Kalte Berechnung - Eine Rachegeschichte
stellen, kompromisslos und bestimmt, macht es mir schwer, Dir Deine Wünsche nicht zu erfüllen. Du weißt, was Du willst, scheinst so selbstsicher, bist dominant, fordernd. Ich weiß, es sollte mir Angst machen. Das tut es auch. Aber gleichzeitig weckt es das böse Mädchen in mir. Ja, ich will spielen: mit Dir! Wenn dazu optische Anpassungsfähigkeit gehört und mein nun knallrotes Haar Dein Fetisch ist, dann bin ich bereit, Dir zu geben, was Du brauchst. Damit ich bekomme, was ich will. Du hältst mich für formbar, für etwas naiv, doch meine Gedanken und Triebe haben nichts Kindliches mehr an sich.
Vorhin habe ich, ganz wie Du es von mir verlangt hast, mein Handy genommen und ein etwas unscharfes Bild von mir und meiner neuen Frisur vor einem Museumszug der Zschornewitzer Kleinbahn geschossen; mit der ehemaligen Grubenanschlussbahn, einer weiteren Attraktion für Touristen, konnte ich einen Teil der Reise zurücklegen, an deren Ende ich meine Unschuld verlieren soll. Ich habe Dir das Foto zugeschickt, als Beweis, dass ich tatsächlich auf dem Weg bin und vorher getan habe, was Du von mir gefordert hast. Die Bestätigung, dass ich Dich nicht versetze, dass ich gehorsam bin und Du Deine Drohungen nicht wahrmachen musst, mit denen Du glaubst, mich gefügig zu machen. Eine angespannte Zeit lang habe ich auf Deine Antwort gewartet, mich innerlich geduckt unter Deinem befürchtet kritischen Blick, bis endlich die erlösende Nachricht kam: Du findest mich wunderschön so, das Treffen wird stattfinden, Du wirst heute kommen. Ich weiß, Du hast kommen mit einem dreckigen Unterton geschrieben. Weil ich tue, was Du von mir verlangst, denkst Du nicht mehr mit Deinem Gehirn. Ich kenne Dich jetzt schon besser, als Du Dir vorstellen kannst.
Zwei
Mittlerweile stehe ich wartend in einer langsam vorwärts rückenden Schlange, deren flexible Wirbel aus menschlichen Körpern bestehen. Wie eine unsichtbare, aber dicke Haut liegt die mit Parfum, Rauch und Deo beschwerte Luft über diesem Lindwurm aus schwitzenden und viel zu eng beieinander Wartenden. Das alles stellt meine Geduld auf die Probe und schürt meine Nervosität. Nur schrittweise nähere ich mich dem Eingang. Dort angekommen zücke ich mein Ticket, passiere die Sicherheitskontrolle. Ich lasse eine stämmige Frau in Bomberjacke meine aufgepushten, durch den BH und das knappe Top fast schon schmerzhaft hochgedrückten Brüste abtatschen und halte einen Moment den Atem an, als ihre Hände nachlässig meine Stiefel abklopfen und in Richtung meines Schritts die Beine hochwandern. Schließlich entleere ich noch meine Hosentaschen vor ihr, lege ihren Inhalt und sogar meinen Anti-Stress-Ball in eine kleine Plastikwanne, die sie mir auffordernd entgegenhält, und packe die wenigen Gegenstände Sekunden später wieder ein, nachdem sie einen prüfenden Blick darauf warf. Ungeduldig warte ich, bis sie auch noch eine Ecke meiner Eintrittskarte abgerissen hat und mich endlich passieren lässt.
Geschafft!
Ich betrete das Veranstaltungsgelände, lasse mich ein Stück in der Menge treiben und schwimme mit dem Menschenstrom, bevor ich mich ans Dixi-Klo-umspülte Ufer treiben lasse. Dort warte ich abermals, bis eine der stinkenden Toiletten frei wird, atme tief durch und gehe hinein. Drinnen überprüfe ich, sorgfältig durch den Mund atmend und in uringetränkten Klopapierresten stehend, ein letztes Mal das Make-up und den gewollt chaotischen Sitz meiner Haare in einem verschmierten Spiegel, dessen mit Edding erfolgte Beschriftung mich wissen lässt, dass Mandy eine Schlampe ist, bei der man sich einen Tripper holt. Ich stelle meinen rechten Stiefel auf der ohnehin verdreckten Klobrille ab und lockere die Verschnürung. Auch nach unzähligen Übungen daheim ist es nicht ganz einfach: Ich muss weiterhin sicheren Halt haben und trotzdem mit der flachen Hand hineingreifen können. Draußen verursacht der Gitarrist der Vorgruppe das erste Feedback des Abends, während eine Wartende beginnt, an die klapprige Tür aus Hartplastik zu hämmern, die mich von der Außenwelt trennt. Sie hat es wohl eilig. Ich reiße die Tür auf und quetsche mich mit einem dreisten „Nun mach dir mal nicht gleich ins Höschen!“ an ihr vorbei ins Freie. Dort konsumiere ich einen Schwall frische Luft, bevor ich mich an einen der zahlreichen Getränkestände drängle und Cola bestelle. Ein Caipirinha wäre mir lieber, aber natürlich will ich mich auf keine Diskussion über mein Alter einlassen.
Wir werden
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