Kalte Schulter - heisse Kuesse
Sache wirklich richtig durchdacht.“
Sosehr sie auch glauben wollte, dass die Dinge genauso gut anders hätten verlaufen können – sie wusste trotzdem, dass eine Beziehung zu Gabe nicht von Dauer gewesen wäre. Tom verstand etwas von Geheimnissen und Unvollkommenheiten. Er ließ ihr ihre Geheimnisse, sie ließ ihm seine. Keiner von ihnen hatte sich in das Privatleben des anderen eingemischt. Gabe würde so eine oberflächliche Beziehung niemals akzeptieren.
„Ich verstehe aber immer noch nicht, warum ihr beide euch plötzlich entschieden habt, zu heiraten und ein Kind zu bekommen.“
Chastity schwieg einen Augenblick lang. „Nach dem Tod meiner Großmutter begannen wir, darüber zu sprechen. Tom wollte, dass wir wie eine echte Familie wirkten und sagte, er hätte gern einen Erben. Und ich wollte nicht nur eine echte Familie, sondern auch jemanden, den ich lieben konnte. Ein uneheliches Kind kam für mich nicht infrage.“
Eine einzelne Träne rann ihr über die Wange, und sie wischte sie weg. „Das hier war keine gute Idee. Können wir wieder zurückfahren? Ich bin müde.“ Der Versuch, herauszufinden, woran sie mit Gabe war, ermüdete sie wirklich. Er war so vielschichtig. Da war der Gabe, mit dem sie geschlafen hatte. Gabe, der Vater ihres Kindes. Gabe, der Bruder des Mannes, mit dem sie verheiratet gewesen war. Und das alles zusammen ergab den Mann, der ihr jetzt gegenübersaß und ihr eröffnete, dass auch er sich zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Das war alles zu viel. Kein Wunder, dass ihr der Kopf schwirrte.
„Lass uns erst aufessen. Danach möchte ich dir gern noch etwas zeigen.“
„Ich weiß nicht.“ Sie sollte lieber so schnell wie möglich verschwinden. Sie hatte sowieso schon viel zu viel Zeit in Gabes Gesellschaft verbracht. Das verwirrte sie nur.
„Ich glaube, es wird dir gefallen. Es ist nichts Schlimmes, und ich habe keinerlei Hintergedanken.“
„Dauert es auch nicht zu lange? Ich bin nämlich wirklich erschöpft.“ Erschöpft von all den Versuchen, sich nicht von ihm betören zu lassen.
„Nein.“
„Okay, einverstanden.“
Er lächelte, und weil es ein so sanftes Lächeln war, entlockte er auch ihr ein Lächeln. Viel zu betörend, dachte Chastity nur. Sie schaute weg, um sich nicht von der Wärme seines Blickes gefangen nehmen zu lassen.
10. KAPITEL
Gabe und Chastity waren darauf bedacht, einen Sicherheitsabstand zwischen sich zu lassen. Zusammen standen sie an der Reling, während das Schiff durch die Dunkelheit glitt. Der Mond, der tief am Himmel stand, sandte sein fahles Licht über das Wasser. „Wonach soll ich denn Ausschau halten?“, fragte Chastity.
„Warte einfach. Noch kannst du es nicht sehen.“
„Willst du mir nicht wenigstens verraten, was es zu sehen gibt?“
„Nein. Beobachte das Wasser.“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, und bevor er noch mehr sagen konnte, entdeckte sie es: Ein silbrig-grauer Schatten tauchte im Wasser auf. Dann noch einer. „Gabe, war das …“
„Sieh einfach zu.“
Plötzlich tauchten mehrere Delfine an der Wasseroberfläche auf, sprangen hoch und tauchten anmutig wieder unter. Erst einer, dann noch ein anderer vollführte einen regelrechten Tanz auf der Schwanzflosse, und es kam Chastity so vor, als führten sie extra für sie und Gabe eine Show auf. Zehn Minuten lang betrachtete sie fasziniert und schweigend das Spektakel, bis die Tiere genauso schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Überwältigt von der Schönheit und Einzigartigkeit dieses Augenblicks, lehnte Chastity sich an Gabe.
Sie standen noch eine ganze Weile so da, und Chastity genoss diesen magischen Moment, den sie in Gabes Armen erleben durfte.
Zurück an Land, schauten sie der davonfahrenden Jacht hinterher, bevor Chastity sich zu Gabe umdrehte. Sie hielt immer noch seine Hand, mit der er ihr vom Schiff geholfen hatte. „Danke.“
„Hat es dir gefallen?“
„Es war unglaublich. Ich habe noch nie so etwas Schönes gesehen.“ Sie trat noch einen Schritt auf ihn zu.
Gabe strich ihr zärtlich das Haar aus dem Gesicht. „Ich schon.“
Langsam senkte er den Kopf. Sie hätte diesen Kuss verhindern können, wenn sie es gewollt hätte. Aber warum sollte sie das tun, wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte? Und als sein Mund den ihren voller Zärtlichkeit eroberte, schmolz Chastity regelrecht dahin. Sie vergaß all die guten Gründe, warum sie sich nicht mit ihm einlassen sollte, und klammerte sich stattdessen an ihn – ihren Fels
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