrieben, weil ich dazu beitragen möchte, dass andere Frauen leichter und schneller Hilfe finden als ich. Denn zu oft wird eine Depression nicht als solche erkannt. Da ich es als Betroffene und Journalistin verfasste, hat es zwei Ebenen. Der rote Faden ist die Erzählung meines Lebens mit der Depression, wie sie sich anfühlt, wie sie entstanden ist, wie ich sie mehr und mehr überwand, und was ich heute mache, klopft sie wieder bei mir an. Manchmal mag für den Leser einiges widersprüchlich erscheinen, aber auch das gehört mit zum Krankheitsbild. Dazwischen finden sich Sachkapitel zur Krankheit, Kästen und Interviews mit Experten, die besonders für Frauen wichtig sind. So beschreibe ich beispielsweise meine Kindheit, wie ich sie subjektiv erlebt habe, danach folgt ein Interview, in dem es um die objektiven Kriterien von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen geht. Weiterhin werden entscheidende Fragen beantwortet – zum Beispiel, ob Antidepressiva süchtig machen, wie eine Psychotherapie funktioniert oder ob jemand verrückt ist, wenn er in eine psychiatrische Klinik muss. Meine Tipps sollen aus dem Psychodschungel und der Krankheit weisen, sie sind eine Kombination aus eigenen Erfahrungen und umfassender Recherche: Ab wann ist man nicht nur schlecht drauf, sondern erkrankt? Wie lässt es sich vermeiden, dass man monatelang auf einen Therapieplatz warten muss? Wie wird man belastende Beziehungsmuster los? Mit einem Serviceteil zur Selbsthilfe schließt das Buch.
    Damit will ich nicht sagen, dass es bei Depressionen eine einfache Patentlösung gibt. Dafür ist die Krankheit eben in ihren Ursachen und ihrem Erscheinungsbild viel zu differenziert. Aber für die Betroffenen gilt: Eine Depression bedeutet meist, dass das Leben knüppelhart wird. Daher sollte man sich selbst grundsätzlich so behandeln, wie man sich gegenüber seiner besten Freundin oder seinem besten Freund verhalten würde: fürsorglich, Anteil nehmend,

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