Kalte Schulter - heisse Kuesse
starke Frau erkennen, die sich selbst treu bleibt und es trotz widriger Umstände zu etwas gebracht hat. Eine Frau mit einem großen Herzen.“
Wenn er wüsste, dass ihr großes Herz bereits ihm gehörte! Wahrscheinlich wäre er dann bereits im Wasser und würde, so schnell es ging, ans Festland schwimmen. Oder, noch schlimmer, sie mitleidig belächeln.
„Geh und rede mit ihr. Sie braucht dich.“
„Was ist mit dir? Brauchst du mich hier? Dann bleibe ich bei dir.“
Seine Worte bedeuteten ihr viel, auch wenn sie wusste, dass er nur von diesem Moment sprach. „Nein, geh schon. Du bist jetzt ihr einziger Sohn, und sie leidet.“
„Warte auf mich. Ich komme bald wieder.“
Chastity sah ihm hinterher und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen. Es war vorbei. Alle guten Dinge nahmen irgendwann ein Ende. Sagte man das nicht? Sie hatte einige perfekte Tage – und Nächte – mit Gabe verbracht. Aber er würde irgendwann wieder zur Vernunft kommen und sich seiner Verantwortung bewusst werden. Genau deshalb liebte sie ihn ja.
Er würde zurückkehren in die Welt, in die er gehörte. Eine Welt, in die sie nicht hineinpasste. Sie hatte mit Tom zusammenleben können, weil der, ob nun richtig oder fälschlich, angenommen hatte, dass er sich von seiner Familie distanzieren musste. Aber Gabe und seine Eltern hatten jetzt nur noch sich, und Chastity wusste, was es hieß, keine Familie zu haben. Sie durfte nicht zwischen ihnen stehen. Selbst wenn Gabe sie wollte.
Sie starrte aus dem Fenster und sah, wie er auf das Restaurant zuging. „Ich liebe dich“, flüsterte sie, weil sie die Worte wenigstens ein Mal aussprechen wollte. Er blieb stehen und schaute sich um, obwohl er sie definitiv nicht gehört haben konnte. Dann marschierte er weiter.
Chastity lehnte die Stirn gegen das Glas. Wie hatte sie nur so dumm sein können, sich in einen Mann zu verlieben, der unerreichbar für sie war?
Gabe stellte eine Tasse Kaffee vor Cynthia. „Also, wo liegt das Problem bei den Verhandlungen? Was macht Marco mit der Tokio-Delegation?“
Seine Mutter ballte die Hände zu Fäusten. „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich jetzt, nachdem ich dich mit dieser Frau im Bett erwischt habe, mit dir über den Vertrag reden will?“
Sie hatte nicht ganz unrecht. Auch Gabe wollte eigentlich nicht über die Verhandlungen reden, da er wusste, dass Chastity jetzt vermutlich in ihrem Chalet war. Und sie machte sich nicht nur Sorgen, sondern fühlte sich auch schuldig. „Sie heißt Chastity, und wir werden überhaupt nicht reden, solange du dir das nicht merken kannst.“
„Ich weiß, wie sie heißt. Aber weißt du noch, dass sie deinen Bruder eingefangen und ihn von seiner Familie ferngehalten hat?“
Gabe schaute seine Mutter an. Sie war eine wahre Künstlerin darin, anderen die Schuld zuzuschieben. Und viel zu oft kam sie damit durch. „Vielleicht haben wir ihn aus der Familie vertrieben. Vielleicht hat er Chastity nur als Entschuldigung benutzt. Vielleicht gab es einen ganz anderen Grund.“
Entsetzt starrte seine Mutter ihn an. „Sie hat auch dir den Kopf verdreht, stimmt’s?“ Schniefend kramte sie in ihrer Handtasche, auf der Suche nach einem Taschentuch. Doch das war nur gespielt, denn sie würde nicht weinen. Damit würde sie sich ja ihr Make-up ruinieren.
„Nein. Aber ich habe einige Dinge über mich sowie über Tom und Chastity erfahren. Dinge, die ich schon vor Langem hätte erkennen müssen.“
Cynthia zog ein Taschentuch heraus und betupfte sich die Augen. „Was für Dinge?“
Seine Mutter würde Schwierigkeiten haben, es zu akzeptieren. Doch es wurde Zeit, dass seine Familie aufhörte, sich etwas vorzumachen. Sonst waren sie bald keine Familie mehr. „Wo ist Dad?“ Es war besser, wenn er all diese Neuigkeiten im Beisein seines Vaters offenbarte.
„Auf dem Golfplatz, wo sonst? Er macht doch nichts anderes mehr … ach, vergiss es.“ Das Taschentuch verschwand in ihrer Faust. „Warum, Gabe? Sag mir, warum diese Frau hier ist. Wieso hat sie so einen großen Einfluss auf dich?“
In gewisser Weise hatte seine Mutter recht. Chastitys Einfluss auf ihn war groß, aber im positiven Sinne. Und er hoffte plötzlich, dass auch er während der vergangenen Tage einen positiven Einfluss auf sie gehabt hatte.
Wenn Chastity jetzt hier wäre, könnte er ihr seine Gefühle gestehen, und sie könnten Cynthia von dem Baby erzählen – ihrem gemeinsamen Baby. Wenn seine Mutter die Tatsache erst akzeptiert
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