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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Doch Annecim rührte mit Hingabe das Melemem, als hinge die Rettung der Menschheit davon ab.
    »Tut mir leid«, sagte Sera und presste ihr Handy gegen das Ohr. »Heute ist mein freier Tag.«
    »Ist heute Donnerstag?« Gerry überlegte. »Stimmt, hab ich vergessen, da triffst du dich ja mit deiner Familie.«
    »Ja, du hast richtig verstanden: Ich stehe heute nicht zur Verfügung.«
    »Hm, das ist wirklich schade.«
    Gerrys Stimme bekam jenen Klang, der Sera jedes Mal eine Gänsehaut bereitete. Wie sie das hasste! Wie du das liebst!
    »Soll ich dir trotzdem verraten, worauf ich Bock hätte?«, fragte Gerry.
    Untersteh dich!
    Annecim beugte sich über das Rührei in der Pfanne, trennte einen Löffel voll ab, probierte. Die gespannte Haltung ihres Körpers verriet ihr neugieriges Lauschen.
    Sera zupfte an den Ärmeln ihres schwarzen Kapuzenshirts. »Nein, das kannst du mir auch morgen noch erzählen.«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass es dir auch gefällt.«
    Mistkerl!
    »Ganz bestimmt sogar.«
    »Schade, aber heute können dir nur meine Kollegen helfen.«
    »Mit dir wäre mir das aber lieber.«
    »Ja, ich weiß, aber ich bin erst morgen wieder im Dienst. Wiederhören.« Sera schaltete das iPhone aus. Sie atmete durch und betete, dass das heiße Glühen, das sich in ihrem Körper ausbreitete, ihr Gesicht verschonte.
    »Mein Kollege, mal wieder typisch«, sagte sie zu ihrer Mutter.
    Annecim legte den Löffel beiseite, öffnete den Mund schon zu einer Erwiderung, doch dann überlegte sie es sich anscheinend anders, wandte sich erneut der Pfanne zu und schwieg. Gott sei Dank.
    Gemeinsam füllten sie das Melemem in eine Schüssel und servierten es Seras Gästen. Als hätten die Frauen den ganzen Morgen noch nichts anderes bekommen, machten sie sich darüber her. Sie lobten Seras Kochkünste in den höchsten Tönen, besonders Eldin schmatzte mit vollem Mund: »Lecker, Seray Teyze, lecker.«
    »Freut mich, dass es dir schmeckt.«
    Ohne zu kauen, schluckte ihr Neffe den Eierklumpen hinunter, würgte, lief rot an und schaute mit flehendem Blick erst zu seiner Oma, danach zu Sera.
    »Seray teyze, ben şimdi futbol izliyebilirmiyin?«, hustete er. »Tante Seray, kann ich dann jetzt Fußball gucken?«
    Du gerissener Bengel! Sera bedachte Annecim mit einem strafenden Blick.
    »Seray Teyze!«, quengelte Eldin weiter. »Tante Seray!«
    »Jetzt geh schon.« Sera knipste den Fernseher an. Eurosport brachte eine Wiederholung des Champions-League-Spiels zwischen Galatasaray Istanbul und Hertha BSC. Was das Geplapper der Frauen und der Tennisball kickende Eldin nicht vermocht hatten, gelang jetzt dem Stadionlärm, der aus den Lautsprechern toste: Er weckte Deniz’ Baby. Während Alisa und Mina vergnügt um die brabbelnde Kleine im Bett herumscharwenzelten, begannen die Frauen sich von ihren vielen Neffen und Nichten zu erzählen – wer gerade Zähne bekam, lächelte, lief oder erste Worte sprach. Dann wechselten die Themen zu Schulkonzerten, Tanzaufführungen und Fußballspielen. Die Kinder waren der Mittelpunkt ihres Lebens.
    Sogar Alisa, von deren Lippen noch Melemem-Reste tropften, verkündete: »Ich möchte auch ein Baby haben.«
    Özge stieß ein wieherndes Gelächter aus. Ihr Dutt, den sie auf der Straße unter einem Kopftuch zu verbergen pflegte, wippte wild auf und ab. »Meinst du nicht, dass du dazu noch etwas zu jung bist?«
    »Tabiki, sen kendin hala bir bebeksin!« Auch Mina stemmte entrüstet die Hände in die Hüften. »Jawohl, du bist doch selbst noch ein Baby!«
    »Yakında seninle aynı yaştayız«, widersprach Alisa. »Ich bin bald genauso alt wie du.«
    »Ozaman ben senden daha yaşlıyım. – Dann bin ich aber schon viel älter.«
    »Ozaman benim daha çok çocuğum olacak. – Dann kriege ich noch mehr Babys.«
    »Senin okadar çocuklarım olamazki. – So viele Babys wie ich kannst du gar nicht kriegen.«
    »Lieber Himmel!« Özge rückte ihren Haarknoten wieder zurecht. »Kinderkriegen ist doch kein Wettbewerb.«
    Sera spürte den Blick ihrer Mutter auf sich. Kinder sind so. Vielleicht solltest du ja auch …? Schnell griff sich Sera eine Handvoll Weintrauben aus einer Schale und konzentrierte sich auf das Fußballspiel. Hertha hatte gerade ein Gegentor kassiert.
    Dann begannen sich die Gespräche um das Thema Urlaub zu drehen. Doch auch dazu konnte Sera kaum etwas beitragen. Ihre letzte Reise war die nach Australien gewesen. Vor drei Jahren. Die Erinnerung daran lag jetzt in Scherben im

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