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Kalte Wut

Kalte Wut

Titel: Kalte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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nachdem er die Fulham Road entlanggefahren und in die stille Nebenstraße eingebogen war, in der sie wohnten.
    »In der wir gewohnt haben«, dachte er bitter.
    Er bremste plötzlich, schwenkte aus und überrumpelte seinen Verfolger. Die Seite des Mercedes rammte die Maschine, brachte sie zu Fall und schleuderte ihren Fahrer auf die Straße. In Sekundenschnelle war Cardon aus dem Wagen gesprungen. Er packte den gestürzten Motorradfahrer, schleppte ihn zum Eingang des Hauses, in dem er wohnte, und schleuderte ihn am oberen Ende der zum Keller hinabführenden Steinstufen zu Boden. Seine Hände drückten auf die Luftröhre des Mannes.
    »Wenn Sie nicht reden, haben Sie noch dreißig Sekunden zu leben«, sagte Cardon grimmig. »Für wen arbeiten Sie? Wer ist Ihr Boß?«
    »Weiß nicht. Kann nicht atmen …«
    »Das konnte meine Frau auch nicht, als sie ermordet wurde.«
    Er hatte seinen Griff gelockert, damit sein Gefangener reden konnte. Jetzt verstärkte er, beide Daumen benutzend, den Druck wieder. »Wie heißt Ihr Boß? Noch einmal frage ich nicht. Es würde mir ein Vergnügen sein, Sie umzubringen.«
    Der Motorradfahrer hatte mit seinen behandschuhten Händen auf Cardon eingehämmert, aber es steckte keine Kraft in seinen Schlägen. Er war dem Ersticken nahe. In einem verzweifelten Versuch, Cardon zu verstehen zu geben, daß er reden wollte, reckte er einen Daumen hoch. Cardon lockerte abermals seinen Griff.
    »Martin …«
    Der Motorradfahrer keuchte den Namen heraus. Cardon sah eine weitere starke Maschine. Sie brauste in der Richtung, aus der er gekommen war, auf sie zu. Es gab ein lautes Geräusch, das sich anhörte wie die Fehlzündung eines Autos. Das Visier vor dem Gesicht des Gefangenen zerplatzte, und in seiner Stirn erschien ein großes Loch. Trotz Cardons festem Griff wurde ihm der Mann aus den Händen gerissen und die Stufen hinuntergeschleudert; er landete auf einer Reihe von vollen Müllsäcken, die auf ihre Abholung warteten.
    Cardon riß seinen .38er Smith & Wesson aus dem Hüftholster und rannte, die Waffe mit beiden Händen haltend, zurück auf die Straße. Er kam zu spät: der zweite Motorradfahrer, der Mörder, war bereits um die Ecke herum verschwunden.
    Cardon bewegte sich flink. Er parkte den Mercedes am Bordstein, hob das umgestürzte Motorrad auf und stellte es ein paar Meter die Straße hinunter am gegenüberliegenden Bordstein auf. Niemand war aufgetaucht, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß jemand gehört oder gesehen hatte, was passiert war.
    Und das mitten in London, dachte er grimmig.
    Dann rannte er die Kellertreppe hinunter und tastete nach dem Puls des dort liegenden Mannes. Nichts. Was ihn nicht überraschte. Die Tatsache, daß das Geschoß den Mann die Treppe hinuntergeschleudert hatte, ließ auf eine sehr starke Waffe schließen; vermutlich war es ein .45er Colt gewesen. Nachdem er den Toten rasch und sachkundig untersucht hatte, blieb er noch einen Moment stehen und schaute auf ihn herab. Es war unwahrscheinlich, daß jemand, der in den Kellereingang hinunterschaute, den Toten zwischen den schwarzen Müllsäcken bemerken würde. Die Durchsuchung hatte ihm keinerlei Hinweise auf die Identität des Mannes geliefert. Und auch das war keine Überraschung.
    »Philip, es wird Zeit, daß du aufwachst«, sagte er laut. »Du hast den zweiten Verfolger nicht bemerkt. Das muß ein ziemlich großer Laden sein. Sie machen einen ihrer eigenen Männer kalt, wenn die Gefahr besteht, daß er redet.«
    Er schaute an den drei Stockwerken über sich hinauf. Keinerlei Lebenszeichen. Soweit er wußte, waren alle Bewohner unterwegs.
    Er öffnete die Sicherheitsschlösser an der Haustür, betrat den schmalen Flur und schloß wieder ab. Dann öffnete er die Tür zu seiner Erdgeschoßwohnung. Es widerstrebte ihm, sie zu betreten.
    Sie würde so entsetzlich leer sein. Tot.
    Sobald er drinnen war, bewegte Cardon sich abermals schnell.
    Ihm stand eine überaus widerwärtige Aufgabe bevor. Jean hatte für jedes Jahr ein Tagebuch geführt, und die Tagebücher befanden sich in einem Sekretär, ihrer privaten Welt, in die er nie zuvor eingedrungen war. Das ist so ungefähr dasselbe wie das Durchwühlen ihrer Handtasche, dachte er, als er sich auf einem Stuhl niederließ und die Klappe des Sekretärs anhob. Seine Hand zögerte, bevor er nach dem Tagebuch des laufenden Jahres griff und begann, Worte zu lesen, die er nie zuvor gesehen hatte.
    Während er las und Ereignisse der letzten Zeit überprüfte,

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